Hellmuth Opitz

Manches ist besser geküsst als gesagt, Pendragon, 20 €

Der gerade erschienene Band versammelt Gedichte aus gut 40 Jahren sowie eine Handvoll neuer Liebesgedichte des Bielefelder Autors.

Was ist Dein liebstes Liebesgedicht?

Das wechselt von Zeit zu Zeit. Neben den Gedichten einiger lyrischer Hausgötzen (Benn, Brecht, Falkner etc.) liebe ich dieses Gedicht von Sarah Kirsch besonders:

„Die Luft riecht schon nach Schnee“

Die Luft riecht schon nach Schnee, mein Geliebter

Trägt langes Haar, ach der Winter, der Winter der uns

Eng zusammenwirft steht vor der Tür, kommt

Mit dem Windhundgespann. Eisblumen

Streut er ans Fenster, die Kohlen glühen im Herd, und

Du Schönster Schneeweißer legst mir deinen Kopf in den Schoß

Ich sage das ist

Der Schlitten der nicht mehr hält, Schnee fällt uns

Mitten ins Herz, er glüht

Auf den Aschekübeln im Hof Darling flüstert die Amsel.

Warum lässt das Thema Liebe die Dichter nicht los?

Man kann als Dichter/Dichterin den Himmel anrufen, den Weltfrieden postulieren, die Natur anbeten oder die Zivilisation kritisieren und schon bald wird man feststellen, dass es die Thematisierten wenig juckt und die Poesie hier meist wirkungslos bleibt. Bei Liebespoesie hingegen kann es durchaus sein, dass der/die Angebetete positiv reagiert und sich gut gewählte Worte in schönsten Effekten auszahlen (das ist seit dem Minnesang so). Poeten und Poetinnen merken also, dass Dichtung hier noch einen gewissen Liebeszauber entfalten kann und aufgrund dieser Wirkmächtigkeit wird weiterhin viel zum Thema geschrieben.

Blickst Du heute anders auf die Liebe als in Deiner Jugend?

Der Blick verändert sich tatsächlich: Beiläufiges rückt ins Zentrum der Aufmerksamkeit: kleine Gesten, Aufmerksamkeiten, Momente, in denen Liebe plötzlich aufleuchtet, ohne das Pathos dieses Gefühls immer feierlich ausrufen zu müssen.

Tipp: Lesung mit Musik (Sam Reckless) am 12.12. um 19 Uhr in der Bürgerwache