ANDERS REISEN

Wer nicht seine zwei Wochen Urlaub in der vorgeschriebenen Auslands-Quarantäne verbringen möchte und keine Herberge mehr an der heimischen See oder den benachbarten Bergen gefunden hat, der bleibt in diesem Jahr zu Hause. Das Gute: Das Heimweh kann sich nicht einstellen, denn man ist ja schon da. Am Ort der möglichen Sehnsucht. Vielleicht stellt man sogar fest: Zu Hause ist doch auch schön. Oder, um mit dem Bochumer Autor Frank Goosen zu sprechen: „Woanders is’ auch scheiße.“ Die Vorteile liegen auf der Hand: Kein Gequetsche im Flieger, keine Staus auf der Autobahn, keine Magenverstimmung dank Speisen unbekannter Herkunft, keine Sprachschwierigkeiten. Obwohl: Kommunikation mit eingeborenen Ostwestfalen kann mitunter auch zu Verwirrungen führen. Also keine Zeitverluste, um sich an fremde Gegebenheiten gewöhnen zu müssen. Um aber das unbändige Verlangen nach Mallorca-Feeling, Abenteuerlust und Exotik zu stillen, haben wir ein paar Tipps, um die Zeit bis zum nächsten „richtigen“ Urlaub zu überbrücken.

Almrausch im Flachland

Mountainbiker rasen mit derartigem Tempo ins Tal, dass Wanderer panisch zur Seite und manchmal leider in den Abgrund springen. Den Kühen bleibt vor Schreck das Gras in einem ihrer zahlreichen Mägen stecken und die Murmeltiere pfeifen aus dem letzten Loch. Derweil hat garantiert irgendein Depp das letzte Edelweiß gepflückt, und die Bergwacht ist im Dauereinsatz, weil noch mehr Flachlandtiroler als sonst mit ungeeignetem Schuhwerk die Zugspitze erklimmen wollen. Derlei Szenen könnten sich abspielen, wenn in diesem Sommer Urlaub in Deutschland angesagt ist. Nichts da mit Bergglück und beschaulicher Ruhe in der Natur. Die finden wir eher daheim im eigenen Garten, in Parks und Grünlagen. Die sind nämlich wie leergefegt, weil siehe oben.

Also: Einfach mal ins Gras legen, die Augen schließen und sich vorstellen, es sei eine prächtig blühende Almwiese. Wenn’s noch authentischer sein soll: Dirndl und Lederhosen anziehen, Jodeldiplom erwerben und eine deftige Jausen als Picknick einpacken. Dazu vielleicht ein Weizenbier oder Milch vom benachbarten Biohof genießen. Dort sind die Kühe nämlich gerade entspannter als ihre Kollegen auf der Alm. Da fehlt noch was? Ach ja, der sportliche Aspekt. Aber Höhenmeter lassen sich locker auch beim Treppensteigen machen. Einfach öfter mal vom Keller auf den Dachboden steigen. Vielleicht nicht so spektakulär, was die Aussicht betriff t, aber wenigstens ohne Stau vorm alpinen Klettersteig. Schlange stehen haben wir in letzter Zeit schließlich oft genug geübt.

Ballermannolè

Tausende von Sportvereinen werden in diesem Jahr die alljährliche Saisonabschlussfahrt an den Ballermann schmerzlich vermisst haben. Wer nicht bis zum Frühsommer 2021 warten möchte, verlegt die Party einfach nach Hause. Boxen rausstellen – Handylautstärke reicht hierbei bei weitem nicht – Party-Hits 2020 oder eine beliebig schlechte Schlager-CD vom Irren im Kornfeld rein und Lautstärke auf Anschlag. Alkoholische Getränke jeglicher Art warmstellen und – ganz wichtig – auf jeglichen Sonnenschutz verzichten. Wer wegen der Abstandsregel das Sardinengefühl am Strand vermisst, der kaufe sich doch einfach eine Dose Fisch und schwelge in Erinnerungen.

