Warum nicht in den Sommer tanzen? Statt klassisch in der Disco abzufeiern oder den Walzer zu perfektionieren, darf’s auch mal was anderes sein. Burlesque und Poledance sind weltweit hip. Eine wachsende Community gibt’s auch in Bielefeld. Bielefeld traut sich was.

Alina Koch

Poledance – der Schwerkraft trotzen

Butterfly, Seahorse, Supergirl – die Figuren an der vertikalen Stange haben die unterschiedlichsten Namen. Das, was so mühelos aussieht, ist allerdings harte Arbeit. Ein Gefühl für die Stange zu entwickeln, steht am Anfang des Poledance. „Dafür braucht man erst einmal Technik“, erklärt Alina Koch. Denn allein, um sich an der Stange zu halten, braucht es Grundgriffe für den Halt. Die 28-Jährige hat – nach 15 Jahren als aktive Handballerin – vor einem Jahr in einer Bielefelder Tanzschule eine neue Sportart für sich entdeckt. Probleme mit den Knien und Kreuzbändern beendeten ihre Handballleidenschaft. „Ich habe dann intensiv mit Kraftsport begonnen, um nach einer Auszeit meine Muskulatur wieder aufzubauen“, erklärt die Bielefelder Studentin, die schnell feststellte, dass Kraft in Kombination mit Beweglichkeit eine gute Voraussetzung für die Tanz- und Sportform an der Stange ist.

Schließlich geht es beim Poledance darum, verschiedene Figuren an der Stange zu vollführen. Keine Kleinigkeit, vielmehr eine Kunst. Nicht umsonst liegen die Ursprünge in der traditionellen asiatischen Akrobatik. Erst viel später zogen die artistischen Aufführungen an der vertikalen Stange in Bars und Stripclubs ein. Inzwischen hat sich Poledance als Freizeitsport etabliert und ist längst Tanzsport. Die Hüllen fallen bei Alina Koch nicht. Kraft, Körperbeherrschung und Beweglichkeit sind aber nach wie vor das A + O, um der Schwerkraft zu trotzen.

Kraft in Kombination mit Beweglichkeit
ist eine gute Voraussetzung für die Tanz- und
Sportform an der Stange.

Während sogenannter Level Checks wird das Können festgestellt. Alina Koch hat innerhalb eines Jahres den dritten Level absolviert und trainiert zurzeit viermal wöchentlich für den nächsten Level. Intensive Dehnübungen gehören für sie ebenso zum Trainingspensum wie die Entwicklung unterschiedlicher Choreografien. „Inzwischen ist Poledance für mich eine richtige Leidenschaft. Es macht Spaß, die eigenen Fortschritte zu sehen“, erzählt Alina Koch, die ihre Haltung immer wieder korrigiert. Neben der Spiegelwand dienen ihr Videoaufnahmen dazu, an Details zu feilen. „Spin-Bewegungen, die nur ein paar Sekunden dauern, lassen sich nur so analysieren“, so erklärt Alina Koch, die dem Ganzkörpersport auch regelmäßig blaue Flecken verdankt. Die sogenannten „Press Points“ entstehen an den Kontaktstellen zur Stange und sind offensichtlicher Beweis für den Krafteinsatz. Allein 60 unterschiedliche Figuren hat sich die 28-Jährige innerhalb eines Jahres antrainiert. Sie miteinander in einer Choreografie zu verbinden, ist das Ziel. Dabei sollen die Übergänge möglichst fließend sein und ästhetisch aussehen. Einzig festes Element: Die statische Stange, um die sich alles dreht. „Ich versuche jede Figur möglichst lange zu halten, um den kraftvollen Aspekt des Poledance zu betonen“, erzählt die leichtgewichtige Bielefelderin, die gerade ihre Bachelorarbeit schreibt. Natürlich spielt das Thema Poledance auch hier eine Rolle. Ihr Traum: Sie würde gern eine Ausbildung zur Poledance-Trainerin machen und irgendwann einmal auch bei Wettkämpfen antreten. Denn auch das geht!

