Ersti-Party, Stadt-Ralley, viel Miteinander – so sah bisher der Start für die Neuen ins Studium aus. Es war die Gelegenheit, erste Kontakte in einer oftmals neuen Stadt zu knüpfen. Durch Corona ist alles anders. Auch der Start in den neuen Lebensabschnitt. Wir haben nachgefragt, wie sich die Hochschulen auf die neuen Studierenden vorbereitet und welche Erfahrungen sie bereits in der ersten Jahreshälfte gemacht haben. Ein neues Kapitel beginnt – auch für die Hochschulen.

PROF. DR. BIRGIT LÜTJE-KLOSE, Prorektorin für Studium und Lehre an der Universität Bielefeld

Wie bereiten Sie sich auf den Start des neuen Semesters vor?

Lehre findet an der Uni – anders als in Schulen –nicht in festen Gruppen statt, was ein erhöhtes Ansteckungsrisiko bedeutet. Daher findet im Wintersemester noch keine Rückkehr zu vollständiger Präsenzlehre statt. Wir wollen aber so viel Präsenz und Interaktion ermöglichen, wie unter Beachtung der Hygieneregeln verantwortbar ist. Konkret: Auch im Wintersemester werden Lehrveranstaltungen zum größten Teil online stattfinden. Dies gilt insbesondere für große Lehrveranstaltungen ab 50 Personen. Für kleinere und mittlere Veranstaltungen sind neben reinen Online-Angeboten auch gemischte Formate möglich, bei denen Präsenz und Online kombiniert werden. Aktuell laufen die konkreten Planungen in den Fakultäten und den unterstützenden Bereichen. Angesichts der Abstandsregel und eines damit deutlich eingeschränkten Raumangebots sind diese extrem herausfordernd.

Wie unterstützen Sie die Erstis beim Einstieg ins Studium?

An der Universität Bielefeld tun wir alles, damit Studienanfänger*innen auch in diesem Jahr einen guten Start ins Studium haben. Wir legen einen besonderen Fokus auf deren Bedürfnisse und Erwartungen. Wenigstens eine Einführungsveranstaltung in Präsenz soll erfolgen, unsere Ersti s sollen sich kennenlernen. Dafür werden wir Lösungen finden, die inhaltlich und sozial die wichti gen ersten Schritte ins Studium ermöglichen. Die Planungen dafür laufen gemeinsam mit dem AStA, den Fachschaft en und Fakultäten.

PROF. DR. INGEBORG SCHRAMM-WÖLK,
Präsidentin der Fachhochschule Bielefeld

Wie unterstützen Sie die Erstis beim Einstieg ins Studium?

Bereits im Sommersemester hat eine Arbeitsgruppe aus Studierenden, Lehrenden und Mitarbeiterinnen der Fachbereiche und des Präsidiums eine Fülle verschiedener Formate entwickelt, die den Einsti eg ins Studium erleichtern sollen und vornehmlich dem Kennenlernen der Hochschule und der Vernetzung der Studierenden untereinander dienen sollen. Wir folgen dem Rat und der Erfahrung unserer Studierenden. So ist die frühe Begegnung mit den Studiengangsleitungen ein Muss, das Kennenlernen der Gebäude und der Organisati onsstruktur der Hochschule und aller Angebote, z.B. der Studienberatung und der Bibliothek, ebenso wichti g wie auch der Austausch mit Studierenden höherer Semester. Die Vorkurse, beispielsweise Mathe und Englisch, fi nden digital statt . Wie sonst auch planen unsere studenti schen Tutorinnen die Einführungstage- und Wochen, nur in diesem Jahr mit wesentlich kleineren Gruppen und in teils neuen Formaten, so sind beispielsweise Radtouren geplant, teils gibt es auch virtuelle Events.

