„WIR MÖCHTEN SPIELEN“

Die Website der Bielefelder Philharmoniker begrüßt die BesucherInnen mit einem überraschenden Wort: Zuversicht. „Wir geben alles, um dieses Gefühl aufzubringen“, lacht Martin Beyer. „Die wenigen Male, die wir in dieser Spielzeit auftreten durften, haben bewiesen, dass dieses großartige Erlebnis es Wert ist, es immer wieder zu versuchen“, so der Orchester- und Konzerthausdirektor.

Die Betonung, möchte man unterstreichen, liegt auf „immer wieder“. In dieser Saison sind die Bielefelder Philharmoniker ganz bewusst auf Sicht gefahren. Haben die Konzertprogramme so konzipiert, dass sie auch in kleiner Besetzung nicht an Qualität verlieren – denn Abstandsregeln gelten nicht nur im Publikum, sondern auch auf der Bühne. Sie haben stets nur wenige Monate konkret geplant, um spontan auf geänderte Bestimmungen reagieren zu können und mussten dann Ende des Jahres den zweiten Shutdown der Bühnen erleben.

„Natürlich ist es anstrengend und ehrlicherweise zwischendurch auch frustrierend, immer wieder neu zu planen“, so Martin Beyer. „Doch nichts zu tun, ist keine Alternative. Also fangen wir immer wieder von vorne an, entwickeln neue Projekte und Formate.“ Manchmal sind schlechte Nachrichten – wie die Verlängerung des Lockdowns im Dezember – dann beinahe schon gute Nachrichten. „Natürlich wollen wir endlich wieder auf die Bühne“, unterstreicht der Orchesterdirektor, „aber es ist besser zu wissen, wie lange wir nicht spielen dürfen. Eine gewisse Planungssicherheit hilft, denn in zwei, drei Wochen alles neu aufzustellen, ist schwierig.“ Dass in dieser Saison ein Spielzeitheft keinen Sinn ergeben würde, war früh klar. Stattdessen erscheint zu jedem Symphoniekonzert ein eigenes Faltblatt mit Informationen und einem Motiv einer außergewöhnlichen Fotoserie. „Wir haben uns schon oft gefragt, wie man die Dynamik von Musik einfängt und Klang in eine Bildsprache übersetzt“, erklärt der Konzerthausdirektor. Genau das gelingt den Langzeitbelichtungen. Sie entführen in sphärische Welten, die transportieren, welche Emotionen Musik auslösen kann.

GMD Alexander Kalajdzic und Orchesterdirektor Martin Beyer

Die Emotionen der MusikerInnen sind derweil eher gedämpft. Schließlich sind sie mit Herzblut dabei, ihr Beruf ist auch Berufung. „Natürlich können sie zuhause spielen, aber als OrchestermusikerIn nicht auftreten zu können, ist ein immenser Einschnitt“, unterstreicht Martin Beyer. „Doch uns ist auch die Verantwortung bewusst. Wenn der Lockdown helfen könnte, die Verbreitung des Virus zu stoppen, dann akzeptieren wir das so. Zudem möchten wir aktiv etwas tun, damit es vorangeht.“ Deshalb nehmen Chor und Orchester gerade an einer Studie der Berliner Charité teil, die untersucht, wie sich die Aerosole beim Singen und Spielen auf unterschiedlichen Instrumenten ausbreiten. Erkenntnisse, die dann zu Empfehlungen für Abstandsregelungen führen.

Regeln, nach denen die Philharmoniker hoffen, den Spielbetrieb bald wieder aufnehmen zu können. Nach Stand bei Redaktionsschluss (8.12.20) halten sie am Programm für Januar und Februar fest. „Für die weiteren Monate haben wir A-, B- und C-Varianten“, so der Orchesterdirektor, „je nachdem vor wie viel Publikum und mit wie vielen MusikerInnen wir spielen dürfen.“ Zudem stellt sich langfristig die Frage, ob sich diese Saison quasi nachholen lässt. „Das sind Gedanken, mit denen sich unser Generalmusikdirektor Alexander Kalajdzic intensiv auseinandersetzt. In der Programmentwicklung fehlt schon jetzt gefühlt ein Jahr.“ Komplexe Entscheidungen, die nicht nur von der sinnvollen inhaltlichen Logik der Spielzeit abhängen, sondern auch von der Verfügbarkeit der Gäste. „Wir sind im Gespräch mit Dirigenten und Solisten. Alle spiegeln uns: Wir möchten spielen, wir möchten das hinkriegen“, freut sich Martin Beyer. „Genau solch ein kreativer, offener Austausch gibt mir dann auch Anlass zur Zuversicht.“

www.bielefelder-philharmoniker.de

4. Symphoniekonzert, 22. + 24.1.21, 20 + 11 Uhr

Ausnahmepianist Martin Helmchen weiht mit Schumanns Klavierkonzert den neuen Flügel in der Rudolf-Oetker-Halle ein. Außerdem erklingt Mendelssohn Bartholdys als „Schottische“ bekannte 3. Symphonie.

5. Symphoniekonzert, 12. + 14.2.21, 20 + 11 Uhr

Hier hat Violinist Frank Peter Zimmermann Schumanns lange verschollen geglaubtes Violinkonzert in d-Moll im Gepäck, außerdem stehen Debussy und Schubert auf dem Programm.