Schrittmacher
Das Community Dance Projekt am Theater Bielefeld wird volljährig. „Der Zuspruch ist ungebrochen”, freut sich Projektmanagerin Kerstin Tölle. „Es kommen immer wieder neue Menschen, die mitmachen wollen.” Das Besondere: Wirklich jeder ist beim „Schrittmacher” willkommen. Es gibt kein Vortanzen, keine Ausschlusskriterien. Allein der Wunsch, gemeinsam eine Choreografie zu erarbeiten, zählt.

“Das Glücklich machende, das Tanz innewohnt, spürt jeder. Das wollen wir den Menschen mitgeben und deshalb möglichst offen sein”, unterstreicht Kerstin Tölle.
Nach Kooperationen mit dem Volxtheater oder der Arbeit mit Gehörlosen richtet sich die aktuelle Produktion „Fortuna” gezielt auch an Teilnehmende mit Rollator oder anderen Einschränkungen der Mobilität. „Wie man sich mit einem Rollator bewegt, werden wir versuchen herauszufinden”, lacht Gianni Cuccaro. Er begleitet die von Gregor Zöllig noch unter dem Namen „Zeitsprung” ins Leben gerufenen Community Dance Projekte von Anfang an. Erst als Tänzer im Ensemble und seit 2017 als Künstlerischer Leiter. „Beschränkungen können inspirieren, um neue Wege und Ausdrucksformen zu finden”, so seine Erfahrung. „Ich denke nicht, ‘Du bist Rollifahrerin’, sondern ‘Du bist Maria’ und gemeinsam finden wir Bewegungen. Wenn ich von Anfang an Beschränkungen mitdenke, mache ich Türen zu.” Grundsätzlich spannend findet es Kerstin Tölle, dass Laientänzer*innen mit ihrem Körper ganz andere Geschichten erzählen können als Profils. „Das Authentische ist das, was oft besonders berührt.”
Insgesamt werden bei „Fortuna” nach den mehrwöchigen Proben in vier Kleingruppen ganz unterschiedliche Menschen gemeinsam auf der Bühne ein harmonisches Ganzes bilden: Teilnehmende mit und ohne Einschränkungen, mit und ohne tänzerische Vorerfahrung.

„Das funktioniert, wenn man das Gefühl hat: Wir sind eine Gruppe”, unterstreicht der Künstlerische Leiter. „Natürlich sehen wir in Minuten, ob jemand Tanzerfahrung hat. Aber jeder Mensch hat Möglichkeiten, mit seinem Körper etwas zu sagen. Wichtig ist uns, dass die Leute mit dem Gefühl nach Hause gehen, dass das Stück ohne sie ein kleines bisschen anders geworden wäre.” Angelehnt an eine aktuelle Produktion entwickeln die Laientänzerinnen unter der Anleitung der Profitänzerinnen von TANZ Bielefeld gemeinsam eine zweite Antwort auf das jeweilige Thema. „Fortuna” dürfte dazu reichlich Inspirationen liefern. „Wir gehen mit den Teilnehmenden ins Gespräch: Was bedeutet Glück für Dich, wie flüchtig ist es? Wie fühlt es sich an, dem Glück immer hinterherzuhetzen”, so Kerstin Tölle. „Das sind Fragen, die jeder aus dem Alltag kennt.” www.theater-bielefeld.de