In einer quirligen Metropole triff t man auf spannende Menschen, die das Stadtleben durch ihr engagiertes Tun bereichern. Wir stellen einige von ihnen vor.
Nadja Loschky + Michael Heicks
Doppelspitze für Bühnen + Orchester
In der kommenden Spielzeit beginnt mit der Doppelspitze Michael Heicks und Nadja Loschky ein neues Kapitel beim Theater- und Konzertbetrieb Bielefeld. „Es gibt so etwas wie den Bielefelder Weg, darauf werden wir von außen immer wieder angesprochen. Wir arbeiten daran, Theater, das sich ja ständig ändert, anders aufzustellen“, erklärt Michael Heicks, der bereits seit Anfang 2005 Intendant der Bühnen und Orchester Bielefeld ist und zur Spielzeit 2018/2019 zudem die Intendanz der Rudolf-Oetker-Halle übernahm. Kontinuität und Innovation hat sich die neue Doppelspitze auf die Fahnen geschrieben. „Die Vorfreude ‚Partner in crime‘ zu sein, ist groß. Wir wollen gemeinsam etwas schaffen, was beim Publikum zündet“, fügt Nadja Loschky hinzu. Die Regisseurin arbeitet seit 2014 am Theater Bielefeld, dem sie seit 2017 als Hausregisseurin und seit 2019 als Künstlerische Leiterin des Musiktheaters angehört. „Genau, wir wollen die ZuschauerInnen abholen und uns weg von der Spartenfi xierung hin zu mehr Gesamterlebnis entwickeln“, so Michael Heicks, der in diesem Kontext auf das Bielefelder Studio verweist. Ein weltweit einzigartiges spartenübergreifendes Konzept, in dem sich drei
junge KünstlerInnen aus den Bereichen Gesang, Tanz und Schauspiel jeweils eine Spielzeit lang in allen Sparten weiterbilden und -entwickeln. „Das heißt aber nicht, dass wir die Sparten an sich abschaffen wollen. Ganz im Gegenteil. Aber wir richten den Blick mehr auf das Ganze“, sagt Michael Heicks, der das Haus bis 2025 gemeinsam mit Nadja Loschky leitet und sich dann aus der Doppelspitze verabschiedet. Nadja Loschkys Vertrag läuft bis 2028. „Hier in Bielefeld habe ich mich schon als junge Regisseurin gut aufgehoben gefühlt“, blickt sie ihrer neuen Aufgabe gespannt entgegen. ✔
Ahmad Alkhateeb (33) Student
Der Bielefelder Ahmad Alkhateeb hat den DAADPreis für sein ehrenamtliches Engagement und seine besonderen Leistungen im Studium gewonnen. Der Syrer, der 2015 nach Deutschland kam, gründete noch im selben Jahr den Verein Café Welcome gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen aus Bielefeld. „Wir wollten einen Ort schaff en, an dem jede und jeder willkommen ist – deshalb der Name“, erklärt der Student der Hochschule Bielefeld (HSBI). Im Café – ein Treff punkt für Gefl üchtete, Hilfesuchende und Helfende – gibt es lebenspraktische Hilfe, Unterstützung bei Fragen zu Anträgen und jederzeit ein off enes Ohr. Ahmad Alkhateeb hat auch eine Fluchtgeschichte und weiß, wie sich Menschen in einem fremden Land fühlen und worauf es ankommt. Als er in Bielefeld ankam, lernte er Deutsch, absolviert den Bundesfreiwilligendienst, machte sein Fachabitur und studiert mittlerweile an der HSBI Soziale Arbeit. Nebenbei arbeitet er in der Drogenberatung mit Jugendlichen, die Fluchterfahrung haben. Sich sozial zu engagieren und berufl ich in dem Feld zu arbeiten, ist für ihn eine Herzensangelegenheit. „Als Sozialarbeiter bist du überall und hast mit allen Bereichen einer Gesellschaft zu tun. Das macht so viel Spaß.“ Und er erfüllt sich mit dem Studium der Sozialen Arbeit auch seinen Traum. Für den DAAD-Preis nominierte ihn übrigens seine Dozentin Dr. Havva Mazi, die am Fachbereich Sozialwesen der HSBI lehrt und von seinem Engagement wusste. Der mit 1.000 Euro dotierte DAAD-Preis wird seit über 20 Jahren an deutschen Hochschulen verliehen und würdigt die Leistungen und das Engagement internationaler Studierender. Neben den Noten zählt auch soziales Engagement. ✔
Mia Geppert (16) Schülerin
