In einer quirligen Metropole trifft man auf spannende Menschen, die das Stadtleben durch ihr engagiertes Tun bereichern. Wir stellen einige von ihnen vor.

Verena Brüning (42)

Fotografin

3.167 Seemeilen in 24 Tagen auf See. Verena Brüning hat mit einer Crew von 47 Frauen auf der Brigg Roald Amundsen den Atlantik von Teneriffa nach Martinique überquert.

Die 42-Jährige, die an der FH Bielefeld Fotografie studiert hat und ihr Studium 2010 mit einem DAAD- und NAPA-Stipendium für ihre Reportage aus Ostgrönland abschloss, hat diese große wie außergewöhnliche Fahrt mit der Kamera begleitet. Denn eine Atlantiküberquerung mit einer Crew, die nur aus Frauen besteht, gab es in dieser Größenordnung noch nie. Vor fünf Jahren – nach ihrer ersten Reportage auf einem Segelschiff – machte die in Rheine geborene Fotografin ihren Segel- und Motorbootführerschein. Jetzt hat sie vier Wochen lang die harte Arbeit an Bord, die besonderen Momente, die Stimmung und die Schönheit des Atlantiks mit ihrer Kamera eingefangen und lädt mit ihrem Buch Windsbraut – gerade im März Verlag erschienen – zum Träumen über eigene Abenteuer ein. Im Rahmen der Bielefelder Nachtansichten sind ihre Fotos jetzt im Kunstraum Elsa zu sehen. Die Ausstellung bleibt bis zum 26. Mai in Bielefeld und wird im Laufe des Jahres noch in einigen anderen Städten gezeigt. Verena Brüning, die authentische Porträts von Menschen schafft, taucht, reitet und fotografiert unter Wasser und aus der Luft mit Drohnen. Sie arbeitet für internationale Magazine, Zeitungen, Unternehmen, Agenturen und soziale Projekte oder NGOs. ✔

Ausstellung: bis zum 26.5., Kunstraum Elsa
Buchtipp: Verena Brüning: Windsbraut, MÄRZ Verlag, Fotoband,
136 Seiten zzgl. 12 Seiten Tagebuch als Booklet (48 €)
Limitierte Sonderausgabe inkl. Fine-Art Print (98 €)

ANNETTE KURSCHUS (61)

Pastorin und Seelsorgerin

Vielen Menschen ist Dr. h. c. Annette Kurschus als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland bekannt. Jetzt kehrt sie als Pastorin und Seelsorgerin bei den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel zurück zu ihren Wurzeln. „In der neuen Aufgabe werde ich wieder den ursprünglichen pastoralen Dienst tun können, der mir in den großen kirchlichen Leitungsämtern oft gefehlt hat. Ich werde wieder viel unmittelbarer mit den Lebensgeschichten unterschiedlichster Menschen in Berührung sein“, freut sich die Theologin.

In Bethel ist sie keine Unbekannte, denn während ihrer Zeit als EKD Ratsvorsitzende hat sie dort regelmäßig Predigtdienste wahrgenommen und Gottesdienste in der Betheler Zionsgemeinde gefeiert – darunter mehrfach die Gottesdienste zu Heilig Abend. Annette Kurschus führt neben ihrem neuen Amt ihre vielfältige Vortrags- und Predigttätigkeit weiter. In den v. Bodelschwinghschen Stiftungen übernimmt sie den Vorsitz der Ethik Kommission Bethels und vertritt die ethische Positionierung Bethels in den kirchlichen und gesellschaftlichen Debatten. Dazu kommen weitere Aufgaben in der Leitung des Hauses der Stille – ein theologisches Einkehrhaus für Bethel, Diakonie und Kirche –, in der theologischen Bildungs- und Einkehrarbeit sowie seelsorglicher Dienst im Hospiz Haus Zuversicht. ✔

Sergej Ratke (62)
Künstler

Das Holz spricht zu ihm. Er ist gelernter Tischler und arbeitet seit 2019 in der Holzwerkstatt Kracks in Bielefeld- Eckardtsheim, die zu Bethel proWerk gehört. Dort wurde seine kreative Begabung im Umgang mit dem Werkstoff entdeckt. An einem Tag pro Woche widmet sich Sergej Ratke in der Werkstatt seiner künstlerischen Tätigkeit und hat eine stattliche Anzahl von Werken geschaffen. „Jetzt eine eigene Ausstellung zu haben ist für mich wie in einem Wunderland zu sein“, sagt er. Zu sehen sind am Ende seines „Meisterschülerjahres“ 60 plastische Arbeiten aus Holz sowie zwölf Zeichnungen und Bilder. Die Größe der Kunstwerke variiert erheblich – die Skala reicht von sechs bis 180 Zentimeter. Sergej Ratke verarbeitet ausschließlich Resthölzer.

