MARIA NATHANIA HENDRIJANTO LUKITO
Über die große Brot- und Brötchenvielfalt in Deutschland staunt sie auch noch nach fast zwei Jahren. Aufgewachsen ist Maria Nathania Hendrijanto Lukito in Indonesien mit ganz anderen Backwaren. Roti Abon heißt ein indonesisches Fladenbrot, das würzig und etwas scharf schmeckt. „Viele unserer Brote schmecken aber auch süßlich“, erklärt die 21-Jährige, die in Bielefeld das Bäckerhandwerk lernt. Der Beruf, der ursprünglich einmal ein reiner Männerberuf war, ist längst auch für Frauen attraktiv.
Roggen- und Vollkornbrote waren für Maria Nathania Hendrijanto Lukito eine ganz neue Welt, als sie ihre Ausbildung bei der Bäckerei Lamm 2023 begann und dafür ihre Heimat Bali verließ. Ihre erste Bewerbungsanfrage schickte sie an das Bielefelder Unternehmen per Whatsapp. Ihr Bruder, der bereits seit einigen Jahren in Deutschland lebt, hatte sie auf die Idee gebracht. Als sie nach mehreren Gesprächen schließlich die Zusage für die Ausbildung erhielt, standen zunächst zahlreiche Formalitäten, wie die Beantragung eines Visums zur Berufsausbildung, auf ihrer To-Do-Liste. Nachweisen musste sie unter anderem ein anerkanntes Sprachzertifikat auf dem Niveau B1. „Deutsch hatte ich bereits in der Schule gelernt“, erklärt die junge Frau, die in der Bielefelder Bäckerei das Handwerk von der Pike auf lernt und auch an ihren Sprachkenntnissen arbeitet.
Unterstützt wird sie dabei von ihrem Arbeitgeber. Karsten Lamm, der das Familienunternehmen gemeinsam mit seiner Frau Marion und seinen beiden Söhnen in dritter bzw. vierter Generation leitet, setzt auf „Deutsch als Fremdsprache“. Einmal pro Woche nehmen mehrere Mitarbeitende das zweistündige In-House-Angebot wahr. „Alle haben Geduld mit mir, sowohl meine Kolleginnen und Kollegen als auch meine Chefs“, sagt Maria Nathania Hendrijanto Lukito, eine von fünf Auszubildenden des Familienbetriebs. Die Kombination aus praktischer und theoretischer Ausbildung schätzt sie sehr. Denn in Indonesien gibt es – anders als in Deutschland – keine duale Ausbildung. „Durch den Mix aus Theorie und Praxis verstehe ich vor allem vieles besser“, unterstreicht sie. Gerade absolviert sie ihr zweites Ausbildungsjahr und fühlt sich in ihrer Berufsschulklasse mit acht Frauen und fünf Männern gut aufgehoben. Die geringe Klassenstärke spiegelt den bundesweiten Stand: Die Zahl der Auszubildenden im Bäckerhandwerk ist seit Jahren rückläufig. Die Regelausbildungszeit beträgt drei Jahre, kann aber auf Antrag individuell verkürzt oder verlängert werden. Welchen Schulabschluss ein Betrieb voraussetzt, variiert. Rechtlich ist kein bestimmter vorgeschrieben.
Gefragt ist jedoch neben handwerklichem Geschick der Umgang mit moderner Technik, um aus hochwertigen Rohstoffen eine breite Produktpalette von Backwaren herzustellen. Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und Kreativität sind gute Voraussetzungen für den Beruf. Und wem frühes Aufstehen leichtfällt, der ist in dem Handwerk gut aufgehoben. „Mein Tag beginnt zurzeit morgens um 2:30 Uhr, da ich in der Konditorei arbeite und feine Backwaren wie Torten und Kleingebäck herstelle. Davor habe ich – auf einem anderen Posten – erst um 5 Uhr begonnen“, erklärt Maria Nathania Hendrijanto Lukito, deren Arbeitgeber daran arbeitet, möglichst viele Arbeiten aus der Nachtschicht in den Morgen zu verlegen. Denn nicht immer fällt das frühe Aufstehen leicht. Gebacken hat sie dagegen schon immer gern. Viele eintönige oder kraftaufwendige Arbeitsschritte in der Produktion übernehmen inzwischen Maschinen, doch nach wie vor ist traditionelles Handwerk gefragt. 15 Mitarbeitende beschäftigt der 1938 gegründete Familienbetrieb in der Produktion. „Ich mag es Croissants und Käsestangen zu formen“, erzählt die 21-Jährige. Mehr Kraft braucht es, wenn es darum geht, Brote rund zu wirken. Denn nachdem die Brotteige – ausschließlich mit betriebseigenen Sauerteigen – maschinell geknetet und nach einer Ruhezeit im Teigabwieger portioniert werden, formen die Mitarbeitenden die Brotlaibe von Hand. An einem normalen Wochentag sind es um die 1.000 Brote und 3.000 „normale“ Brötchen, mit denen die Bäckerei Lamm die BielefelderInnen versorgt. Bäckerkunst aus Mehl – Weizen, Roggen, Dinkel – Salz und Wasser. Das Hausbrot der Bielefelder Bäckerei, die allein fünf verschiedene Vollkornbrote im Sortiment hat, ist ein Roggenmischbrot aus Sauerteig mit ganzen Haselnüssen. „Ich probiere immer alles, auch wenn es ungewohnt ist, denn vieles kenne beziehungsweise kannte ich ja nicht“, betont Maria Nathania Hendrijanto Lukito. So ganz angefreundet hat sie sich mit den kräftigen Roggen- und Vollkornbroten noch nicht. Ihr Herz schlägt bisher eher für französisches Baguette, Croissants und süße Hefeteige. ✔