Klassische Win-Win-Situation

Manchmal bewirken kleine Schritte in ihrer Gesamtheit einen großen Sprung. Wenn Wirtschaftsunternehmen den Ressourcenverbrauch reduzieren oder Abfälle vermeiden, entlasten sie nicht nur die Umwelt, sondern senken in der Regel auch ihre Kosten. Der Grundgedanke von Ökoprofit ist genau diese Verbindung von ökologischem Nutzen und ökonomischem Gewinn.

Vor 20 Jahren startete die Stadt Bielefeld mit den Vorbereitungen für das ökologische Projekt, 2002 wurden die ersten Unternehmen in Sachen Umweltmanagement geschult. „Es geht darum, schnell ins Handeln zu kommen“, berichtet Birgit Reher vom Umweltamt der Stadt. „Viele kleine Maßnahmen im Betrieb können sofort ohne größere Investitionen umgesetzt werden. Ein Umstieg auf LED-Leuchten ist zumeist problemlos möglich und spart viel ein.“
Ein Jahr lang werden Unternehmen geschult, nehmen an acht halbtägigen Workshops teil und ein Ökoprofit-Berater kommt für fünf Beratungstermine ins Haus, stellt viele Fragen und empfiehlt Maßnahmen zur Ressourcenschonung. Schon allein der Blick von außen kann ungeheuer hilfreich sein, wenn beispielsweise die Heizungsanlage das ganze Jahr über läuft, im Sommer aber nur ein Waschbecken im Betrieb mit warmem Wasser versorgt wird. Die gesamten Abläufe im Betrieb werden auf den Prüfstand gestellt. Können vielleicht Stromverbräuche entzerrt und Spitzen gesenkt werden und wie sieht es mit der Abfalltrennung aus?

ÖKOPROFIT WELTWEIT

„Bei der Beratung vor Ort geht es hauptsächlich um betriebliche Abläufe“, so Birgit Reher.
Für die Optimierung der Produktion haben die meisten Unternehmen eigene Experten.“ Beraten wird zudem auch, ob der Fuhrpark optimiert und auf E-Mobilität umgestellt werden kann, mit welchen Verkehrsmitteln Dienstreisen bestritten werden oder wie Mitarbeitende zur Arbeit kommen – wird z. B. ein Bike-Leasing angeboten . „Es geht auch um die Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden. Ein Betrieb hat zum Beispiel Fahrradstellplätze dort geschaffen, wo zuvor der Parkplatz für die Vorstandsmitglieder war“, erzählt die studierte Lebensmitteltechnologin.

Neu ist der Nachhaltigkeitscheck im Rahmen von Ökoprofit, denn das Programm wird immer wieder an aktuelle Entwicklungen angepasst. In puncto Außenanlagen wird geprüft, ob sich (Dach-)Begrünungen, Insektenwiesen umsetzen lassen oder eventuell Bienenstöcke aufgestellt werden können. Der handlungsorientierte Ansatz von Ökoprofit stößt auf eine gute Resonanz. „Gerade weil man viele tiefhängende Früchte hat, also Dinge, die sich schnell umsetzen lassen, steigt die Motivation der Teilnehmenden.“ Die Idee kommt ursprünglich aus Österreich, genauer gesagt aus Graz. Hier haben sich bereits in den 1990er-Jahren kluge Köpfe des Umweltamtes und der TU zusammengesetzt und praxisnahe Ansätze entwickelt, die auf Modulen des klassischen Umweltmanagements basieren. Ökoprofit gibt es weltweit, z. B. in Städten und Regionen in Italien, Slowenien, Indien, Kolumbien, Korea, China, in Nicaragua und auf den Philippinen. Die Regiopolregion Bielefeld hat übrigens NRW-weit die Nase vorn. Hier haben sich bereits mehr als 130 Betriebe ausbilden und zertifizieren lassen.

EINE FRAGE DER KOSTEN?

„Jeder Betrieb hat Potenziale zur Reduzierung des Ressourcenverbrauchs“, betont Birgit Reher. „Ein Drittel der Maßnahmen kommen sogar ohne Investitionen aus und bei einem weiteren Drittel amortisieren sich die Kosten binnen drei Jahren. Beim letzten Drittel – zum Beispiel bei PV-Anlagen oder Fassadendämmung – dauert es mit der Amortisierung etwas länger.“ Ökoprofit wird von den Kommunen der Regiopolregion Bielefeld, dem Umweltministerium des Landes NRW sowie den teilnehmenden Betrieben finanziert. Die Eigenleistung der Betriebe ist gestaffelt nach Anzahl der Vollzeitstellen und beträgt zwischen 3.000 und 10.000 Euro pro Betrieb. Diese Kosten sind unter Umständen durch Landesmittel förderfähig. Seit 20 Jahren wurde die Förderung des Projekts nie in Frage gestellt. „Es ist ein Winwin-Projekt für alle“, unterstreicht die 58-Jährige, die mit dem E-Bike täglich aus dem Lippischen zur Arbeit kommt. Im Herbst geht es mit maximal 15 neuen Betrieben in eine nächste Runde des Projekts. Noch sind Plätze frei.

