In einer spannenden Metropole begegnet man auch immer interessanten Menschen: Künstler, die neue Blickwinkel eröff nen, Menschen, die neue Formate anstoßen und Wahl-Bielefelder, die neue Akzente setzen.

Oona Kastner

Musikerin

Sie dekonstruiert Musik, nutzt ihre Stimme als Instrument, begleitet Lesungen, leitet den Experimentalchor chorXtrem oder arbeitet als Stimmtrainerin. Musik und Sprache sind für die Bielefelder Sängerin und Pianistin Oona Kastner ein großes Experimentierfeld. Und so ist sie mal Solo, im Duo oder in großer Formation mit 35 MusikerInnen unterwegs. Dabei bewegt sie sich über Grenzen hinweg und ist in der Improvisation zuhause. Der Weg dahin, ein klassischer. „Ich bin in einem Klassikkessel aufgewachsen“, stellt sie fest. Bachs Oratorien und Kantaten prägen ihre Kindheit. Mit vier Jahren bekommt sie Klavierunterricht. Als es um ein zweites Instrument geht, beginnt die Odyssee durch diverse Instrumente. „Das Schlagzeug war zu laut, das Kontrabass zu groß und meine Stimme fanden meine Eltern zu exzentrisch“, erzählt Oona Kastner. Sie landet bei der Oboe und studiert schließlich an der Folkwang-Musikhochschule Essen, der heutigen Folkwang Universität der Künste. Dort erlebt sie andere künstlerische Ausdrucksformen wie modernen Tanz – und ist inspiriert. Sie sucht sich neue Wege, schult ihr Instrument Stimme, kehrt Genregrenzen den Rücken und taucht ein in das große und offene Feld von Musik und Sprache. Heute sucht die Musikerin in der Minimal- und E-Musik Verbindungen und transferiert Musik in neue Kontexte. Im Herbst dieses Jahres erscheint übrigens ihr zweites Album „live solo vol. 2“.

www.oona-kastner.de

JENS KEUNECKE (53)

Initiator „Nippon Cinema“

Gerade ist sie wieder gestartet, die Filmreihe „Nippon Cinema“, die einmal im Monat neues japanisches Kino in der Kamera zeigt. „Uns interessieren vor allem zeitgenössische Filme, denn wir möchten die japanische Gesellschaft mit all ihren Facetten abbilden“, so Jens Keunecke. Der 53-Jährige hat die Reihe, die von der Deutsch-Japanischen Gesellschaft Bielefeld e. V. präsentiert wird, vor drei Jahren ins Leben gerufen. Sein eigenes Interesse am japanischen Kino reicht bis in seine Studienzeit zurück. Über ein akademisches Austauschprogramm landete Jens Keunecke in Hiroshima und lebte zwei Jahre bei einer japanischen Familie. „Die Zeit hat mich stark begeistert, ich habe alles aufgesogen“, so der Filmfan. Mit seinem ehrenamtlichen Engagement für „Nippon Cinema“ möchte Jens Keunecke die Deutsch-Japanische Gesellschaft unterstützen und sein eigenes Interesse an japanischer Kultur mit anderen teilen. „Japanische Filme sind ausgesprochen interessant, es gibt viele Genres“, unterstreicht der Cineast. Für das Programm wählt er meistens vier zeitgenössische Filme, einen älteren und einen Animationsfi lm aus. „Wir wollen Leute jeden Alters und mit ganz unterschiedlichem Filmgeschmack ansprechen.“

Katharina Bosse (51)

