Nur mit dem Rucksack auf dem Rücken die Welt erkunden – für die einen ist dies eine massive Einschränkung, für andere bedeutet es maximale Freiheit. Denn mit kleinem Gepäck reist es sich leichter. Ziele, Reisezeit und -dauer lassen sich immer wieder spontan festlegen. Und: Eine Backpacking- Tour muss nicht zwangsläufig eine monatelange Reise sein. Auch Rucksackreisen von zwei, drei Wochen eignen sich perfekt, um das Gefühl von Freiheit zu erleben. Wir haben mit BielefelderInnen über ihr Backpacking-Abenteuer gesprochen.
OFFEN FÜR NEUES
Luna Wallach & Ben Pape
Nach dem Abi als Backpacker die Welt entdecken – wie so viele wollte auch Luna Wallach nach der Schule reisen. Corona machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Stattdessen entschied sie sich für ein Freiwilliges Soziales Jahr und schloss daran – ganz spontan – gemeinsam mit ihrem Freund Ben einen Job in Österreich an. „Dort haben wir gemerkt, wie gut uns das gemeinsame Wandern gefällt.
Wir waren angefixt, haben recherchiert und schließlich Neuseeland als Ziel festgelegt“, erzählt Luna Wallach. Nach nur zwei Monaten Vorbereitung starteten die beiden Bielefelder im November 2022 ins Land der Kiwis. Was sie damals nicht ahnten: Aus dem geplanten halben wurden eineinhalb Jahre, die sie auch nach Australien, Malaysia und Thailand führte. Nach nur zwei Monaten Vorbereitung starteten die beiden Bielefelder im November 2022 ins Land der Kiwis. Was sie damals nicht ahnten: Aus dem geplanten halben wurden eineinhalb Jahre, die sie auch nach Australien, Malaysia und Thailand führte.
IM VAN DURCH NEUSEELAND
Abenteuer war Auckland. „Mit dem Mini- Van, den wir nach unserer Ankunft gekauft haben, haben wir gefühlt jeden unberührten Fleck Neuseelands erkundet, sind jede Schotterstraße bis zum Ende gefahren, haben Locals und Backpacker aus aller Welt getroffen, unheimlich viele schöne Dinge gesehen und sind überall auf super offene Menschen gestoßen“, fasst die 22-Jährige ihre Erfahrungen zusammen.
„Einen Fehler haben wir jedoch gemacht: Wir hatten zu viel eingepackt. Wenn man als Backpacker unterwegs ist, muss man sich auf das Nötigste beschränken. Zum Leben braucht man gar nicht so viel. Vor allem kann man mit sehr wenig glücklich sein.“ Gut 14 kg wog der Rucksack nach dem Ausmisten. In Secondhand-Shops ließen Luna Wallach und Ben Pape Überflüssiges zurück und besorgten sich dann nach Bedarf Neues.
„Da wir sechs Monate im Van gelebt haben, wuchs in dieser Zeit natürlich unsere Ausrüstung. Neben Geschirr und Töpfen kam einiges – von Angel bis Surfboard – dazu, denn wir haben viel Neues ausprobiert. So, wie das Wooving, das Arbeiten gegen Kost und Logis.
„Wir haben an der Rezeption eines Campingplatzes gearbeitet, Beton gemixt, in Restaurants gekellnert, aber auch auf einer Kirschund einer Lachsfarm gearbeitet“, listet Luna Wallach einige Jobs auf. Spontanität und Flexibilität haben uns viele neue Erfahrungen und unfassbare Erlebnisse beschert.“ Von unvergesslichen Übernachtungen am Strand bis zu atemberaubenden Walks, beispielsweise zum Isthmus Peak mit traumhaftem Blick über den Lake Wanaka.
„Die Berglandschaften und Seen haben uns total geflasht“, resümiert sie. Zu den ganz besonderen Erlebnissen zählt aber auch ein Hubschrauberflug über ein Gletschergebiet, den sie für ihren Freund zum Geburtstag organisierte.