DIE BIELEFELDER ERFAHRUNGEN MIT ÖKOPROFIT SEIT 2002 ERGEBEN BEI DEN 132 TEILNEHMENDEN BETRIEBEN JÄHRLICHE EINSPARUNGEN VON INSGESAMT 5,8 MILLIONEN EURO BEI EINMALIGER INVESTITION VON INSGESAMT 12,7 MILLIONEN EURO.

PRAXIS CHECK

13 Unternehmen aus der Regiopolregion Bielefeld haben sich 2020/21 an Ökoprofit beteiligt. Mit dabei war die ZF Friedrichshafen AG, die seit 1963 in ihrem Werk in Brackwede ganz bewusst Recycling – oder treffender Remanufacturing – betreibt. Der Nutzfahrzeugtechnik-Hersteller, der 2018 den Umweltpreis der Stadt Bielefeld gewann, baut in Bielefeld Kupplungen für den Markt und verfolgt dabei den Grundgedanken von Cradle to Cradle® – der Produktkreislauf mit Zukunft.
Der BIELEFELDER hat beim ZFUmwelt-Team nachgefragt.

Warum hat ZF an Ökoprofit teilgenommen?

Die Motivation zur Teilnahme war und ist sehr vielfältig. Umwelt und Klimaschutz werden immer wichtiger. Das zeigt auch der „Green Deal“ der EU, der vorsieht, dass die EU im Jahr 2050 der erste klimaneutrale Staatenbund der Welt sein soll. Für uns als Aufarbeitungswerk ist der verantwortungsvolle Umgang mit den verfügbaren Ressourcen schon immer wichtig gewesen. Mit Ökoprofit haben wir uns auf den Prüfstand gestellt. Es wurden weitere Maßnahmen entwickelt und umgesetzt, wobei wir auch vom Erfahrungsaustausch unter den Teilnehmern profitieren konnten. So leisten wir hier am ZF Standort Bielefeld mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz.


Welche Erkenntnisse konnten für das eigene Unternehmen aus den Workshops und durch die Beratung vor Ort gewonnen werden?

Kontinuität und das Engagement und die Innovationsbereitschaft sind die Voraussetzung für ein nachhaltiges Wirtschaften. In gewissen Bereichen schleicht sich schnell mal so etwas wie Betriebsblindheit ein, dann ist es sehr hilfreich wenn ein dritter Externer den Blick wieder schärft. Es hat ein Lernprozess eingesetzt, der zur Folge hat, dass man sich mit seinen Produkten, Hilfsmitteln und seinen Produktabläufen intensiver auseinandersetzt. Unsere Motivation, mit Hilfe von Fachleuten weitere Ressourcen einzusparen und Energiekosten zu senken, hat sich bereits deutlich bemerkbar gemacht. Die Teilnahme beim Ökoprofit-Programm war für uns eine positive Erfahrung. Wir werden weiter im Netzwerk von Ökoprofit mit arbeiten.

Welche Maßnahmen konnten vielleicht schon umgesetzt werden und was steht auf der To-do-Liste?

Unsere Staplerflotte ist auf E-Mobilität umgerüstet worden. Unser Einkauf ist sensibilisiert worden. Neben kostenbewusstes Einkaufen steht auch die Umwelt im Mittelpunkt. Weiter stand die Nutzung von Regenwasser, statt Frischwasser, auf der Agenda. Aber auch an der Optimierung unseres Lichtmanagements, der Abfalltrennung sowie der regelmäßigen Prüfung des Druckluftnetzes wurde gearbeitet. Mittelfristig steht noch die Installation von Ladestationen für E-Fahrzeuge an sowie die Modernisierung unserer Heizanlage nach neusten Erkenntnissen. Aber auch die Anlage einer Insektenwiese konnte durch einer Idee der Belegschaft realisiert werden. Alle Maßnahmen sollen dazu führen, dass unser ZF Standort mittelfristig klimaneutral wird.