Qualifiziert durchstarten

„Deutschlandweit haben wir noch nicht die Zahlen des Vorjahres erreicht, stehen aber im bundesweiten Vergleich in OWL
noch ganz gut da“, stellt Marwin Schadwill mit Blick auf die abgeschlossenen Ausbildungsverträge fest. Zum 31.8. lag das Minus noch bei 8,7 Prozent.

„Wir sind optimistisch, in diesem Jahr noch weitere neue Auszubildende für das Handwerk gewinnen zu können und hoffen darauf, dass sich die Zahlen am Jahresende sogar noch im positiven einstelligen Bereich einpendeln“, so der Ausbildungsberater der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld. Wichtiger ist ihm, dass über die Chancen gesprochen wird, die jetzt noch auf dem Ausbildungsmarkt vorhanden sind. Und die sind größer als in den Vorjahren.

Durch den Lockdown im Frühjahr dieses Jahres hatten Betriebe und Azubis zu wenig Zeit sich kennenzulernen. In den Schulen sind die Berufsfelderkundungen ausgefallen, ebenso die Praktika. „Daraus resultiert eine gewissen Starre, aber auch Unsicherheit. Wir wollen jetzt versuchen, die acht Wochen des Lockdowns auszugleichen“, erklärt Marwin Schadwill. Denn für Jugendliche, die nach der Schule gleich praktisch loslegen wollen, ist eine duale Ausbildung genau richtig. Sie können von Anfang an mit anpacken und hautnah im Betrieb lernen, anstatt nur Bücher zu wälzen.

In Bielefeld gibt es 3.050 Handwerksbetriebe. Davon bilden aktuell 493 Betriebe (Stand 27.8.20) aus. Traditionell starten die meisten Azubis zum 1.8. eines Jahres in den Beruf. Rein rechtlich ist ein Ausbildungsbeginn jedoch zu jedem Zeitpunkt eines Jahres möglich. Von einem „normalen“ Einstieg in die Berufsausbildung spricht er, wenn dieser zwischen dem 1.8. und dem 1.10. liegt. „Bei einem späteren Einstieg verpasst man im Berufskolleg etwas Unterricht, bekommt aber den Anschluss“, so seine Erfahrung. Denn auch in Nicht-Corona-Zeiten beginnen nur rund 30 Prozent der Lehrverträge zum 1.9. Wer nach dem 1.10. einen Lehrvertrag in der Tasche hat, sollte mit der Handwerkskammer Kontakt aufnehmen.

GUT 37 PROZENT der Azubis leisteten laut

aktuellem Ausbildungsreport des DGB NRW im

vergangenen Jahr regelmäßig Überstunden

Dann wird nach individuellen Voraussetzungen geschaut, die eine Verkürzung der Ausbildung erlauben. Dazu kann zum Beispiel ein Realschulabschluss führen. „Hat jemand Abitur, bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung oder ist über 21 Jahre alt, lässt sich die Ausbildung sogar bis zu einem Jahr verkürzen. Auszubildende, die bei Vertragsabschluss keine entsprechenden Anrechnungsgründe mitbringen, können gegebenenfalls während der laufenden Ausbildung einen Verkürzungsantrag stellen. Um die Zeit bis zum Ausbildungsbeginn zu überbrücken, empfiehlt die Handwerkskammer auch die Nutzung von Einstiegsqualifizierungen, die später mit bis zu einem halben Jahr auf die Ausbildungsdauer angerechnet werden können.Die Möglichkeit verspätet in die Ausbildung zu starten, bewirbt die Handwerkskammer aktiv und thematisiert diese auch im Rahmen ihrer digitalen Ausbildungsberatung. Die Handwerkskammer hat eine Hotline geschaltet, die sich an einer Ausbildung interessierte Menschen richtet. Beraten wird mithilfe von Video-Tools, inzwischen sind aber auch wieder persönliche Beratungsgespräche vor Ort möglich.

Wer in diesem Jahr noch einen Ausbildungsplatz im Handwerk sucht, kann sich unter Angabe seines Wunschberufes auch auf www.whkt.de/findedeinhandwerk melden – eine Gemeinschaftsaktion der Handwerkskammern in NRW und dem Westdeutschen Handwerkskammertag. Darüber hinaus liefert die App „Lehrstellenradar 2.0“ Schulabgängern, Eltern, Lehrern und Ausbildungsberatern einen einfachen Zugang zu freien Lehrstellen oder Praktikumsplätzen. „Aktuell sind hier für dieses und das kommende Ausbildungsjahr rund 350 freie Stellen in OWL gemeldet“, so Marwin Schadwill (Stand 15.9.2020). Gute Chancen gibt es u. a. im Bereich Bau, Elektro und Metall, aber auch im Nahrungsmittelbereich oder in der modernen Gebäudetechnik. Die Handwerksunternehmen waren, wie viele andere Wirtschaftszweige auch, ganz unterschiedlich von Covid-19 betroffen. „Zum einen hat das Handwerk in großen Teilen während des Lockdowns weitergearbeitet. Andere, wie z. B. die Friseur- oder Kosmetikerbranche, waren unmittelbar betroffen und mussten schließen“, erklärt Marwin Schadwill. Die Digitalisierung wurde dagegen durch Corona definitiv beflügelt. Ihre Beratungsleistungen organisierte die Handwerkskammer konsequent online. „Vieles geht“, so Marwin Schadwill. Fest steht für ihn aber auch: Ein Werkstattbesuch braucht Präsenz ebenso wie eine Konfliktberatung oder Mediation.

56 PROZENT aller erwerbstätigen Erwachsenen (25-bis 64-Jährige) beteiligen sich in Deutschland an nicht formaler Ausund Weiterbildung, im OECD-Durchschnitt sind es 53 %.

Damit die Corona-Krise nicht zu einer Krise für die berufliche Zukunft junger Menschen wird, unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung von der Corona-Krise betroffene ausbildende KMU mit dem Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“. Die Anträge müssen bei der Agentur für Arbeit gestellt werden.

Die Wirtschaft kämpft derweil für die Gleichwertigkeit einer qualifizierten beruflichen Ausbildung mit dem Studium. Neue Fortbildungsstufen – vom Berufsspezialisten über den Bachelor Professional (Qualifizierung zum Meister) bis hin zum Master Professional (Meister plus Betriebswirt) – zeigen das Potenzial im Handwerk über Qualifizierungsmaßnahmen weiterzukommen. „Mit der Meisterprüfung ist ein Studium an fast jeder Uni möglich“, so Marwin Schadwill, der betont: „Die Ausbildung im Handwerk bereitet auf den Beruf vor. Die Möglichkeiten, danach im Berufsleben weiter durchzustarten sind groß.“

AusbildungWeltweit

AusbildungWeltweit fördert Auslandsaufenthalte für Auszubildende und Bildungspersonal rund um den Globus. Die Anfang des Jahres in Kraft getretenen Neuerungen sorgen dafür, dass das Förderprogramm mehr Menschen erreichen wird: Künftig können auch Berufsschulen Förderanträge stellen und Auszubildende in vollzeitschulischen Berufsausbildungen werden förderfähig. Das Förderprogramm AusbildungWeltweit ist seit 2018 ein offizielles Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Während das EU-Programm Erasmus+ Lernaufenthalte innerhalb Europas fördert, schließt AusbildungWeltweit eine wichtige Förderlücke für Auslandspraktika rund um den Globus. www.ausbildung-weltweit.de