SPONTAN UND FLEXIBEL
DANK BACKPACK
Nach einem Abstecher nach Australien ging es für die Bielefelder schließlich nach Singapur und von dort mit dem Bus nach Malaysia und entlang der Westküste weiter bis nach Thailand. „Das lag quasi alles noch auf dem Weg zurück nach Hause“, so Luna Wallach. Im Dschungeln wandern, an den schönsten Stränden übernachten, Tempel und Moscheen zu besichtigen, sind nur einige von vielen ganz besonderen Momenten. „Spontan zu entscheiden, wo man bleibt und wann man wieder den Rucksack packt, gehört zu den größten Privilegien beim Reisen mit dem Rucksack“, findet Luna Wallach. Die nächste Reise hat sie schon geplant: Indonesien gemeinsam mit ihren Freundinnen. Natürlich wieder mit dem Rucksack. „Nächstes Jahr geht’s dann auch mit dem Studium los“, versichert die reiselustige Bielefelderin augenzwinkernd. ✔
ANDERS ALS GEPLANT
André Borcherding
Eigentlich wollte André Borcherding schon im Frühjahr 2020 nach Thailand, aber die Pandemie machte die Pläne des Creative Director der Artgerecht Werbeagentur zunichte. Rund drei Jahre später fielen ihm seine Planungsunterlagen zufällig in die Hände. Und so stand der Khao Sok wieder ganz oben auf der Agenda. Über den Nationalpark mit seinen Regenwäldern, dicht bewachsenen Gebirgszügen aus Kalkstein, dem großen See und Wasserfällen hatte er mal eine Doku gesehen – und die Bilder ließen ihn nicht mehr los.
Ausgestattet mit einem neuen, knallgelben Rucksack ging es am 25. März 2024 los. „Das Packen habe ich als sportliche Challenge betrachtet. Ich wollte so wenig wie möglich mitnehmen, um bei meinen Transportmöglichkeiten flexibel zu bleiben. Einen Koffer kann man nur schlecht auf einem gemieteten Roller transportieren.“ Letztlich wurden es 14 Kilo, im Würfeltaschensystem verstaut – ein bisschen wie Tetris. Für André war es der erste Backpacking-Trip und das erste Mal reiste er allein. In Thailand hatte er schon einige Inseln besucht. „Ich wusste, dass ich auf dem Weg dahin, wunderschöne Natur verpasse und das sollte dieses Mal anders sein“, so der der 42-Jährige. Der Besuch im Nationalpark und das Rückreisedatum – das waren die einzigen festen Größen, beim Rest sollte der Zufall regieren.
IM SCHNECKENTEMPO UNTERWEGS
Allerdings stand das Abenteuer unter keinem guten Stern. Eine verschleppte Erkältung holte André mit Macht ein. „In den ersten Tagen in Bangkok stand ich total neben mir. Ich war schlapp und mir war andauernd schwindelig“, erinnert er sich an den Start der Reise. „Ich kam früh morgens an, hatte im Flugzeug gar nicht geschlafen und draußen waren es schwül-warme 35 Grad. Das Vertrauen in meinen Körper war nicht da. Ich habe mich nur in Zeitlupe bewegt, was für mich eher untypisch ist und alles dem Zufall überlassen.“ Viel Zeit verbrachte er in Garküchen und damit, die Menschen und das quirlige Treiben auf den Straßen zu beobachten. „Normalerweise hätte ich viel mehr unternommen, aber mein Körper hat mich in die Knie gezwungen. Ich habe Bangkok bei meinen vorherigen Besuchen immer als sehr hektisch empfunden. Wahrscheinlich war das so, weil ich selbst hektisch war“, resümiert er selbstkritisch.
Mit jedem Tag kam ein bisschen Kraft zurück. Genug, um nach Phuket zu fliegen und mit einer kleinen Gruppe mehrere Tage auf Safari die Naturschönheiten des Nationalparks zu erleben. Dabei ging es ihm nicht in erster Linie um die ganzen Infos, die der fachkundige Guide über Flora und Fauna vermittelte, sondern darum, ganz in den Moment einzutauchen. Die Wirkung des satten Urwaldgrüns oder die Laute der Gibbons aufzusaugen.
DIE REISE ZU SICH SELBST
Der komplette Verzicht auf Luxus – die Unterkünfte bestanden aus schlichten Holzhütten und die Dusche war eine Regentonne, aus der man sich mit geschöpftem Wasser übergießen konnte und zugleich die Heimat einer kleinen Würgeschlange darstellte – war für André eine weitere wertvolle Erfahrung. „Mir selbst hat mein gescheiterter Plan wirklich gut getan“, zieht er Bilanz. „Mein Körper hat mir Grenzen aufgezeigt, die ich zuhause im Alltag immer ignoriert hatte. Die Reise selbst rückte in den Hintergrund, mir ging es um das Hier. Denn es ist eine Illusion, dass man unterwegs alles, was zu Hause ist, zurücklassen kann. Ich habe gelernt, mehr Rücksicht auf meine Bedürfnisse zu nehmen. Ich bin nun entspannter und kann auch einfach mal nichts tun und in den Tag hineinleben. Auf der anderen Seite bin ich sehr gern mit Menschen zusammen und liebe das Trubelige an meinem Beruf in der Werbeagentur. Nicht immer bekommt man das, was man sich vorgestellt hat, aber in meinem Fall war das genau das, was ich zu dem Zeitpunkt gebraucht habe.“ ✔