*Wer zu nah kommt, geht zu weit!

Ob Club, Bar oder Restaurant, wer ausgeht, möchte Spaß haben, flirten und feiern. Und zwar, ohne belästigt zu werden. Good night out* heißt die gemeinsame Kampagne von #bielefeldcouragiert und dem Frauennotruf Bielefeld e.V., die sich jetzt für eine gute Zeit beim Ausgehen, einen respektvollen Umgang, mehr Zivilcourage und gegen sexuelle Belästigung in Bielefeld stark macht. „Es braucht eine Haltung und diese gilt es zu vertreten“, sagt Stephanie Koch vom Frauennotruf.

Jeder Einzelne trägt Verantwortung
dafür, dass das Ausgehen eine gute Zeit für alle ist.

Stephanie Koch

Über Plakate, Postkarten und Aufkleber macht der Frauennotruf das Thema für BielefelderInnen jetzt sichtbar und ermutigt couragiert gegen sexuelle Belästigung Stellung zu beziehen. „Wir haben uns überlegt, welche Möglichkeiten es gibt, die Menschen anzusprechen. Schließlich trägt jeder Einzelne Verantwortung dafür, dass das Ausgehen eine gute Zeit für alle ist“, betont Stephanie Koch. Mit der Kampagne greifen die Initiatoren ein Thema auf, das längst weltweit in Städten wie Vancouver oder London verankert und seit #metoo stärker ins Bewusstsein vorgedrungen ist. „In Münster gab es bereits mit ‚Luisa ist hier‘ vor drei Jahren eine Kampagne, mit der Frauen unmittelbar Hilfe bekommen konnten“, weist Stephanie Koch auf ähnliche Konzepte hin. Good night out * versteht die Diplom Psychologin als Auff orderung für alle, die feiern gehen: „Guckt alle hin! Auch wenn wir davon ausgehen, dass die meisten Gäste sich eine friedliche, ausgelassene Atmosphäre zum Feiern und Ausgehen wünschen.“ Dennoch gibt es immer wieder Situationen, in denen ihnen die Freude am Feiern vergeht.

Ein Flirt hat mit Gegenseitigkeit und Leichtigkeit zu tun, Belästigung nicht.

Stephanie Koch

Vor allem Frauen kennen Situationen, in denen sie sich unwohl fühlen. „Ein Flirt hat mit Gegenseitigkeit und Leichtigkeit zu tun, Belästigung nicht“, bringt Stephanie Koch Grenzüberschreitungen auf den Punkt. Mal sind es sexuelle Bemerkungen oder Gesten, das Anfassen ohne Erlaubnis oder beleidigende Kommentare, ein anderes Mal wird Betroff enen der Weg versperrt oder ihr „Nein“ nicht respektiert. „Es gibt sexualisierte Gewalt im Alltag, das ist eine Tatsache“, so Stephanie Koch. Ihr geht es darum, das Bewusstsein zu verändern und das Thema aus der Defensive zu holen. „Die Frage ist, wie wir damit umgehen.“ Denn immer noch besteht Unsicherheit, sich in private Angelegenheiten einzumischen. Mit der Kampagne möchte der Frauennotruf sensibilisieren und alle ausgehenden BielefelderInnen bestärken, wann immer es notwendig ist, Stellung zu beziehen, sich couragiert einzumischen und einzugreifen.

Denn nur ein „Ja“ heißt ja, ein Wegdrehen, Weggehen und ein klares „Nein“ bedeutet das Gegenteil. Neben der DEHOGA OWL konnten die Initiatoren das Forum, den Lokschuppen, das Movie Event Cafe, den Movie Live Club, das Nichtschwimmer, das Peppers, das Stereo, die Extra Blues Bar, Max Raebel und Nr. z. P. als KooperationspartnerInnen für die Kampagne gewinnen. „Sie machen das Thema für ihre Gäste sichtbar und signalisieren Betroffenen ‚Wir nehmen sie ernst und wir kümmern uns‘“, so Stephanie Koch. Für die Expertin vom Frauennotruf ist das Plakat ein Qualitätssiegel und kein Indiz dafür, dass es an diesen Orten besonders gefährlich ist. „Falls ich in eine Situation gerate, in der ich mich unwohl fühle, sollte es doch die Möglichkeit geben, etwas zu verändern, Ansprechpartner zu haben oder Hilfe zu bekommen“, lautet ihr Ansatz. Mit den KooperationspartnerInnen, die sich mit ihrer Beteiligung an der Kampagne ebenfalls öffentlich positionieren und Haltung zeigen, will der Frauennotruf intensiv ins Gespräch kommen. Geplant sind bereits zwei Veranstaltungen. „Die Betriebe haben eigene Konzepte, sind die Fachleute in ihren Einrichtungen und kennen sich mit den klassischen Problemlagen in ihrem Arbeitsumfeld aus. Wir würden unsere Expertise einbringen. Die Offenheit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, ist auf allen Ebenen da“, unterstreicht Stephanie Koch.

www.frauennotruf-bielefeld.de

Daniel Elsner

fast4ward GmbH + Lokschuppen Event GmbH

Die Kampagne spricht Dinge an, die leider vorkommen.
Wir sind gern dabei und beteiligen uns, um das Thema sichtbar zu machen und zu zeigen, wo Grenzen sind, die eigentlich selbstverständlich sein sollten. Menschen über eine solche Kampagne zu sensibilisieren, ist jedoch wichtig und unsere Gäste sollen natürlich wissen, dass sie – egal, wo und wann – überall Ansprechpartner finden. Das ist ganz entscheidend, wenn es zu Belästigungen kommt. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind ebenso wie unsere Sicherheitskräfte geschult. Wir greifen das Thema regelmäßig auf.

Frank Trösken-Severin

Forum

Die Kampagne spiegelt die Haltung des Forums. Wir greifen das Thema schon seit fünf Jahren regelmäßig während Fortbildungen auf und sind dafür im Austausch mit IHK, Mädchenhaus, dem Frauennotruf und einer Bielefelder Fachanwältin. Schon jetzt hängen Plakate von „Spuren sichern“ bei uns aus, ebenso gibt es Hinweise auf den Toiletten, dass sich Gäste, die sich belästigt fühlen, an Mitarbeiter an der Theke, aber auch an der Garderobe wenden können. Auch uns geht es darum, Menschen zu sensibilisieren und ein Klima zu schaffen, wo es sich ruhig und easy feiern lässt. Die Haltung, sich zu positionieren und eindeutig zu verhalten, macht eben auch deutlich, dass sich keiner hilflos fühlen muss und auch nicht hilflos ist. Sich mit dem Thema zu beschäftigen, ist für uns ein dauerhafter Prozess, auch wenn die Auseinandersetzung damit Arbeit bedeutet.

Apostolos Tsialampanas

Nichtschwimmer

Es ist wichtig, das Thema ins Bewusstsein zu rücken, denn es kann nicht sein, dass Frauen nicht entspannt ausgehen und feiern gehen können oder mit sexuellen Belästigungen während der Arbeit konfrontiert werden. Denn „Nein“ heißt nein! Die Kampagne spricht uns aus der Seele. Das Thema offensiv anzugehen, ist richtig, denn auch wir wollen signalisieren, dass wir sexuelle Belästigungen nicht dulden und sich Betroffene vertrauensvoll an uns wenden können. Ganz nach dem Motto: Kommt zu uns und sagt Bescheid! Es wäre schließlich schön, in einer Stadt zu leben, in der man beruhigt ausgehen kann. Davon lebt nicht zuletzt auch die Gastronomie.