DAHEIM BEIM ROTEN RIESEN

Bereits im Mai 2020 erschien ihre erste Single „Rote Riesen schlafen nicht“, die weit über ihre Heimatstadt hinaus für Aufsehen sorgte. Auch beim Label Staatsakt, bei dem im November das Debüt-Album der „Das große Ganze“ erschien. Bei der Kulturgala am 23.1. im Stadttheater zeigt Shootingstar Axana alias Girlwoman gemeinsam mit weiteren KünstlerInnen, wie vielfältig die Bielefelder Kulturszene ist.

Welche Idee steckt hinter dem ungewöhnlichen Namen?

Als Erwachsene trennen wir oft unser inneres Kind ab und sagen, etwas sei kindisch oder infantil. Aber ich finde, wir sollten diese beiden Teile in uns vereinen. Wir sollten unserem inneren Kind und Kindern überhaupt eine Stimme geben. Natürlich gibt’s auch das feministische Moment hinter dem Namen. Gerade im Musikbusiness, in dem sehr viele Männer unterwegs sind, finde ich es toll, mit Frauen zusammenzuarbeiten.

Apropos: Euer Label hat den Kontakt zur französischen Grammy-Preisträgerin Veronica Ferraro hergestellt, die das Album gemischt hat …

Ich war total glücklich, dass wir eine weibliche Mixerin hatten, das habe ich genossen. Es ist hart, eigene Sachen an andere abzugeben, aber was dabei herausgekommen ist, ist wie eine Wundertüte. Man hört die eigenen Songs noch einmal ganz anders und neu. Das ist beeindruckend; wir hatten das Gefühl, dass sie einfach verstanden hat, wie die Songs klingen sollen.

Apropos: Euer Label hat den Kontakt zur französischen Grammy-Preisträgerin Veronica Ferraro hergestellt, die das Album gemischt hat …

Ja, die Technik heute erlaubt es, sich im kleinsten Zimmer ein Tonstudio einzurichten. Wir machen alles selbst. Rasmus produziert dieSachen, er ist in Sachen Tontechnik unterwegs. Wir sitzen da mit meinen Ohren und seinem Händchen und da kommt was dabei herum. Ich glaube die intime Atmosphäre des Albums liegt daran, dass es zuhause entstanden ist. Gerade in der Pandemie-Zeit war es schön, in diese andere Welt einzutauchen.

Wie fühlt es sich an, jetzt mal wieder rauzukommen und bei der Kulturgala aufzutreten?

Es ist schön, dass wir gefragt wurden. Wir haben Lust drauf und freuen uns auf die anderen Leute. Und es wird schön, einmal mit Rasmus auf der Bühne zu stehen, er ist sonst immer der Techniker im Hintergrund. Als Musikerin habe ich bislang fast nur Lockdown-Zeiten erlebt. Dabei liebe ich die Live-Rückmeldung von Mensch zu Mensch. Die Musik und diesen Moment miteinander zu teilen, ist etwas Besonderes.

Wie würdest Du Deinen Stil beschreiben?

Ich liebe analogen Sound, aber auch elektronische Klangwelten, die dem ein neues Mäntelchen anziehen. Manches klingt orchestral, dann gibt es Strukturen von Pop-Songs. Vielleicht würde ich Indie- oder Electro-Pop sagen. Staatsakt-Labelboss Maurice Summen hat mal „Real-Chanson“ gesagt, damit bin ich glücklich.

Und woher kommen die Inspirationen für Deine Texte?

Aus dem Alltag, Erlebtem, Erzählten. Das ist wie ein Bilderbuch in meinem Kopf. Ich bin ein sehr visueller Mensch. Aber es geht auch um Dinge, die ich verarbeite. Wenn man das Album hören möchte, braucht man eine Tauchausrüstung, um in die Weiten der Melancholie abzutauchen. In der Vinyl-Edition sind acht Kunstdrucke enthalten,die ich selbst gemalt habe. Das ist wie ein Bilderbuch mit Musikbeilage oder andersrum.