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Das Resümee des digitalen Sommersemesters fiel überraschend positiv aus. Als besonders wertvoll erwies sich die Einrichtung eines KeepTeaching-Teams unter Leitung des Vizepräsidenten für Studium und Lehre, Professor Dr. Ulrich Schäfermeier. Auff ällig waren die hohen Teilnehmer*innenzahlen in den Veranstaltungen und Prüfungen des Sommersemesters. Anders als sonst zeigen die Evaluationsergebnisse am Ende des Semesters jedoch eine starke Streuung. So gibt es Studierende, die hervorragend mit der digitalen Lehre zurechtkommen, aber eben auch Student*innen, für die die gegenwärti ge Situation eine enorme Herausforderung darstellt. Das wiederum überrascht uns nicht, denn die Belastungen der Studierenden waren gewaltig. Viele Studierende verloren ihre Jobs, schlechte Internetverbindungen sind für uns alle nervenaufreibend und hinderlich, und viele Aspekte des gewohnten täglichen Miteinanders, die die hohe Qualität in Lehre und Forschung ausmachen, lassen sich bei aller Fantasie nicht adäquat in den virtuellen Raum übertragen. In den vergangenen Monaten haben wir aber auch gelernt, dass viel mehr möglich ist, als wir je angenommen hatten: „Es gibt nichts, das nicht geht.“ Diesen Impuls wollen wir aufrechterhalten. Nach Eintreten der Krise entwickelte Projekte sollen die hohe Motivation und die Freude an der Gestaltung aufrechterhalten. Ein geplanter „ThinkTank“ soll darüber hinausweisen und die unmittelbare Wucht der Erfahrung als Innovationsschub für die Gestaltung der „Hochschule der Zukunft“ nutzen.

PROF. DR. ANNE DREIER, Rektorin der Fachhochschule des Mittelstands

Wie bereiten Sie sich auf den Start des neuen Semesters vor?

Bei uns läuft alles wie geplant: Unser Trimester startet am 1. Oktober, der Studiengang Psychologie sogar schon am 31. August. Als FHM können wir das so flexibel angehen, da wir bewusst in kleinen Studiengruppen von durchschnittlich 15 Studierenden unterrichten – deshalb sind die geltenden Hygiene- und Abstandregelungen einfacher umzusetzen als bei großen Gruppen. Auch bei der Art der Lehre sind wir auf alles vorbereitet und können sehr schnell und flexibel auf alle Vorgaben reagieren: Soweit möglich, finden bei uns die Veranstaltungen wieder in Präsenz am Campus statt . Momentan sind das circa 30 Prozent. Alles andere läuft nach wie vor online, für manche Veranstaltungen gibt es auch hybride Lösungen. Durch die zugehörige FHM Online-University und 15 Jahre Erfahrung in der Onlinelehre konnten wir schnell und im eigenen Haus Lösungen für die Corona-Situation erarbeiten. Alle unsere 5.200 Studierenden wurden bereits seit Mitt e März in virtuellen Räumen unterrichtet, auch die Prüfungen bzw. jetzt das Aufnahmeverfahren laufen ganz normal weiter. Niemand hat an der FHM durch Corona Studienzeit verloren.

Wie unterstützen Sie die Erstis beim Einstieg ins Studium?

An der FHM haben wir seit jeher ein sehr engmaschiges Betreuungskonzept. So hat jede Studiengruppe einen eigenen Professor als Ansprechpartner für organisatorische und inhaltliche Belange. Im Rahmen der Einführungswoche bieten wir den Studierenden die Möglichkeit, sowohl ihre Kommilitonen als auch die Stadt Bielefeld kennen zu lernen. Und das werden wir auch in diesem Jahr, natürlich im Rahmen der Möglichkeiten, anbieten. Sämtliche Präsenzveranstaltungen zum Studienablauf, Prüfungsgeschehen oder dem Curriculum können, je nach Gruppengröße, in der FHM oder eben auch im virtuellen Raum statt fi nden. So ist sichergestellt, dass eine intensive Begleitung ins Studium an der FHM auch in diesem Jahr statt finden kann. Ob auch – wie bei uns sonst üblich – Unternehmensbesuche der Studiengruppen statt – finden können, prüfen wir gerade mit den einzelnen Unternehmen.

PROF. DR. THOMAS JENSEN, Campusleiter der Fachhochschule der Wirtschaft

Wie bereiten Sie sich auf den Start des neuen Semesters vor?

