Bei den Konzerten von Rapper Siga geht in puncto Bass so einiges. Das hat aber einen bestimmten Grund. Hörgeschädigte Menschen können so seine Musik spüren – manchmal helfen zusätzlich Luftballons dabei. „Die Bässe werden aufgedreht und auf der Bühne übersetzt Vanessa die Texte in Gebärdensprache“, erklärt der Musiker, der in Bielefeld aufgewachsen ist. „Du“ heißt das Projekt, das für Siva Ganesu eine Herzensangelegenheit ist.
Vor etwa vier Jahren sprach mich ein Fan an, ob ich ihr für ihre hörgeschädigte Cousine ein Video mit Untertiteln schicken könnte, damit sie die Texte versteht. Das habe ich gemacht, aber mich gleichzeitig gefragt: Reicht das, um die Emotionen rüberzubringen?“ Lange hat er gesucht, bis er jemanden fand, der das kann: Vanessa Feller-Jung. „Ihre Eltern sind hörgeschädigt, daher beherrscht sie die Gebärdensprache perfekt und hat eine tolle Ausstrahlung auf der Bühne.“
Nun wird Sigas Leben Thema einer 90-minütigen Kinodokumentation, denn trotz seiner 34 Jahre hat er schon viel erlebt. Im Alter von vier Jahren musste er mit seiner Familie vor dem Bürgerkrieg aus Sri Lanka flüchten, kam über Hildesheim im Alter von acht Jahren nach Bielefeld. In der Schule hat er Fremdenfeindlichkeit erlebt, wurde ausgeschlossen, beleidigt und geschlagen. „Mein Vater sagte, als ich einmal weinend nach Hause kam, dass ich mich wehren müsse.
Deshalb fing ich mit dem Kampfsport an, um mich verteidigen zu können. Durch den Sport wurde ich selbstbewusster und habe viel Disziplin gelernt.“
Und ziemlich erfolgreich war er auch: Vor seiner Musikkarriere war er mehrfacher Deutscher- und Europameister im Kickboxing und Taekwon-Do. Zunächst ging er aber als Bodyguard in die Schweiz, wo er u. a. Hollywood-Stars schützte. Eine Begegnung hatte weitreichende Folgen. „Ich sollte Denzel Washington und seine Begleitung nach einer Gala ins Hotel begleiten. Die beiden waren guter Stimmung und sangen. Sie forderten mich auf mitzumachen. Aber eigentlich durfte ich keinen Kontakt zu Kunden haben. Aber sie ließen nicht locker und letztlich habe ich auf Deutsch gerappt. Denzel Washington hat mitgewippt und beim Aussteigen gesagt, er hätte zwar kein Wort verstanden, aber der Flow wäre gut. Mach doch Musik!“
Momentan ist die Kamera an seinem Wohnsitz Zürich seine ständige Begleiterin. Im Sommer wird in Bielefeld gedreht. „Klar, hier fing alles an: Schule, Kampfsport, Musik. Ich bin immer noch oft und gern in der Stadt. Hier leben meine Familie und meine Freunde.“ Und im Mai geht’s für die Dreharbeiten nach Sri Lanka – für Siga das erste Mal. „Ich habe bisher Abstand gehalten, denn meine Eltern erzählten viel vom Bürgerkrieg, wie das Nachbarhaus bombardiert wurde und wie viele Menschen gestorben sind. Das war negativ besetzt. Seit mein Sohn geboren wurde, bin ich neugierig auf meine Wurzeln geworden.“
Man kann sich lebhaft vorstellen, dass Sigas Leben unter diesen Startbedingungen auch anders hätte verlaufen können. Deshalb will Siga mit dem Film anderen Menschen und auch Flüchtlingen Mut machen. „Man muss in den Spiegel gucken und sich fragen, was man aus seinem Leben machen möchte. Mein Traum war es, Rapper zu werden; und das habe ich geschafft.“