Du hast Dich ja gar nicht verändert. Diese zwiespältige Standardfloskel alter Bekannter, die sich lange nicht gesehen haben, trifft auf Bielefeld ganz und gar nicht zu. Im Gegenteil: Kaum wiederzuerkennen passt besser. Ein erstaunlicher Bauboom hat Bielefeld in den letzten Jahren ein neues Gesicht gegeben.

Eine Entwicklung, die Andreas Beaugrand und Florian Böllhoff (Hg.) in ihrem Buchprojekt „Bielefelder Baukultur in Industrie, Wirtschaft und Dienstleistung 1986 – 2020“ untersuchen. Die vielfältigen Fragen und Schwerpunkte der Publikation reichen von Themen wie Globalisierung und Mobilität bis zu Architekturqualität sowie Wandel und Dynamik der Stadtgestalt. Visualisiert durch Fotografien von Studierenden der Fotografie und Medien am Fachbereich Gestaltung der FH, die zudem in mehreren Ausstellungen gezeigt werden. Zum Zeitpunkt des Gesprächs ist das Buch noch ein Work in Progress. Erscheinen soll es im Februar in der Bielefelder Verlagsanstalt. Aber wer Andreas Beaugrands „Stadtbuch Bielefeld“ vor Augen hat, der weiß: Seine Veröffentlichungen haben in jeder Hinsicht Gewicht. Und dass sich die „Bielefelder Baukultur“ nicht in einem schmalen Bändchen abhandeln lässt, versteht sich von selbst. „Die Entwicklung ist rasant, man

v. l.: Prof. Roman Bezjak, Kirill Starodubskij, Anke Warlies, Prof. Dr. Andreas Beaugrand
Technisches Rathaus

kommt mit der Veränderung kaum mit“, unterstreicht Prof. Dr. Andreas Beaugrand. Sein ganz persönliches Highlight: das Besucherzentrum Sparrenburg und der Informationspunkt für die Parklandschaft Johannisberg. „Das ist architektonisch eine Ansage in unserer Zeit und mit dem historischen Gebäude ist eine Partnerschaft entstanden.“ Ob Bildung, Gesundheit, Handel oder Industrie – in allen Bereichen des Stadtlebens sind neue Bauten entstanden. Gebäude X auf dem Campus, Almsporthalle, Ortwin-Goldbeck- Forum/Stennermuseum, Handwerkskammer, Loom, Westendtower, Brockensammlung – die Liste ließe sich unendlich fortführen. Auch Plätze wie der Boulevard, Kesselbrink oder Neumarkt wurden völlig neu gestaltet. Und ganze Stadtviertel wie Lenkwerk, Schlachthofviertel oder das Gewerbegebiet Niedermeyers Hof haben Bielefeld verändert. Unternehmerische Großbaustellen, Bauten und Bauvorhaben finden sich in nahezu jedem Stadtteil. „Die enorme Wirtschaftskraft in OWL schlägt sich in der Stadtentwicklung nieder“, so Andreas Beaugrand. Glück gehabt, könnte man sagen, aber keinen Plan, wie der Herausgeber kritisiert: „Stadtentwicklung wird in Bielefeld eher zufällig oder durch die Wünsche von Investoren angetrieben. Es gibt keine gezielte Stadtentwicklungsplanung, das ist ein Dilemma dieser Stadt.“ Eine Stadt, die ihn selbst übrigens mit ihrer Universität anlockte. Und schon damals entstand quasi der erste Funke für das aktuelle Buchprojekt. „1986 war ich als studentische Hilfskraft für die Redaktion des Buches‚ Industriearchitektur in Bielefeld. Geschichte und Fotografie‘ zuständig.“

Herausgeber neben Prof. Jörg Boström und Prof. Bernd Hey war Dr. Florian Böllhoff. „Seitdem sind Böllhoff und Beaugrand treue Wegbegleiter geworden“, lacht Andreas Beaugrand. Und gemeinsam haben sie die Idee ausgeheckt zu schauen, was 30 Jahre später aus Bielefelds Baukultur geworden ist. Übrigens gemeinsam mit weiteren Autoren wie Joachim Wibbing, Gerhard Renda, Bernd J. Wagner und Roman Bezjak. Zudem haben sie sich tatkräftige Unterstützung an der FH gesucht. „Am Institut für Buchgestaltung haben wir einen Wettbewerb ausgeschrieben. Der Siegerentwurf stammt von Anke Warlies, die ihre Bachelorarbeit daraus gemacht hat.“ Dazu gesellen sich die bereits erwähnten Fotografien der Studierenden, die sich „mit der Bielefelder Architektur beschäftigt und eine eigene fotografische Sprache dafür gefunden haben.“

Die Buchveröffentlichung wird von Ausstellungen mit verschiedenen Schwerpunkten begleitet.

Weitere Infos zu dem Projekt und mögliche Terminänderungen unter www.beaugrand-kulturkonzepte.de

Max-Planck-Gymnasium