Gibt es einen Bezug zu Bielefeld?

Ja, klar, ich bin überzeugte Bielefelderin und fühle mich wohl hier. Natürlich habe ich schon einmal darüber nachgedacht, nach Berlin zu gehen, aber ich bleibe hier, bei meinem roten Riesen. Den gibt es nämlich nur in Bielefeld, aber ich verrate nicht, wer oder wo er ist (lacht). Ich bekomme viele Rückmeldungen von Menschen, die sich Gedanken machen, wer er sein könnte und finde es toll, dass sie dazu ganz eigene Bilder im Kopf haben.

Kulturgala Bielefeld

Das volle Programm

Bereits zum 6. Mal präsentieren sich VertreterInnen der heimischen Kulturszene auf der Bühne im Stadttheater. Von Musik und Tanz über Schauspiel bis zu Bildender Kunst wird am 23.1. um 19:30 Uhr eine große Bandbreite gezeigt, um die Vielfalt und Qualität des städtischen Kulturlebens sichtbar zu machen und das kulturelle Profil Bielefelds weiter zu stärken und zu schärfen.

Drei Programmpunkte kommen aus dem Bereich Theater, Tanz und Performance. Das Forum für Kreativität und Kommunikation widmet sich seit über 30 Jahren gesellschaftlich brennenden und aktuellen Themen. In diesem Jahr präsentiert es einen Ausschnitt aus der neuen Produktion „NORWAY.today!“, die sich mit dem Thema Suizid auseinandersetzt. Laura Parker hat mit „Auf dem Kesselbrink“ ein dokumentarisches Theaterstück über den Bielefelder Platz und seine Menschen entwickelt. Fünf Personen erzählen von großen Träumen, kleinen Glücksmomenten und der Hoffnung, nicht zu scheitern. Die Tanzsparte der Bühnen und Orchester Bielefeld steuert eine Sequenz aus Simone Sandronis Uraufführung „Puls“ bei – ein Abend mit E-Gitarren in der Atmosphäre eines Rockkonzerts.

Auch in musikalischer Hinsicht ist Vielfalt Programm: Neben Girlwoman tritt die IO Band auf, die traditionelle und zeitgenössische anatolische Musik mit modernem Pop, Rock und Jazz verbindet – ein ganz eigener Stil, den die Band selbst als Ethno Fusion beschreibt. Außerdem dabei: Simon Zawila, den viele von seiner Teilnahme bei „The Voice of Germany 2017“ kennen. Egal ob 80er, Pop oder Jazz, Simon Zawila ist ein echter Allrounder.

Das Naturtrüb Kollektiv – ein Zusammenschluss von über 20 interdisziplinären Texterinnen und Gestalterinnen mit Sitz im Kulturhaus Ostblock – ist mit einer visuellen Lesung dabei. Ebenfalls Mitglied im Kulturhaus ist der gelernte Produktdesigner Ben Hinsenkamp, der im Rahmen der Kulturgala seine 3D-Drucke aus der Reihe „Ein Stück Bielefeld“ präsentieren wird – Miniaturmodelle bekannter Bielefelder Gebäude, wie zum Beispiel die Rudolf-Oetker-Halle, das Rathaus oder die Ravensberger Spinnerei.

Abgerundet wird die Kulturgala 2022 mit Auftritten der Filmemacherin Hristiana Raykova, die im Jahr 2019 mit dem Film „Die Grube“ den Kompagnon-Förderpreis der Berlinale gewann, und dem Lesebühnenautor Sacha Brohm, der in seinen Texten Elemente aus den unterschiedlichsten literarischen Gattungen vereint. Das Plakat wurde von der Künstlerin Lena Schäfferling gestaltet. Die studierte Grafikdesignerin lebt und arbeitet in Bielefeld und ist zudem Mitglied im Naturtrüb Kollektiv.

Die „Kulturgala Bielefeld“ ist eine Gemeinschaftsproduktion von den Bühnen und Orchester Bielefeld, dem Kulturamt Bielefeld und Newtone.