Wir werden die neuen Studierenden zum Auft akt ins Haus holen und haben uns räumlich darauf gut vorbereitet. Im Gebäude herrscht zum Beispiel Maskenpfl icht, die Flure sind mit Abstandshaltern markiert und für die Dozenten haben wir in Spritzschutz investi ert. Unsere Onboarding-Woche dient wiederum dazu, dass wir unsere neuen Bachelor-Studenten unter Corona-Vorgaben kennenlernen. Für uns bedeutet dies, dass wir Gruppen auft eilen oder zeitversetzt Vorlesungen statt fi nden lassen. Da wir generell kleine Gruppen von 20 bis 30 Studierenden bilden, ist dies relati v einfach. Wir halbieren die Gruppen, so dass nur 15 im Raum sind und setzen dann wahlweise zwei Dozenten ein oder arbeiten im hybriden Modus und übertragen die Vorlesung in den anderen Raum. Nach der Einführung in die neuen Kurse kehren wir anschließend zum Online-Unterricht zurück. Die Klausuren finden im Haus statt , ansonsten geht es inhaltlich mit Online-Modulen weiter.

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Für die Masterklassen ist das E-Learning ein fester Bestandteil ihres Studiums. Wir hatt en die Infrastruktur und haben die Vorlesungen innerhalb von drei Tagen auf den Online-Modus umgestellt. Das ist uns schnell gelungen. Etliche Studierenden habe das fast begeistert aufgenommen, sie sparen sich den ein oder anderen Weg. Auf der anderen Seite ist das Feedback mit Blick auf die sozialen Kontakte auch eindeutig: Sie fehlen. Allerdings haben sich Online-Lerngruppen gebildet, die kann jeder Student selbst initiieren. Die Möglichkeit die Prüfungsordnung auszudehnen, wo es machbar war, haben wir genutzt. So konnten wir Studienarbeiten statt Klausuren schreiben lassen. Natürlich möchten wir künft ig wieder Präsenz-Vorlesungen statt finden lassen, aber einige digitale Elemente werden bleiben, weil wir merken, dass es gut funktioniert. Wir haben an digitaler Routine gewonnen.

PROF. DR. RER. NAT. HILKE BERTELSMANN, Rektorin der Fachhochschule der Diakonie

Wie unterstützen Sie die Erstis beim Einstieg ins Studium?

Eigentlich so wie immer! Alles, was Gruppenarbeiten betrifft , ist allerdings schwieriger und stark eingeschränkt. Was draußen möglich und umsetzbar ist, machen wir. Das heißt zum Beispiel, dass die Studierenden Bethel auf Spaziergängen kennenlernen und in festen Gruppen Arbeiten erledigen können. Eine abwechslungsreiche Lehre zu gestalten, ist uns wichtig. Auch dazu gibt es Ideen. So könnte man auch eine Hälfte vormittags, die andere nachmitt ags unterrichten und digitale Tools mit Präsenzunterricht mischen.

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Alles in allem haben wir recht positive Erfahrungen gemacht, da wir bereits auf eine digitale Infrastruktur und E-Learning Konzepte zurückgreifen und dadurch unmitt elbar in die digitale Lehre einsteigen konnten. Von technischen Problemen bei Einzelnen oder auch mal in der Gruppe waren wir allerdings auch nicht verschont. Daher hat es sich bewährt, zwei Systeme parat zu halten und verschiedene digitale Tools zu nutzen. Grundsätzlich hat sich die Bereitschaft , digitale Tools zu nutzen, erhöht. Positi v und eine neue Erfahrung ist in diesem Zusammenhang, dass wir über die digitalen Tools Fachexperten zugeschaltet haben. Für die Referenten ist das effi zienter und damit wächst, so unsere Erfahrung, auch die Bereitschaft der Experten. Gleichzeitig profitieren unsere Studierenden von diesem Expertenwissen. Fest steht: Die Praxis lebendig in die Lehre hinein zu holen, hat sich durch diese „digitalen Besuche“ erhöht. Blended Learning bereichert die Lehre und daher planen wir Studienkonzepte, die noch mehr digitale Module enthalten.