Tabea Dorow
Rein in Feuerwehrstiefel, Hose, Jacke und Helm. Tabea Dorow braucht weniger als eine Minute, um ihre Schutzkleidung anzuziehen. „Den Einsatz gewinnt oder verliert man am Spind“, erklärt die 25-Jährige trocken. Denn im Zweifel zählt bei einem Einsatz jede Sekunde.
Die Spinde in den Umkleiden kommen ohne Türen aus. Die Hosen liegen im Schrank passend über den Stiefeln. „Man muss nur noch reinsteigen“, sagt die Bielefelderin mit Blick auf den Wettlauf gegen die Zeit. Die Begeisterung für die Feuerwehr wurde ihr in die Wiege gelegt. „Mein Opa war bei der Berufsfeuerwehr, mein Vater ist, so wie ich, bei der Freiwilligen Feuerwehr. Gewohnt haben wir mit meinen Eltern damals über dem alten Gerätehaus in der Senne.“ Als Kind erlebte Tabea Dorow den Anfang vieler Einsätze mit. „Wir sind nachts wach geworden und haben aus dem Fenster fasziniert den blauen Lichtern hinterhergeschaut“, erinnert sie sich. Ebenso nachhaltig beeindruckt hat sie, dass sie als Kind mit der Drehleiter fahren durfte. Heute wäre dies undenkbar. Aktiv eingestiegen ist sie bei der Freiwilligen Feuerwehr allerdings erst vor einigen Jahren. „Als ich für meine Ausbildung von Bielefeld nach Holzminden zog, habe ich eine Freizeitbeschäftigung gesucht“, erzählt die Bielefelderin. Das Thema Feuerwehr war ein seit Kindertagen vertrautes Terrain.
Inzwischen arbeitet die Zahnarzthelferin wieder in ihrer Heimatstadt und engagiert sich ehrenamtlich in der Löschabteilung Senne bei der Freiwilligen Feuerwehr Bielefeld. „Natürlich braucht es dafür eine spezielle Ausbildung“, so Tabea Dorow. Die Grundausbildung, die aus verschiedenen Lehrgängen besteht, beansprucht gut zwei Jahre. Dazu gehört u. a. auch eine Ausbildung zum Tragen von Atemschutzgeräten. „Der AGT- Lehrgang befähigt dazu, bei Bränden in die ‚Flammen zu gehen‘“, erklärt Tabea Dorow, die bereits mehrere Haus- und Pkw-Brände mmiterlebt hat. Die Ausrüstung samt Flasche wiegt allein 15 Kilogramm, dazu kommt bei einem Brand noch die Hitze. „Glücklicherweise ist die Anzahl der Wohnungsbrände durch die Installation von Rauchmeldern rückläufig“, erklärt die 25-Jährige. Gefordert ist die Freiwillige Feuerwehr der Löschabteilung Senne jedoch zu genüge. Der Sommer 2020 forderte in zwei Wochen allein 20 Einsätzen. „Häufig sind wir auf Autobahnen im Einsatz, wenn es um Unfälle, Ölspuren oder auch Flüssigkeitsaustritte von Pkw oder Lkw geht“, erzählt Tabea Dorow. „Ich fahr so ziemlich alles mit, was ich zeitlich schaffe.“ Wie alle Ehrenamtlichen ist sie 365 Tage im Jahr abrufbar, um Menschen, die in Not geraten, zu helfen. Zu jeder Tages- und Nachtzeit. „Jeder von uns besitzt einen Melde-Empfänger. Ein Stichwort informiert kurz und knapp darüber, was uns erwartet“, erklärt Tabea Dorow, die anderen gern und aus Überzeugung hilft. Menschen in schweren Situationen beizustehen, Mut zu machen und einfach nur da zu sein, ist für sie eine Selbstverständlichkeit. „Ich mache das, weil ich es möchte.“ Und trotz vieler schlimmer Schicksale, gibt es immer auch Lichtblicke und – dank des schnellen Eingreifens – positive Erlebnisse. „Viele, denen wir helfen konnten, bedanken sich herzlich“, so ihre Erfahrung. Die Ausbildung zur Mobilen Retterin ist für Tabea Dorow im Rahmen ihres ehrenamtlichen Engagements wesentlich, um effektiv helfen zu können. „Das mehrstündige Training, das übrigens jeder besuchen kann, der mindestens über eine erweiterte Erste-Hilfe-Ausbildung verfügt, enthält u. a. ein umfangreiches Reanimationstraining. Das heißt, man kann, bis der Rettungsdienst eintrifft, bei Notfällen helfen und qualifizierte lebensrettende Sofortmaßnahmen einleiten. Das finde ich sehr wichtig, denn je länger das Gehirn ohne Sauerstoff ist, desto schwieriger wird es am Ende.“
An ihren allerersten Einsatz – einen Dachstuhlbrand – erinnert sich Tabea Dorow noch gut. „Eigentlich hatte ich mir für
das erste Mal etwas Harmloseres gewünscht.
Da saß mir das Herz anfangs schon in der Hose“, sagt sie rückblickend.
Inzwischen hat sich – begleitet von erfahrenen KollegInnen – in mancher Hinsicht Routine eingestellt. Auch, wenn jeder Einsatz anders ist. „Es ist immer spannend und nie monoton“, stellt sie fest. Fest steht dagegen, wie jedes Löschfahrzeug besetzt wird. Es sind maximal neun Leute auf dem Fahrzeug, neben dem Gruppenführer zwei HelferInnen vom Trupp für Brandbekämpfung sowie jeweils zwei vom Schlauch- und Wassertrupp. „Denn nur, wenn die Leitungen vernünftig liegen, kommt das Wasser auch an“, stellt Tabea Dorow pragmatisch fest. Um für die Einsätze körperlich fit zu sein, joggt und schwimmt die 25-Jährige und macht zusätzlich Krafttraining. Darüber hinaus finden regelmäßig Übungsdienste in der Löschabteilung Senne statt. Sowohl mit einem theoretischen als auch praktischen Teil. „Wir stellen Einsätze nach und arbeiten Übungen aus, um auf reale Einsätze vorbereitet zu sein“, so Tabea Dorow. Leerstehende Gebäude nutzt die Löschabteilung Senne nach Absprache für praktische Übungen. „Erlebt man während eines Einsatzes Schreckliches, kann man auf psychosoziale Unterstützung zurückgreifen“, betont die junge Bielefelderin mit Blick auf ihr Ehrenamt. Auch sie musste bereits belastende Einsätze verarbeiten. „Es hilft, eigene Erfahrungen zu teilen und über den Umgang damit zu sprechen. Fest steht, man wächst daran, wird stärker und weiß vieles mehr zu schätzen.“
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