LUST AUF LAST
Manchmal muss es einfach der ostwestfälische Genitiv sein. BISELA steht nämlich für „Bielefeld sein Lastenrad“. Noch auffälliger als der Name sind die Räder selbst. Während mir Michael Schem von Transition Town Bielefeld e. V. etwas über die unterschiedlichen Radtypen erzählt, drehen meine Kolleginnen ein paar Proberunden um den Stauteich. Die ersten Meter noch vorsichtig, dann immer sicherer. Als sie zurückkommen, sind Lynn und Pia völlig begeistert – vom Fahrspaß und davon, wie oft sie auf die Lastenräder angesprochen worden sind.
Dann muss ich wohl auch mal von der Theorie in den Sattel wechseln. Das Bakfiets mit Holzkiste und Kindersitzbank spricht mich sofort an, denn sein gutmütiges Fahrverhalten gleicht dem eines Hollandrades. Nach einem wackeligen Start fühlt sich das Fahren schnell sehr vertraut an. Das Bullitt lasse ich dagegen lieber stehen, obwohl Lynn damit völlig souverän unterwegs war. „Das ist das Rennrad unten den Lastenrädern“, erklärt Michael Schem. „Es fährt sich sportlich, daran muss man sich erst gewöhnen.“ Generell empfiehlt der überzeugte Radfahrer, immer erst einige Runden ohne Last zu drehen, um das Fahrgefühl kennenzulernen. Das gilt auch für das robuste zweispurige Bakfiets Trike mit Holzkiste und zwei klappbaren Kindersitzbänken. „Auf dem Dreirad fühlen sich manche sicherer – bis sie das erste Mal um eine scharfe Kurve lenken müssen“, lacht Michael Schem. Genauso geht es mir. Der Wendekreis erscheint mir riesig, ich fühle mich eher unbeholfen. Profi Michael Schem lenkt das Trike dagegen lässig um die Kurven. Eben alles eine Sache der Übung.
Genau das ist auch der Sinn von BISELA: Jede und jeder kann hier verschiedene Lastenräder ausprobieren – und so ganz einfach testen, wie viele Transporte sich im innerstädtischen Verkehr mit dem Rad erledigen lassen. Wir erlauben uns einen kleinen Scherz und „transportieren“ Lynn. Gedacht sind die Sitzbänke aber natürlich für Kinder. Und dass mehrere Getränkekisten ebenfalls kein Problem sind, demonstriert mir Michael Schem gleich vor Ort. „Generell sind die Räder auf 250 kg inklusive Fahrer ausgelegt. Unsere Empfehlung beim Ausleihen
ist eine Zuladung bis 60 kg. Wir möchten, dass die Leute vorsichtig sind und sich nicht überschätzen“, unterstreicht er. Wer mehr will: Der VCD verleiht die Cargomaus, in die eine ganze Europalette passt. Oft ist aber das Gewicht gar nicht so wesentlich, sondern das Volumen. Hohe Pflanzen etwa stoßen schnell ans Autodach, beim Lastenrad ist viel Luft nach oben.
Seit Transition Town Bielefeld e. V. BISELA vor fünf Jahren als Beitrag zur Mobilitätswende ins Leben gerufen hat, werden die Lastenräder gut angenommen. Manche Nutzer haben ihren halben Umzug damit gemacht. Los ging es übrigens mit einem Rad, das per Crowdfunding finanziert wurde. Mittlerweile umfasst die Flotte zehn BISELAs, darunter zwei E-Lastenräder. Fünf Räder verdankt das Projekt der Förderung durch die Stadt Bielefeld auf Initiative des Klimabeirates. Momentan stehen sie noch im Vereinshaus von Transition Town. „Wir suchen nach geeigneten Verleihstationen. Ideal wäre ein Laden oder Büro, wo jemand auf jeden Fall vor Ort ist. Denn das ganze Projekt ist ehrenamtlich, keiner verdient damit Geld.“ Gratis gibt es übrigens noch etwas Anderes. „Es macht einen Riesenspaß mit Lastenrädern zu fahren“, resümiert Micheal Schem, „und gesund und umweltfreundlich ist es außerdem.“
SO FUNKTIONIERT’S
Momentan können fünf Lastenräder an verschiedenen Standorten (u. a. in Schildesche, Brackwede und an der Uni) ausgeliehen werden. NutzerInnen registrieren sich zunächst auf der Website. Sie suchen sich ein Rad aus, schauen im Kalender, ob das gewünschte Lastenrad verfügbar ist und reservieren es. Sie holen es ab, nutzen es und bringen es anschließend zurück. Grundsätzlich ist die Ausleihe kostenlos, eine Spende nach eigenem Ermessen hilft aber, die laufenden Kosten zu decken und neue BISELAs anzuschaffen. www.bisela.de