Quietscheentchen Ahoi

Ja, sie waren einmal echte Luxusreisen. Wie dafür gemacht, alle vor Neid – und mangels Sonne – erblassen zu lassen, die es wieder nur bis zur verregneten Nordseeküste geschafft haben. Doch heute sind Kreuzfahrten ein Massenphänomen. Wer damit prahlen will, erntet ein müdes Schulterzucken. Somit hat sich der eigentliche Sinn dieser Reisen bereits erledigt. Denn welchen Grund sollte es sonst geben, eingepfercht mit tausenden anderen Touristen tagelang aufs Wasser zu starren? Die wenigen Highlights, die Kreuzfahrten bieten, können wir daheim günstiger und entspannter genießen. Hier legt garantiert keiner in aller Herrgottsfrühe sein Handtuch auf unseren Lieblingsplatz. Niemand drängelt sich am Büffet vor und schnappt uns die leckersten Häppchen weg. Und falls mal Magen-Darm ausbricht, haben wir daheim unsere eigene Toilette – und genug Klopapier hoff entlich auch gehamstert. Wem jetzt das Wasser fehlt: Einfach das Plantschbecken aus Kindertagen aus dem Keller holen. Mehr Platz bietet der überfüllte Pool an Bord garantiert auch nicht. Papierbötchen falten, noch ein bisschen maritime Deko dazu – fertig ist das Urlaubsfeeling. Und während wir das Quietscheentchen zu Wasser lassen, tummeln sich in den mediterranen Häfen wieder die Delfi ne. Auch wer beim „Landgang“ etwas erleben will, muss garantiert nicht stundenlang anstehen, um dann noch fünf Minuten für die Besichtigung Venedigs übrig zu haben. Nein, wir gehen ganz gechillt von „Bord“ und erkunden in aller Ruhe die Reize der näheren Umgebung.

Aloha Urlaub

Da Fernreisen in diesem Jahr wahrscheinlich eher schwierig werden, kann man sich das Aloha-Feeling auch einfach in den Garten holen. Besinnen wir uns auf die 1980er, als Thomas Magnum alias Tom Selleck in 162 Episoden auf Hawaii die bösen Buben jagte (seit 2018 gibt’s das Remake Magnum P.I.). Man nehme einen Mann, der sich während der Corona-Kontaktbeschränkungen einen Bart stehen ließ, bequatscht ihn so lange, dass er daraus einen Schnäuzer schnitzt, färbt selbigen mit Wimperntusche ein wenig dunkler, buntes Hemd an, Sonnenbrille auf – fertig ist der Garten-Magnum. Auch stilecht mit rotem Polo statt Ferrari. Idealerweise ist es ein heißer Sommertag und falls die Luftfeuchtigkeit noch nicht reicht, sprühen wir uns mit Omas Orchideen-Bestäuber einfach etwas Wasser ins Gesicht. Dazu ein bunter Cocktail und für mehr Inspirationen noch Hawaii Five O oder natürlich „Aloha from Hawaii“ – der Konzertfilm von Elvis Presley.

Einmal Japan, bitte! Im Japanischen Garten stellen Gabriela Lamm, Martin Knabenreich und Sarah Strickmann (v. l.) von Bielefeld Marketing das neue Tourismus-Projekt Biele.Welt.Reise für die NRW-Sommerferien vor