Burlesque in Bielefeld

INTERVIEW MIT PETRA SUDMANN

Was zeichnet Burlesque aus?

Da ich einige Jahre in England gelebt habe, bin ich dort auf Vintage-Tänze aufmerksam geworden und habe mich in Workshops zu Burlesque-Tanz und Single Charleston immer weiter damit beschäftigt. Ich fand diesen alten Tanzstil faszinierend, da man nicht nur Tanzsport, Beweglichkeit und Gesundheit fördert, sondern auch etwas Kulturgeschichtliches, nämlich die Tänze unserer Urgroßeltern kennenlernt.

Worum geht’s beim Burlesque-Tanz?

Typisch für Burlesque sind leicht neckende Bewegungen, die in einer Choreografie in einer humorvoll unterhaltsamen Weise dargeboten werden. Es gibt Burlesque-Darbietungen, bei denen die Tänzerin einige Kleidungstücke, wie Handschuhe, Jacket oder Hut – eingebettet in die Choreografie – wegschleudert. Dramaturgie und eine Prise Humor sind wesentliche Bestandteile dieses alten Tanzstils.

Welche Arten von Burlesque-Tanz gibt es?

Viele Leute bezeichnen den heutigen Burlesque-Tanz als „New Burlesque”. Das ist einfach eine Bezeichnung für das Revival des Tanzstils und wird heute natürlich weiter interpretiert, das heißt alle möglichen Tanzabwandlungen werden auch zum „New Burlesque” gezählt.

Warum ist Burlesque aus Ihrer Sicht jetzt hip?

Burlesque und Charleston boomen, weil es einfach ganz tolle Tänze sind und auch noch ein Lebensgefühl der Vergangenheit vermitteln.

Gibt es in Bielefeld eine Burlesque-Szene?

Das Interesse an Burlesque-Kursen ist sehr groß. Vintage-Tänze werden immer populärer und auch in Bielefeld gibt es von jung bis alt immer mehr Leute, die sich für alte Tanzstile wie Charleston und Burlesque begeistern. Eine spezielle Burlesque-Szene existiert zwar nicht, dafür gibt es sehr viele Tanzbegeisterte, die schon ihre Leidenschaft für alte Tanzstile entdeckt haben.

Welche Schwerpunkte legen Sie beim Unterricht?

In meinen Tanzkursen lege ich besonders Wert auf gute Körperhaltung, präzise Tanzbewegungen und darauf, dass jede Teilnehmerin gut mitkommt und wir alle viel Spaß haben. Es gibt oft unterschiedliche Tanzvorkenntnisse und mir ist wichtig, dass jede Teilnehmerin ihrem Niveau entsprechend ein gutes Tanzerlebnis mit nach Hause nimmt.

Wie wichtig ist die Musik – welche Playlist haben Sie?

Von Marilyn Monroe bis hin zu Christina Aguilera gibt es ein breitgefächertes Musikangebot. Meist sind es die original alten Musikstücke, die ich im Unterricht verwende, aber auch moderne Interpreten kommen vor.

Glitzerkostüme, Federboas – wie entscheidend ist das Outfit?

Eine Tanzbekleidung angehaucht in einem alten Stil sowie auch diese Musik tragen dazu bei, sich ganz in die alte Zeit zurückversetzt zu fühlen. Von den faszinierenden, wilden 20er Jahren bis in die 60er werden alle möglichen Tänze kennengelernt. Ein Stück Tanzgeschichte und auch die Stimmung dieser Zeit wie z. B. der skandalösen Flapper Frauen, die in den 20er Jahren rauchend, mit kurzgeschnittenen Haaren und mit typisch dunklem Lippenstift alleine zum Charleston Tanzen ausgingen oder in einem der wunderbaren Musiktheater dieser Zeit eine Burlesque-Show ansahen, und vieles mehr wird man auch am Rande des Tanzens spüren.