AUSSTELLUNG IN DER KUNSTHALLE
Wasser: Ausgerechnet in Bielefeld haben sie sich auf die Suche danach gemacht. Und sie sind fündig geworden. „Wir haben einmal mit ganz anderen Augen auf die Sammlung geschaut und waren überrascht, wie viel wir zum Thema gefunden haben“, verrät Kunsthallen-Direktorin Christina Végh. Den Spuren der Sammlung ist sie gemeinsam mit den beiden AusstellungsKuratorinnen Laura Rehme und Dr. Linda Walther gefolgt – und schnell sprudelten die Ideen.
Entstanden ist so eine große, international besetzte Gruppenausstellung mit rund 50 Künstler*innen – von Ernst Biedermann, Katinka Bock, Carolina Caycedo über Lovis Corinth, Max Ernst, Roni Horn und Wassily Kandinsky bis zu Otto Modersohn, Kenneth Noland und Enrique Ramírez. Die als Sammlungsrundgang konzipierte Schau wird unterbrochen von ausgewählten zeitgenössischen Positionen. In Malereien, Fotografien, Videoarbeiten, Performances, Zeichnungen und Skulpturen verbinden sich Darstellungen vom Meer, von Seen, Flüssen und Häfen mit Werken, die das Wasser als Material nutzen und es mit den drängenden Fragen unserer Zeit verschränken. „Jedes Mal, wenn wir über Wasser nachdenken, führt es uns woanders hin“, resümiert Christina Végh. Wasser als Idyll, Ressource, Handelsweg und Ware, Wasser als Medium und Indikator der Transformation, der Vitalität und Wasser als Verortung von Lebensraum oder Heimat und Flucht. „Hier wird deutlich, dass es bei Darstellungen von Wasser fast nie um das Wasser selbst geht. Dem Wasser zu folgen, bedeutet, sich vielschichtigen Themen zu widmen, die Kultur, Natur, Politik, Wirtschaft, Körper und Geist betreffen“, betonen Laura Rehme und Dr. Linda Walther.
Kein Wunder, dass Christina Végh beinahe ein bisschen Angst vor dem kulturhistorisch unglaublich weit gefassten Thema hatte. Denn: „Wo fängt man da an?“, wie sie schmunzelnd fragt. Vielleicht am Anfang, der Quelle. Die Ausstellung beginnt nämlich mit dem ältesten Werk der Sammlung, der Nummer eins im Sammlungsinventar, die 1905 nach Bielefeld kam. Das Gemälde „Am Waldesrand“ von Ludwig Dill zeigt eine Moorlandschaft. Kontrastiert wird es mit Werken aus der 15-teiligen lithografischen Serie „Still Water (The River Thames, for Example)“ der US-amerikanischen Künstlerin Roni Horn. Die Serie zieht sich durch die Ausstellungsräume. Jedes Werk zeigt eine andere Wasseroberfläche und hebt das veränderliche, mehrdeutige Wesen des Wassers hervor.
Manchmal ist es auch ein und dasselbe Motiv, das bei verschiedenen Künstlern auftaucht. „Wasser setzt Potenzial frei, sowohl Lovis Corinth als auch Axel Kasseböhmer haben den Walchensee immer wieder gemalt“, weiß Dr. Linda Walther. Kein Wunder, ist Wasser doch unsere wichtigste Ressource. „Als Motiv und Metapher verhält es sich ähnlich wie das Element selbst: es fließt, ist nie vollständig greif- oder haltbar und im steten Wandel. Es verweist auf unterschiedliche und widersprüchliche Dinge wie Ursprung, Entstehung, Leben, Zeitlichkeit oder Heimat, Freizeit, Handel, Grenze oder Gefahr“, so Christina Végh. Und gerade die gelungene Verbindung historischer und aktueller Positionen macht das besonders nachdrücklich sichtbar und regt dazu an, die eigenen Gedanken fließen zu lassen.