Inhaltlich lassen sich zweigroße Themenfelder in seinem Werk ausmachen: Er befasst sich mit Darstellungen von Tieren genauso wie von Menschen. Die „Wesen“, die er erschafft, stecken für Sergej Ratke ausschließlich im Holz selbst. Die Aufgabe des Künstlers sei es, sie zu erkennen und aus dem Holz zu schälen. So erkennt er etwa in einer rundlichen Maserung das Auge eines Wals. „Das Holz zeigt mir etwas, das andere nicht sehen“, sagt Sergej Ratke. Diese künstlerische Auffassung bringt der Ausstellungstitel „Das Holz spricht zu mir“ auf den Punkt. Dabei formt er manche Figuren nur als Silhouette aus, andere präsentiert er als vollplastische Skulptur im Raum. ✔

Ausstellung: bis zum 23.5., Mai, jeweils dienstags und donnerstags von 15 bis 17 Uhr Galerie
am Maraweg 15. Zu den Bielefelder Nachtansichten: 27.4., 18 bis 1 Uhr

Jörg Witthöft (56)
Standortleiter von ZF in Bielefeld

Im November war beim Bielefelder ZF-Standort die Freude groß. In Düsseldorf durfte Standortleiter Jörg Witthöft stellvertretend für sein Team den Deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie Automobilindustrie in Empfang nehmen. Prämiert hat die Fachjury der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis e.V. in erster Linie das weitreichende Engagement von ZF für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft. Federführend ist hierbei der Remanufacturing- Standort in Bielefeld, der bereits seit 1963 gebrauchte Teile im industriellen Maßstab für ein „zweites Leben“ aufbereitet. Im Vergleich zu einem Neuteil sparen die aufgearbeiteten Produkte mehr als 90 Prozent an Material und Energie ein. Die CO2-Einsparung liegt bei über 80 Prozent.

„Das hilft uns dabei, unsere Klimaschutzziele zu erreichen und uns unabhängiger von Materialengpässen und steigenden Stromkosten zu machen“, betont der Standortleiter, der sich u. a. im Umweltausschuss der IHK engagiert und bundesweit Vorträge zum „Cradle to Cradle“-Konzept hält. Das Konzept „von der Wiege in die Wiege“ bezeichnet das Bestreben, Ressourcen in einem geschlossenen Produktions- bzw. Nutzungsprozess zu halten. Einfach gesagt: Es gibt keinen Abfall, sondern nur unsortierte Materialien, die wieder genutzt werden können und sollen. Der Bielefelder Standort ist bereits in Sachen konsequenter Kreislaufwirtschaft zertifiziert, deckt seit 2018 seinen Strombedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen, hat seinen Abfall seit 2019 um rund 40 Prozent reduziert – und eine Blühwiese vor den Toren des Werks angelegt. ✔

Katharina Klang
& Victoria Tarak
Doppelspitze des Kunstvereins Bielefeld

Sie verantworten gemeinsam das Programm des Kunstvereins Bielefeld, der sich zum ersten Mal mit einer Doppelspitze präsentiert. Bereits zum Jahreswechsel haben Katharina Klang und Victoria Tarak die Leitung übernommen. Die Programmarbeit der beiden beginnt ab Mai 2024. „Wir möchten den Kunstverein Bielefeld als partizipativen, situierten und vernetzten Möglichkeitsraum denken und auf diese Weise das internationale Renommee des Hauses weiterhin stärken“, unterstreicht das Direktorinnen-Duo. Katharina Klang hat als Gründungsdirektorin der Sammlung Philara in Düsseldorf bis Juni 2022 mehr als vierzig Ausstellungen zur zeitgenössischen Kunst verantwortet.

Außerdem hatte sie – ebenso wie Victoria Tarak, die als freie Kuratorin u. a. im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, das Tanzhaus NRW und die Sammlung Philara arbeitete – Lehraufträge an der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf. Neben internationalen künstlerischen Positionen und Kooperationen, legen Katharina Klang und Victoria Tarak Wert auf lokale Begegnungen, die Verbindungen zu den ortsspezifischen Besonderheiten der Stadt Bielefeld aus den Bereichen Bildung, Pädagogik und Pflege herstellen. Mit der Wahl zur Doppelspitze schlägt der Kunstverein Bielefeld, 1929 gegründet, jetzt einen innovativen Weg ein, positioniert sich zeitgemäß zu aktuellen Diskursen um Kollektivität und beteiligt sich mit seiner Neubesetzung an der Revision von Arbeitsvorgängen im Kunstbetrieb. ✔ Aktuelle Ausstellung bis zum
28.4.: „Am I A Monster?“