Der biblische Lazarus wurde von den Toten erweckt. David Bowie ist ohnehin unsterblich. Ganz am Ende seines Lebens schrieb er gemeinsam mit Enda Walsh das Musical „Lazarus“. Ein rätselhaftes, anspielungsreiches Werk, das dort anknüpft, wo der Film „Der Mann, der vom Himmel fiel“ endete.
Musical von David Bowie und Enda Walsh
Im Mai feiert „Lazarus“ am Theater Bielefeld Premiere. Regie führt Intendant Michael Heicks, der sich intensiv mit Musik und Leben des Künstlers auseinandergesetzt, Videos und Interviews angeschaut hat. Er ist überzeugt, dass sich hinter der ästhetisch immer wieder aufregenden Erscheinung der Pop-Ikone nicht nur ein genialer Musiker, sondern auch ein höflicher, kluger, humorvoller und integrer Mensch verbarg. „Was ich an David Bowie toll finde: Er hat eine unglaubliche Entwicklung gemacht. Nicht nur musikalisch, sondern auch in seiner Persönlichkeit“, unterstreicht der Regisseur. Musikalisch kommt Michael Heicks selbst eigentlich aus einer ganz anderen Ecke. „Ich war in den 70ern eher Freejazzer, aber es gab Ausnahmen wie Leonard Cohen und eben Davie Bowie. ‚Major Tom‘ mag ich zwar heute nicht mehr hören, aber ‚The Man who sold the world‘ ist einfach wunderschön und ‚Heroes‘ nach wie vor ganz groß.“
Auch die in den 70ern sehr gewagte Filmadaption des Romans „Der Mann, der vom Himmel fiel“ hat sich der Intendant gerade noch einmal angeschaut. „Der Film ist echt krudes Zeugs“, lacht Michael Heicks, „aber es bleibt auch vieles hängen und ich habe ihn den ganzen Tag mit mir rumgetragen. Ich habe mich da ran gerobbt und fange an, diese Welt zu kapieren. Das ist das Schöne am Theater, dass man immer wieder Dinge neu entdeckt.“
Michael Heicks
„Ich war in den 70ern eher Freejazzer, aber es gab Ausnahmen wie Leonard Cohen und eben Davie Bowie (…)“
Dass David Bowie nach so vielen Jahren mit dem Musical an den Film anknüpfte, beweist für ihn einen klaren Bezug des Musikers zu der Filmfigur. „Ein Außerirdischer, der aus anderen Sphären in die Welt der 70er reist. Er ist sehr empfindsam, wirkt menschlicher als die meisten Menschen und guckt mit großer Wahrheit auf die Gesellschaft. Ich denke, das hat Bowie mit seiner Musik gemacht. Er kommt aus einer anderen Welt, um auf diese Welt zu blicken. Er hinterfragt Muster: den Sinn des Lebens, Liebe, Familie. Das interessiert mich an dem Stoff.“ Interessiert und vor allem berührt hat ihn auch, wie David Bowie mit seinem eigenen Sterben umgegangen ist. „Wenn man sich das Video zu seinem Song ‚Lazarus‘ anschaut, das drei Tage vor seinem Tod veröffentlicht wurde, dann denkt man: Mein Gott, was hat der alles gespürt“, unterstreicht Michael Heicks. Ebenso bewegt hat ihn der Mitschnitt des allerletzten Konzertes. „Da kommt David Bowie ganz allein auf die Bühne und hat den Mut, nur vom Klavier begleitet, eine Ballade zu singen. Das fand ich groß. Das war einer der Gründe, weshalb ich die Regie für das Musical selber machen wollte.“
Lazarus
1973 verfilmte Nicola Roeg den Roman „Der Mann, der vom Himmel fiel“ von Walter Tevis. Mit Pop-Ikone David Bowie in der Titelrolle des Thomas Newton. Fortan ließ Bowie stets die Nähe zu seiner Filmfigur ahnen, die als Vertreter einer menschenähnlichen Spezies von einem anderen Planeten auf die Erde kam, um Wasser für seine Heimat zu finden. Kurz vor seinem Tod im Januar 2016 nahm Bowie diesen Faden nochmal auf und schrieb zusammen mit Enda Walsh das Musical „Lazarus“. Darin setzt sich die Filmhandlung fort oder scheint vielmehr stehenzubleiben. „Lazarus“ kreist um jenen Thomas Newton, der im Lost-on-Earth-Modus ist und zwischen Realität und Halluzination nicht mehr recht unterscheiden kann. Sein Wunsch, endlich in seine Heimat zurückzukehren, ist längst zur unerfüllbaren Sehnsucht geworden und die Kälte und Ignoranz der Menschen lässt den Außerirdischen gleichsam verkümmern. Die rätselhafte Zwischenwelt-Atmosphäre transportiert sich über eine ganze Reihe großer David-Bowie-Songs aus allen Phasen seines Lebens.
Die spartenübergreifende Produktion zwischen Schauspiel und Musiktheater wird von einer Video-Inszenierung und dem Tanzensemble E-Motion begleitet.
- 18. Mai 2019
- Stadttheater
- 19:30 Uhr
- Premiere