Fotografin, Künstlerin, Lehrende

Katharina Bosse lässt ihre Bilder sprechen. Sie wirken surreal, sind irritierend, weil inszeniert und voll mit Anspielungen. Die international renommierte Bielefelder Fotografin, die seit vielen Jahren als Professorin für künstlerische Fotografie an der Fachhochschule lehrt und parallel ihre künstlerische Karriere weiterverfolgt, treibt auch in Bielefeld die Kunst voran. Mit dem „Kunst &/Raum Elsa“ hat sie einen konzeptionellen Kunstraum geschaffen. Dort kuratiert sie Ausstellungen, ermöglicht Gastausstellungen und lädt Künstlergruppen dazu ein, den Kunstraum zu füllen. Bis zum 1.12. ist jetzt unter der Überschrift „Kraftakt“ eine Serie aus 23 Fotografien von Lilly Urbat zu sehen. „Ich möchte anderen Künstlern Raum geben und einen Ort für Begegnungen anbieten“, erklärt Katharina Bosse, deren Bilder Spielraum für Projektion und Reflektion bieten. So wie ihre aktuelle analoge Serie von Kinderporträts, in der sie sich mit ihrer Rolle als Mutter und Künstlerin befasst. „Viele Künstlerinnen sprechen nicht darüber, dass sie Kinder haben. Die Angst in der künstlerischen Leistungsfähigkeit abgewertet zu werden, steckt dahinter“, sagt die in Turku, Finnland, geborene Fotografin, die im Herbst erneut in New York ausstellt. Auch ihr gab man zu verstehen, dass der Wert ihrer Bilder nach dem zweiten Kind nicht mehr steigen würde.

Leopold Altenburg (48)

Autor, Schauspieler, Regisseur

„Zur Wahrheit eines Menschen gehören auch die eigenen Ahnen“, sagt Leopold Altenburg. Seine Familiengeschichte ist aber eine außergewöhnliche. Ist er doch der Ururenkel von Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth – der berühmten „Sissi“. Heute lebt Leopold Altenburg in Berlin, aber vier Jahre lang war Bielefeld seine Heimat. Bis 2002 spielte er auf der Bühne des Theaterlabors und ist als die österreichische Hälfte des Kultduos Leopold & Wadowski (1999 – 2018) bekannt. Er ist Kosmopolit, arbeitet als Schauspieler, Regisseur und als Krankenhausclown bei den Roten Nasen International – kehrt jetzt als Autor mit seinem biographischen Werk „Der Kaiser und sein Sonnenschein“ (erschienen im Goldegg-Verlag) in seine alte Heimat zurück. In seiner Lesershow begibt er sich auf die Spuren des Kaiserreiches und die Wurzeln seiner Herkunft und erzählt im Theaterlabor Tor 6 am 31. Oktober um 20 Uhr einfühlsam seine spannende und bewegende Familiengeschichte. Dabei spart er nicht mit Anekdoten aus seinem Leben, die eine Verbindung von seinen Vorfahren zur Gegenwart herstellen, imitiert mit unterschiedlichsten Stimmen seine Verwandtschaft und Wegbegleiter und singt dazu passende Lieder,

Tipp: Lesershow, 31.10., 20 Uhr, Tor 6 Theaterhaus www.leopoldaltenburg.com

Christina Végh (48)

Künftige Direktorin der Kunsthalle Bielefeld

Noch ist sie streng genommen keine Bielefelderin. Aber spätestens im kommenden Frühjahr wird die Eidgenossin eingemeindet. Dann tritt die 48-Jährige die Nachfolge von Dr. Friedrich Meschede an. „Ich freue mich, dem Ruf an die Kunsthalle Bielefeld zu folgen, die für ihre ausgezeichnete Sammlung in einer einmaligen Architektur internationales Ansehen genießt. So gesehen locken mich Frank Stella und Charlotte Posenenske, Max Beckmann, Agnes Martin und andere – sowie natürlich Philip Johnson.“ Für ihre neue Position bringt die gebürtige Schweizerin reichlich Erfahrung mit. Ihre kuratorische Laufbahn begann im Jahr 2000 an der Kunsthalle Basel. 2003 erhielt sie ein Kuratorenstipendium beim International Studio & Curatorial Program in New York. Von 2004 bis Mai 2015 leitete Christina Végh als Direktorin den Bonner Kunstverein, seitdem ist sie Direktorin der Kestner Gesellschaft in Hannover. Geografisch hat sie sich Bielefeld also bereits angenähert. Und auch inhaltlich hat Christina Végh bereits Pläne: „Die in der nächsten Zeit anstehende Renovierung bietet die Möglichkeit, das Haus für die Zukunft mitzugestalten und nicht nur durch Ausstellungsformate und neue Kommunikationsformen, sondern auch räumlich an einem Museum für das 21. Jahrhundert mitzuarbeiten.“

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