RADVERKEHRSFÖRDERUNG
Die Stadt Bielefeld hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Bis 2025 soll der Anteil der Radfahrenden am Gesamtverkehrsaufkommen 25 Prozent betragen. Außerdem sieht der mit dem Radentscheid Bielefeld geschlossene Vertrag vor, dass ab 2021 über einen Zeitraum von fünf Jahren jedes Jahr attraktive Fahrradstraßen auf einer Länge von 10 Kilometer geschaffen werden sollen. Los geht’s mit dem Pilotprojekt Ehlentruper Weg und Rohrteichstraße. Hier entsteht auf knapp zwei Kilometern eine Fahrradstraße. Wir haben mit Projektleiterin Dr. Nora Niebel gesprochen.
Frau Niebel, warum wird die Strecke Rohrteichstraße und Ehlentruper Weg künftig eine Fahrradstraße?
Im April 2018 hat sich die Stadt Bielefeld auf den Weg gemacht und mit einer großen Bürgerbeteiligung das Radverkehrskonzept erarbeitet, das im Juni 2020 vom Rat der Stadt beschlossen wurde. Die Fahrradstraße Rohrteichstraße – Ehlentruper Weg ist eine Hauptroute für den Radverkehr, die aus den östlichen Stadtbezirken direkt in die Altstadt führt. Schon jetzt stellen die Radfahrenden dort die Hälfte aller Verkehrsteilnehmenden. Wenn wir es schaffen wollen, den Radverkehrsanteil zu erhöhen, dann brauchen wir attraktive und vor allem sichere Wege für den Fahrradverkehr.
Was bedeutet das konkret für die Strecke?
Täglich sind etwa 1.000 Radfahrende auf dem Ehlentruper Weg und der Rohrteichstraße unterwegs, aber auch sehr viele Menschen mit dem Auto. Rund 30 Prozent davon ist reiner Durchgangsverkehr. Aber auf der Strecke ist es vielfach – nicht zuletzt durch parkende Autos auf den Bürgersteigen – einfach zu eng. Mit einem Kinderwagen oder Rollator kommt man manchmal einfach nicht durch. Auch die Fahrbahnbreite reicht nicht aus, wenn sich ein Rad- und Autofahrer begegnen. Da kommt es häufig zu gefährlichen Situationen. Besonders für Radfahrende, wenn Autotüren unachtsam geöffnet werden. Die Straße gehört zum öffentlichen Raum, für den die Stadt zuständig ist. Deshalb möchten wir den Durchgangsverkehr reduzieren – das wünschen sich übrigens auch viele Anwohner –, den Parkraum neu ordnen und so die Strecke für alle Verkehrsteilnehmenden sicherer gestalten.
Veränderungen sind zuweilen schwierig…
Ja, das ist uns bewusst. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass der öffentliche Raum allen gehört, also neben den Autofahrern auch den Radfahrern und den Fußgängern. Parkende Autos nehmen einen großen Raum ein. Nur zum Vergleich: Auf der Fläche, die ein stehendes Auto einnimmt, könnten etwa acht Räder parken. Zudem müssen wir rechtliche Vorgaben erfüllen, die die Straßenverkehrsordnung vorschreibt. So muss die Fahrbahnbreite in einer „echten“ Fahrradstraße – hier sind nur Fahrräder und E-Scooter zugelassen – mindestens vier Meter betragen, damit sich pro Fahrtrichtung jeweils zwei nebeneinander fahrende Radler gefahrlos begegnen können. Da wir Rohrteichstraße´und Ehlentruper Weg als Fahrradstraße ausweisen, hier gilt Tempo 30 und die Räder haben Vorrang, aber Autoverkehr zulassen, muss die Fahrbahnbreite mindestens 4,50 Meter betragen.
Bei welchen Fragen dürfen die Bürger mitreden und welche Arten der Beteiligung gibt es?
Wir gehen gezielt in den Dialog mit den Bürgern und freuen uns über Ideen und Anregungen zu einer zukünftigen Verkehrsführung und zur Gestaltung der Fahrradstraße. Hierzu haben wir bereits Coronoa-konform einen Online-Workshop mit knapp 100 Interessierten und ein Planungsgespräch vor Ort durchgeführt. Außerdem haben wir auf unserer Homepage die Möglichkeit einer Online-Beteiligung eingerichtet. Wir sammeln die Äußerungen, werten sie aus und lassen sie in die Planungen einfließen. Wir erarbeitet zwei Varianten zu einer Verkehrsführung, über die die Bezirksvertretung Mitte im Mai berät. Bei den Fragen zur Gestaltung kann es um die Aufstellung von Bänken oder dem Pflanzen von Bäumen gehen. Oder – so wurde es bereits bei den Beteiligungen geäußert – Vorschläge, einen Carsharingstandort, Radbügel und eine Packstation zu installieren. Die Ergebnisse der Bürgerbeteiligungen werden ausgewertet, veröffentlicht und fließen in die Planungen mit ein.
Apropos: Wer darf denn eigentlich alles mitreden, wenn es um die Gestaltung der Fahrradstraße geht?
Der Rat der Stadt hat durch seinen Beschluss festgelegt, wo Fahrradstraßen in Bielefeld entstehen sollen. Der Stadtentwicklungsausschuss ist für die Grundlagen der Gestaltung zuständig. Da haben wir uns in Bielefeld auf Standards geeinigt und uns dabei an anderen Städten orientiert. Denn ortsfremden Autofahrern sollte auf Anhieb klar sein, dass sie sich auf einer Fahrradstraße befinden. Die konkrete Umsetzung obliegt den jeweiligen Bezirken. Für unser Pilotprojekt Rohrteichstraße – Ehlentruper Weg ist das die Bezirksvertretung Mitte.
An dem Prozess selbst sind sehr viele verschiedene Akteure beteiligt. Da wären das Amt für Verkehr, die Unterarbeitsgruppe SpuReN (Straßenplanung und Radverkehr einschließlich Nahmobilität, verschiedene Verbände wie der Allgemeiner Deutscher Fahrradclub (ADFC), der Verkehrsclub Deutschland (VCD), der Radentscheid, der Automobilclub Europa (ACE), die Polizei, die Straßenverkehrsbehörde, der Straßenbaulastträger, die IHK und moBiel.
Wir möchten bei dem Pilotprojekt Fahrradstraße Rohrteichstraße – Ehlentruper Weg mit einer attraktiven Infrastruktur überzeugen, die Lust macht auf mehr Fahrradfahren in Bielefeld.