STARTSOCIAL
Ohne Ehrenamtliche geht es nicht. Sie sind der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält – und ein wichtiger Grundpfeiler unserer Demokratie. Aber manchmal brauchen auch die Helfer Hilfe. Die Initiative startsocial vergibt Beratungsstipendien an gemeinnützige Initiativen. Im Mittelpunkt steht nicht die einmalige finanzielle Förderung einzelner Projekte, sondern der systematische Wissenstransfer und die Vernetzung zwischen Wirtschaft und Zivilgesellschaft.
„Wir haben so viele tolle gemeinnützige Organisationen und Vereine mit fantastischen Ideen, aber manchmal stoßen sie an ihre Grenzen. Es stellen sich Fragen nach einem weiteren Wachstum der Organisation oder auch die Ausweitung der Themen. Da kann der Blick von außen helfen“, berichtet Alf Meyer zur Heyde, der seit sechs Jahren ehrenamtlich als Coach für startsocial tätig ist. Aufmerksam wurde er auf den Verein, der von Hamburg aus agiert, durch seinen Arbeitgeber. Die Deutsche Bank gehört neben der Allianz Deutschland, Atos, SAP, ProSiebenSat.1 Media und McKinsey & Company zu den aktuellen Hauptförderern. Startsocial.de bringt gemeinnützige Initiativen mit den Coaches – jeweils zwei mit idealerweise unterschiedlicher Expertise – zusammen. Passgenau und nach Möglichkeit regional.
Erfolgsstory Fruchtalarm
2014 hatte sich das Bielefelder Kinderkrebsprojekt „Fruchtalarm“ um ein Stipendium beworben und hatte sich gegen viele andere Bewerber durchsetzen können. Für den Projektzeitraum von sechs Monaten werden jeweils 100 Initiativen von startsocial-Juroren ausgewählt. „Fruchtalarm“ hat bislang eine beeindruckende Entwicklung genommen. 2010 in Bielefeld gestartet rollt mittlerweile einmal wöchentlich eine mobile Kindercocktailbar über die Flure vieler Kinderkrebsstationen in Deutschland. Aus verschiedenen Säften, Nektaren und Sirupsorten mixen die jungen Patient*innen ihren Lieblingsdrink direkt am Krankenbett. „Fruchtalarm“ fördert so die Aktivität, Selbstbestimmung und Lebensfreude und bietet in einem fremdbestimmten Klinikalltag eine Abwechslung für die schwer erkrankten Kinder und Jugendlichen. Die überwältigende Resonanz auf das Projekt hat die Initiatoren dazu gebracht, größer zu denken. „Zu der Zeit war Fruchtalarm auf etwa zehn Kinderonkolgien im Einsatz. Wir haben uns das Ziel gesetzt, irgendwann auf allen 52 in Deutschland präsent zu sein. Um ein Projekt bundesweit von Bielefeld aus steuern zu können, müssen Strukturen verändert werden. Und da ist ein externer Blick hilfreich, denn nach einer Weile wird man ja etwas unternehmensblind“, lacht Marco Rieso, der sich bereits seit Jahren als Kuratoriumsmitglieder der Von-Laer-Stiftung für die gemeinnützige GmbH engagiert.
Realistisch ermutigen
Als Coach kam der Bielefelder Alf Meyer zur Heyde ins Spiel. „Wir hatten ein sehr offenes Gespräch“, erinnert sich der Dipl. Bankbetriebswirt. „Mir ist es immer wichtig, ganz deutlich zu machen, dass die Inanspruchnahme von Beratung kein Eingeständnis von Schwäche ist. Denn alle ausgewählten Initiativen leisten bereits sehr gute Arbeit, sonst stünden sie gar nicht dort, wo sie jetzt sind. Mir geht es darum, realistisch ermutigen. Den Anstoß zu einer Idee zu geben, um über sich hinaus zu wachsen. Das vielleicht Wertvollste am Coaching ist, dass sich die Ehrenamtlichen verbindlich Zeit nehmen, um Ideen weiterzuentwickeln und diese auch tatsächlich umsetzen.“ „Das kann ich nur bestätigen“, ergänzt Marco Rieso. „Über viele Fragestellungen hatten wir uns schon Gedanken gemacht, aber neben dem Tagesgeschäft blieb den Projektmitarbeitern nur teilweise die Zeit, sich zum Beispiel um das Marketing zu kümmern. Der positive Druck durch die Coaches hat bewirkt, dass wir uns tatsächlich mit den Themen, die uns voranbringen, auseinandergesetzt haben.“
Die Zusammenarbeit auf Zeit hat gefruchtet. Innerhalb von fünf Jahren ist Fruchtalarm mächtig gewachsen. War Fruchtalarm zunächst auf 10 Kinderkrebs-Stationen aktiv, sind es heute 31. Außerdem gehörte das Bielefelder Projekt zu den 25 Besten des Stipendiaten-Jahrgangs 2014 und die Bielefelder wurden von Schirmherrin Angela Merkel im Kanzleramt empfangen. Die Auszeichnung hat bundesweit Strahlkraft. „Für Partner und Spender ist dies ein Zeichen, dass es sich um ein seriöses, förderungswürdiges Projekt handelt“, so Marco Rieso. „Ich kann jeder Initiative aus OWL nur empfehlen, sich bei startsocial.de zu bewerben, der externe Blick der Coaches öffnet die Augen.“
Coach werden
Alf Meyer zur Heyde empfindet die Arbeit mit gemeinnützigen Organisationen als echte Bereicherung – und wurde zum „Serientäter“. Nach der „Kindertagesstätte Weltweit“ des Deutschen Roten Kreuzes in Bielefeld betreute der 45-Jährige im letzten Coaching Soulbuddies e. V. aus Rheda-Wiedenbrück und wurde mit diesem Bundessieger. Das ist die Runde der Finalisten und damit die höchstmögliche Auszeichnung innerhalb von startsocial.de. Ganz aktuell berät er die Holzmanufaktur Harsewinkel e. V. mit einem Co-Coach, einem SAP-Experten, aus Bonn. „Ich habe viele neue Inspirationen bekommen. Und auch durch die Co-Coaches entwickeln sich viele neue Kontakte, die eine Stärkung des Netzwerkes in der Region bedeuten. Insgesamt eine wertvolle Erfahrung, die ich jedem ans Herz legen möchte.“ Etwa vier Stunden in der Woche sollte der Coach „seinem“ Stipendiaten über einen Zeitraum von einem halben Jahr zur Verfügung stellen. „Das ist eine gute Möglichkeit, sich für eine begrenzte Zeit einzubringen und gesellschaftliche Prozesse zu unterstützen. Oder man fängt als Juror an und bewertet die Bewerbungen der Initiativen. Der zeitliche Aufwand dafür ist überschaubar. So kann man sich schrittweise annähern.“