Die Bielefelderin wurde aus beinahe 500 Bewerbungen für das Parlamentarische Patenschafts-Programm (PPP) ausgewählt. Das Vollstipendium des deutschen Bundestags und des US-Congress ermöglicht Mia ein High School Jahr in den USA, inklusive Schulbesuch und Gastfamilienaufenthalt. „Während eines Praktikums bei einer Bielefelder Buchhandlung im letzten Jahr habe ich von der Möglichkeit erfahren, war sofort begeistert und habe mich beworben“, erzählt die Schülerin, die die 10. Klasse des Brackweder Gymnasiums besucht. Nach einer Reihe von Auswahlgesprächen erhielt sie Ende Januar die Zusage. Am 1. August startet sie dann gen Dallas in Texas. „Ich war noch nie in den USA und habe mit Blick auf das Ziel ganz spontan Stereotypen im Kopf: Farmen und Cowboys, viel Land und Tiere und dazu Hitze.” Wie alle Teilnehmenden des PPP bekommt auch Mia Geppert ein Mitglied des Bundestags als Pat*in zur Seite gestellt. In ihrem Wahlkreis übernimmt Britta Haßelmann MdB die Patenschaft für Mia. Zudem wird sie von Experiment e.V., Deutschlands ältester gemeinnütziger Austauschorganisation (www.experiment-ev.de), während ihres gesamten USA-Aufenthalts betreut. „Ich freue mich sehr auf die Gastfamilie und bin gespannt, wie es ist, dort den Alltag zu leben“, betont Mia Geppert, die sich durch den Aufenthalt erhofft, neue Erfahrungen zu sammeln, noch offener zu werden und ihre Perspektive zu weiten. Vor allem aber freut sich die Bielefelderin, die sich gern kreativ mit Acyrl-Malerei beschäftigt und Judo macht, auf Angebote und Aktivitäten wie einen Debating Club oder Sportangebote wie Cheer Leading. ✔
Angelika Rabe, Michael Pohl, Sabine Bergau Vorstand der Offenen Ateliers e. V
Der Zusammenhalt und Austausch mit anderen Künstlerinnen hat Michael Pohl überzeugt, Vereinsmitglied zu werden. Doch gerade mal seit einem Jahr dabei, schon sitzt der Bielefelder auch im Vorstand der Offenen Ateliers. Geplant war das nicht, aber er hat sich überzeugen lassen, damit Bielefelds größte Kunstausstellung auch 2023 stattfinden kann. „Bei der Veranstaltung möchten zwar viele Künstlerinnen mitmachen, aber bei der Vorbereitung sind nicht so viele aktiv und es fehlt an Nachwuchs“, bedauert Michael Pohl. Er selbst wird seine vorwiegend großformatigen, abstrakten Bilder zeigen. Bei den Offenen Ateliers können die Besucherinnen aber wieder die ganze Bandbreite der Bielefelder Kunstszene entdecken. 55 Künstlerinnen öffnen ihre Türen und zeigen Malerei, Fotografie, Skulpturen, Installationen und vieles
mehr. Für die drei Vorstandsmitglieder bedeutet die Planung jede Menge Arbeit. Der beliebte Katalog wird übrigens aus Kostengründen erstmals ausschließlich online erscheinen, aber auf einem DIN-A3-Faltblatt sind alle Stationen abgedruckt und es gibt erstmals Werbung in Bussen und Bahnen. Außer auf die Offenen Ateliers freut sich Michael Pohl auf die Ausstellung „mittendrin“ der „Stattgalerie“, wo der Verein neben dem BBK-OWL und dem Künstlerinnenforum bi-owl vertreten sein wird.
www.offenerkatalog.de ✔
Til Mette (66)
Freier Maler und Cartoonist
Für ihn ist es ein echtes Heimspiel – für die Bielefelderinnen der perfekte Anlass, zum Lachen einmal ins Museum, statt in den Keller zu gehen. Anders als sein Bruder, der Fotograf Veit Mette, lebt der Cartoonist zwar schon lange nicht mehr in seiner Heimatstadt – mit einer großen Ausstellung würdigt das Historische Museum jetzt aber seine Arbeiten. 1956 in Bielefeld geboren, studierte Til Mette Geschichte und Kunst in Bremen. 1985 war er Mitbegründer der Bremer taz. Von 1992 bis 2006 lebte er mit seiner Familie in New York und Montclair, seitdem in Hamburg. Seit 1995 zeichnet der Künstler exklusiv für den „Stern“. Wöchentlich unterhält er mit seinen gesellschaftskritischen und politischen Cartoons ein großes Publikum und freut sich diebisch, die Peinlichkeiten seiner Mitmenschen aufs Korn zu nehmen. Für seine Arbeiten wurde Til Mette bereits mehrfach mit dem Deutschen Karikaturenpreis sowie dem Deutschen Cartoonpreis ausgezeichnet. Die Ausstellung „Das muss eine Demokratie aushalten“ ist eine gute Gelegenheit, seinen ganz eigenen Humor kennenzulernen. Seine Themen sind immer brandaktuell und werden für die „Ewigkeit“ mit wenigen Strichen und bissigen Texten auf Papier fi xiert. Mit über 130 Karikaturen und einigen Gemälden nimmt die Ausstellung die Besucherinnen mit auf eine Reise durch die deutsche Gesellschaftskultur der letzten Jahre. ✔
Text: corinna Bokermann, Stefanie Gomoll