Fußball verbindet
„Arminia, Arminia, wir sind die besten Fans der Welt“, schallt es durch die Neue Schmiede, Heimat des größten inklusiven Fan-Clubs bundesweit. Bei jedem Spiel, das live in dem Kultur- und Freizeitzentrum in Bethel gezeigt wird, stehen die Fans bereit. Singen gemeinsam vor dem Spiel die Hymne und feuern die Blauen an.

Susanne kommt gebürtig aus dem Sauerland. Arminia-Anhängerin wurde sie im Alter von 10 Jahren. „Meine ganze Familie ist Fan. Hier in der Schmiede habe ich schon viele Aufs und Abs erlebt.“ Für das anstehende Match wünscht sie sich, dass die Mannschaft gut spielt. „Nur der Klos, der fehlt mir“, sagt sie.
Applaus brandet auf, denn auf der großen Leinwand ist der Einlauf der Spieler zu sehen, der Schiri pfeift die Partie an. Gute Spielzüge und Paraden des Keepers werden beklatscht und bei vergebenen Chancen geht ein Raunen durch den Saal. Es wird konzentriert geguckt und gefachsimpelt. In der Halbzeit gibt es standesgemäß eine Bratwurst vom Grill. Alles fast wie im Stadion.
Das Rudelgucken erfreut sich großer Beliebtheit. Im Schnitt sind es aktuell zwischen 80 und 100 Besucher*innen, die zusammen mit dem Club durch dick und dünn gehen. „Zu Erstliga-Zeiten waren es im Großen Saal sogar regelmäßig um die 250 Fußballbegeisterte. Hier kommen alle Gesellschaftsschichten zusammen. Egal welchen Hintergrund jemand hat, alle sind willkommen“, betont Friederike Gerdes, die den inklusiven Fan-Club 2004 gegründet hat und erste Präsidentin war und noch immer ist. „Viele sind an jedem Spieltag dabei. Es ist das inklusivste Projekt, das ich jemals betreut habe. Da steckt wirklich mein Herzblut drin“, sagt sie.
GELEBTES MITEINANDER
Angefangen hat es mit 20 Leuten in einem kleinen Raum. „Bethel ist eigentlich gar nicht so weit weg von der Alm, aber für einige Menschen aus der Bewohnerschaft ist ein Stadionbesuch aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich“, so die Sozialpädagogin.

„Arminia stand von Anfang an unserer Idee, offizieller Fan-Club zu werden, sehr offen gegenüber. Das war für uns wir und für den Verein spannend und sind gut zusammengewachsen. Mit unseren Live-Übertragungen waren wir ganz inklusiv, bevor es den Begriff Inklusion überhaupt gab. Ganz ohne pädagogisches Konzept kommen bei uns Menschen mit und ohne Behinderung zusammen und leben das Miteinander. Fußball hat eine ungeheuer verbindende Kraft.“ Friederike Gerdes ist selbst seit langem Fan und seit 2004 DSC-Mitglied. Sie kann sich noch gut an die Zeiten auf dem alten Block 6 erinnern. Heute ist sie nur noch selten im Stadion, sondern an den Spieltagen in der Schmiede, „Das gehört zu meinem Leben dazu. Hier ist es egal, woher ich komme und was ich bin. Es ist genau das, was ich für mich immer gesucht habe. Arminia berührt mein Herz. Bei den Spielen kann man alles ausleben: große Freude oder auch ein versautes Wochenende nach einer Niederlage. Der Spielausgang ist unberechenbar. Das ist wie im richtigen Leben.“

GANZ NAH DRAN
Live-Übertragungen, Stammtische, Besuche von Arminia-Profis in Bethel und Reisen ins Trainingslager sind feste Bestandteile der Fan-Kultur der Arminenschmiede. Fabian war schon mehrfach mit im Trainingslager, u. a. in Benidorm und Belek.
Jetzt freut er sich auf die anstehenden intensiven Begegnungen mit den Spielern und dem Betreuer-Team in Südtirol im Juli, wo er seinen 55. Geburtstag feiert. Bei den Heimspielen ist der Dauerkarteninhaber natürlich im Stadion, Block J. Ebenso wie Mario, der als Servicekraft in der Schmiede arbeitet. Vor den Heimspielen trifft er sich mit seinen Freunden von der „Schmiedegang“ – ein kleiner Club innerhalb des Clubs – in der Neuen Schmiede, um Menschen, die beim Stadionbesuch Unterstützung brauchen, zu begleiten. So wird sichergestellt, dass alle gut hin und auch wieder nach Hause kommen. Für Mario ist seine ehrenamtliche Tätigkeit „kein großes Ding“, sondern Ehrensache. Am Tisch der „Schmiedegang“ sitzt auch Margareta, die schon vor über 20 Jahren Rollstuhlfahrer ins Stadion begleitet und bei zahlreichen Trainingslagern mit angepackt hat. Genauso wie Enkelin Nadine und Ehemann Tobi. „Meist waren wir im selben Hotel wie die Spieler und wir waren von morgens bis abends dabei. Da entsteht schon eine Nähe zum Trainerteam und der Mannschaft. Einige Spieler kommen dann zu uns und klatschen uns ab.“ Die Nahbarkeit ist es auch, die Friederike Gerdes so an Arminia schätzt. Im Laufe der Zeit sind Freundschaften entstanden und der direkte Draht zu den Verantwortlichen ermöglicht eine tolle Fan-Arbeit. In der Neuen Schmiede ist es ein fröhliches Miteinander. Meistens jedenfalls. Denn manchmal fließen auch Tränen – wenn der Abstieg wieder mal
Realität wird. „Nach dem Relegationsspiel gegen Darmstadt haben hier 150 Menschen geweint und es war ansonsten mucksmäuschenstill“, sagt Friederike Gerdes. „Wenn das Spiel halbwegs spannend ist, wird es hier aber sehr laut. Das ist wirklich fast wie auf der Süd.“