Biele.Welt.Reise gegen Fernweh

Einen Japan-Tag mit Sushi, Besuch im japanischen Garten und Fächermuseum sowie spirituellem Waldbaden erleben? Oder das Leben wie in Frankreich genießen – mit Flammkuchen und einem romantischen Spaziergang durch das schöne „Liebefeld“? Zu Fuß durch die „Highlands“ rund um „Sparrenburg-Castle“ nach Schottland? Oder mit dem Rad auf Holland-Tour? Wenn das Fernweh besonders groß wird, dann geht‘s auf Biele.Welt.Reise durch die Heimat. Neben Erlebnispaketen für die gesamten NRW-Sommerferien organisiert die Tourismus-Abteilung der Bielefeld Marketing GmbH auch zwei Aktionswochenenden (4.+ 25. Juli) mit umfangreichem Reiseprogramm in Bielefeld und zusätzlich buchbaren Hotelübernachtungen. „Wir wollen die Bielefelderinnen und Bielefelder sowie die Menschen aus der Region in diesem besonderen Sommer mit in die Ferne nehmen und einladen, in ihrer eigenen Heimat schöne Urlaubstage zu verbringen“, sagt Martin Knabenreich, Geschäftsführer der Bielefeld Marketing GmbH. Die Biele.Welt.Reise 2020 ist Teil der Sommer-Kampagne #BielefeldSommer, die Bielefeld Marketing derzeit mit besonderen Erlebnissen für die Sommerferien in der Stadt entwickelt.

www.bielefeld.jetzt/bieleweltreise

Bielefelds Big 5

Auf der Jagd nach Bielefelds Big 5 breche ich schon in der Morgendämmerung auf. Nun, nicht ganz, wir wollen es nicht übertreiben. 8 Uhr ist früh genug. Ich hole die Safari-Kleidung aus dem Schrank, creme mich mit Lichtschutzfaktor 50 ein und schütze meinen Kopf vor der unerbittlich sengenden ostwestfälischen Sonne. Ich trete aus der Haustür und stelle fest: Schon ganz schön was los im Garten. Badende Spatzen im Wassernapf der Katze, keckernde Elstern, die im hoheitsvollen Schritt eines Militärdiktators ihre Waff enparade abschreiten (ein gewohntes Bild in Nordkorea), eine furchtlose Amsel rennt direkt auf mich zu, zieht einen Regenwurm aus dem Rasen und dreht ab. Irgendwo in der Ferne pocht ein Specht die Würmer aus der Rinde.

Behutsam, um das Wild nicht aufzuschrecken, schleiche ich zu meiner Liege. Völlig schutzlos liege ich umgeben von trockener Savanne, nur mit einem Fernglas bewaffnet. Ich hoffe darauf, dass sich die 10 Rehe, die unterhalb des Fernsehturms eine neue Heimat bezogen haben, zeigen. Definitiv gehören Rehe zu Bielefelds Big 5. Aber: Kein weißes Puschelschwänzchen ist zu sehen, dafür höre ich das markerschütternde Gebrüll des Fasans. Ein Männchen, paarungswillig – und bislang nicht zurückgeliebt– streift deutlich hörbar durch das Feld. Nur ab und zu guckt der rötliche Kopf ungeduldig zwischen den Halmen hervor.

Plötzlich ein „Schwump“, ein Falke holt sich im Sturzflug blitzschnell eine kugelige Feldmaus. Ja, Natur kann auch grausam sein. Ich schließe die Augen, lausche dem Gezwitscher und schlafe wieder ein. Als ich aufwache, steht die Sonne hoch am Himmel. Es ist still, die Tiere halten Mittagsruhe. Zeit für ein spätes Frühstück. Später am Tag setze ich meine Safari fort. Bis zur Dämmerung unterhalten mich Meise, Rotschwänzchen und Co. Und tatsächlich, fast unbemerkt tauchen aus einer Senke am Feldesrand drei Rehe auf. Nach einer friedlichen Grasmahlzeit ziehen sie weiter. Die kleine Fledermaus kreist im immerselben Radius ums Haus. Ein Käuzchen ruft und ich vernehme ein heiseres Bellen. Angestrengt starre ich im letzten Licht des Tages über das Feld. Ein Hund. Nein der Schwanz scheint zu buschig. Leichtfüßiger Gang in den Treckerspuren. Ein Fuchs? Ich kann es nicht erkennen. Die pelzige Gestalt verschwindet im Dunklen, so schnell, wie sie aufgetaucht ist. Morgen also auf jeden Fall mit Nachtsichtgerät. Vielleicht waren die Tiere heute nicht big, aber deutlich mehr als 5.