Raum für Literatur
„Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns.“ „Das etwas brachiale Zitat Kafkas trifft den Kern dessen, was Literatur mit uns machen soll, sie soll uns treffen, berühren, unterhalten“, sagt Angelika Teller, die das Programm der diesjährigen Literaturtage kuratiert hat.
„Elf Veranstaltungen laden dazu ein, über diese Worte Franz Kafkas – der vor 140 Jahren in Prag geboren wurde – zu reflektieren, direkt wie indirekt“, sagt Dr. Iulia Capros, Leiterin der Stadtbibliothek. Die Literaturbühne in der Stadtbibliothek bietet in diesem Jahr wieder Raum für großartige Literatur und Musik bei einem Glas Wein. Ulrike Draesner eröffnet mit „Die Verwandelten“ (4.10.) den Reigen. Schon mit dem ersten Satz ihres Romans „Das Liebespaar des Jahrhunderts“ setzt Julia Schoch (6.10.) ein Ausrufezeichen: „Im Grunde ist es ganz einfach: Ich verlasse dich.“ „Doch ist man gescheitert, wenn man auf 30 Jahre Ehe blickt?“, fragt Angelika Teller provokant. Autobiografisch geprägt ist dagegen der Roman „Unterm Staub der Zeit“ von Christoph Hein (10.10.), der in klarer Prosa das Aufwachsen in den 50er Jahren bis zum Mauerbau sichtbar macht. In seinem historischen Krimi „Samson und das gestohlene Herz“, der zweite Teil einer Trilogie, erzählt Andrej Kurkow (13.10.) märchenhaft und mit feiner Ironie die Zeit kurz nach der Oktoberrevolution in Kiew. Edgar Selge (20.10.), einer der bekanntesten Charakterdarsteller lenkt mit seinem literarischen Debüt „Hast du uns endlich gefunden“ den Blick auf seine Kindheit in den späten 50er Jahren in Herford. „Als wahre Entdeckung“ bezeichnet die Leiterin der Literaturtage auch Yade Yasemin Önder, die aus „Wir wissen, wir könnten, und fallen synchron“ liest (23.10.) und zeigt, wie toxisch das Konstrukt Familie sein kann. Mit seiner dystopischen Geschichte „Zu Zweit“, die wie im Sog geschrieben anmutet, stellt sich Simon Strauss (25.10.) vor. Eine Parabel auf die Gegenwart hat dagegen Eugen Ruge im Gepäck (27.10.): „Pompeji“. Monika Maron (31.10.) präsentiert mit „Das Haus“ wiederum einen warmen wie klugen Gesellschaftsroman, der Themen des Lebens, der Liebe und des Alters neu verhandelt. Humorvoll, poetisch und höchst originell schreibt Marion Poschmann in „Chor der Erinnyen“ (2.11.) über angepasste Freundinnen, aufbegehrende Mütter, über den Frevel an der Natur und ihre fragile Schönheit und offenbart dabei ihren ganz feinen Humor.
Neben der Kafka Band, die das Foyer der Rudolf-Oetker-Halle bespielt (4.11.), gibt es eine weitere Veranstaltung im Rahmen der Literaturtage, die Gewohntes aufbricht. In der Südlounge der Stadtbibliothek stellt Fotograf Klaus Hansen Portraits von Autor*innen vor, die in den vergangenen Jahren zu Gast waren. Und quasi als „Vorschau“ bringt Spiegelbestsellerautor und Büchner-Preisträger Martin Mosebach „Taube und Wildente“ (12.12.) mit nach Bielefeld. Ein flammender Roman über Kunst, Liebe und Verrat.
4.10.-4.11., 20 Uhr, Stadtbibliothek am Neumarkt
Tickets: www.stadtbibliothek-bielefeld.de; Livestreamtickets (5 €): www.stadtbibliothek-bielefeld.de (unter „Aktuell“ weiter zu „Livestream“ und auf Livestreamticket kaufen klicken)
Die Lesungen von Marion Poschmann + der Kafka Band sind vom Livestream ausgeschlossen.
Tipp:
Die VHS Bielefeld bietet erstmalig einen Begleitkurs zu den Literaturtagen an. Die Einführung zu Ulrike Draesners „Die Verwandelten“ am 21.9. um 19.30 Uhr übernimmt die Journalistin und Literaturwissenschaftlerin Dr. Antje Doßmann.
Anmeldung (Kurs-Nr. 2322113K8) und Termine zu weiteren Begleitkursen unter www.vhs-bielefeld.de