Wie viel sollte man täglich trinken? Diese Frage wird immer wieder – vor allem im Sommer – diskutiert. Dr. med. Mariam Abu-Tair, Leitende Ärztin der Abteilung für Nephrologie und Diabetologie des Evangelischen Klinikums Bethel, erklärt, wie viel wir trinken sollten, was unsere Nieren damit zu tun haben und dass es durchaus gesundheitliche Gründe gibt, die Flüssigkeitszufuhr zu begrenzen.
Mariam Abu-Tair:
Ein normaler gesunder Mensch sollte zwischen 1,5 und 2 Liter täglich trinken. Mehr braucht der Körper nicht und mehr zu trinken, ergibt keinen Sinn. Denn die Menge, die wir trinken, scheiden wir auch fast wieder ganz aus. Bei 4 Litern Flüssigkeit, scheiden wir rund 3,5 Liter wieder aus. Bei 2 Litern Flüssigkeit sind es 1,5 Liter. Die übrigen 0,5 Liter verschwitzen und veratmen wir. Die Physiologie der Niere ist in diesem Zusammenhang übrigens sehr interessant. Sie ist ein hochkomplexes und spannendes Organ, das zugleich Kläranlage und Kraft werk ist. So regulieren die Nieren beispielsweise den Blutdruck, sorgen für einen ausgeglichenen Salz- und Wasserhaushalt und sie produzieren Hormone wie Erythro proieti n, was zur Produkti on von roten Blutkörperchen wichtig ist. Die vielen Rezeptoren an den Nieren sorgen dafür, dass Inhaltsstoffe und Elektrolyte im Körper verbeiben. Gleichzeiti g fi ltern sie bis zu 300 Mal pro Tag unser Blut. Damit reinigen sie 1.800 Liter Blut von Gift stoffen. Das entspricht etwa 15 Badewannen. Diese Giftstoffe und Überflüssiges aus dem Blut scheiden wir über den Urin wieder aus. Jeden Tag produzieren unsere Nieren daher rund 180 Liter Primärharn, von denen ungefähr 1,5 Liter wieder ausgeschieden werden.
Wer übrigens stärker schwitzt – sei es aufgrund der sommerlichen Hitze oder weil man sich körperlich angestrengt hat – sollte bei der Flüssigkeitszufuhr nachjusti eren. Aber eigentlich dosiert man seine Trinkmenge automatisch nach oben. Wichti g ist es, auf das eigene Durstgefühl zu hören. Das sagt uns, wann wir trinken sollen. Was wir trinken, ob Saft , Cola, Wasser, Tee oder Kaffee ist grundsätzlich egal. Allerdings sorgt ein Zuviel an Säft en, Cola oder Kaffee für andere Implikati onen – daher sollte man mit gesundem Menschenverstand seine Getränke wählen. Ich selbst trinke gern Tee.
Mariam Abu-Tair:
Das Durstgefühl ist individuell und damit auch sehr unterschiedlich. Wer zu wenig trinkt und sein Durstgefühl ignoriert, bekommt jedoch eventuell Kopfschmerzen, kann sich nicht mehr so gut konzentrieren oder eidet unter Kreislaufproblemen. Immer – auch wenn ich mich da wiederhole – davon ausgehend, dass es sich um einen gesunden Menschen handelt, der eigentlich seine 1,5 bis 2 Liter täglich trinken sollte. Bei älteren Menschen, die ein vermindertes Durstgefühl entwickeln, ist eine kontrollierte Trinkmengevon Relevanz.
Mariam Abu-Tair:
Ja, aber das steht immer im Zusammenhang mit bestimmten Erkrankungen. Für herzkranke Patienten sind zwei Liter Flüssigkeit am Tag schon zu viel. Für einen Nierenkranken, der kein Wasser lassen kann, ebenfalls. Dann wieder gibt es psychisch kranke Patienten, die aufgrund von Medikamenten sogar acht Liter trinken müssen. Die Frage, wie viel ein Pati ent trinken darf, ist sehr individuell abhängig vom Krankheitsbild. Es gibt durchaus Erkrankungen, die eine Trinkmengenbeschränkung erfordern. Dabei muss man dann auch beachten, dass in vielen Lebensmitteln wie Gurken, Melone, aber auch in Gerichten selbst, Flüssigkeit steckt.
Mariam Abu-Tair: Die meisten Menschen machen es intuitiv richtig und nehmen verteilt über den Tag Flüssigkeit zu sich. Ob die Getränke eiskalt oder warm sind, spielt keine Rolle – auch das hängt von persönlichen Vorlieben ab.