Der Stoff hat einfach zu ihnen gefunden. „Nach ‚Herkunft‘ wollten wir gar nicht unbedingt ein weiteres Stück von Saša Stanišić auf die Bühne bringen, sondern uns vermehrt um Formate für Jugendliche kümmern, das ist uns ein Anliegen“, so Intendantin und Regisseurin Nadja Loschky. „Mehrere im Team waren gleichzeitig von ‚Wolf‘ angetan“, ergänzt Dramaturg Ralph Blase. „Das ist sein erstes explizites Jugendbuch und ich dachte: Das kann er also auch.“
„Wolf“ von Saša Stanišić Gemeinsam haben sie den Stoff für die Bühne bearbeitet. Mit großer Begeisterung für den Autor und sein Werk, die sie während des gesamten Gesprächs ausstrahlen. „Das ist ein Text, der bleibt, wenn man sich mit ihm beschäftigt, das geht mir nicht immer so“, unterstreicht der Dramaturg.
Nadja Loschky bestätigt: „Stanišić überzeugt stilistisch und er schreibt mit wahnsinnig viel Humor. In dem Roman habe ich viele Lieblingssätze. Das Buch hat tolle Figuren, plastisch, schrullig, aus dem Leben gegriffen. Das schreit förmlich nach einer Umsetzung auf der Bühne, zumal es auch einen dramatischen Höhepunkt gibt. Außerdem mag ich es, dass die Geschichte zwischen realistischem Erzählen und etwas Märchenhaftem oszilliert.“ Hier kommt nämlich der titelgebende Wolf ins Spiel, der scheinbar nachts ums Ferienlager schleicht.
Premiere: 25.1., 19:30 UHR,
THEATER AM ALTEN MARKT
(ALTERSEMPFEHLUNG AB 12 JAHREN)
Ist er real oder steht er für Ängste und Zivilcourage? Der Wolf verleiht dem Geschehen etwas Geheimnisvolles, das in der Schwebe bleibt. Auch ein Stück zum Thema „Mobbing“ hat das Theater nicht gezielt gesucht. „Aber die Art, wie Stanišić das verhandelt, hat u ns a ngesprochen“, s o R alph B lase. E r s chreibt n ämlich weder aus Täter- oder Opfersicht, sondern nimmt mit dem Erzähler Kemi die Perspektive eines Beobachters ein, der sich irgendwie verhalten muss. „Das ist die Perspektive von jemandem, der überlegt: Welche Möglichkeiten habe ich, helfe ich und was ist Zivilcourage“, so die Regisseurin. „In dieser Figur kann sich jeder wiederfinden. Man fragt sich automatisch, wie man sich selbst in ähnlichen Situationen verhalten hat oder verhalten würde.“ Nicht zuletzt ist es wieder die Sprache, die ein eigentlich schweres Thema mit viel Humor in eine gewisse Leichtigkeit überführt. „Die Erzählfigur ist ein aufgeweckter Jugendlicher, der überhaupt nicht auf den Mund gefallen ist.“ Ebenso überzeugend findet es der Dramaturg, dass das Wort „Mobbing“ in dem ganzen Text nicht vorkommt. „Der Autor findet eigene Sprachbilder für Phänomene wie Ausgrenzung, das macht den Kopf auf“, unterstreicht er. „Das Opfer Jörg wird von den anderen ‚andersiger‘ gemacht. Jeder ist anders, aber manche werden noch ‚andersiger‘ gemacht“, erklärt Nadja Loschky. Sie resümiert: „Stanišić zeichnet überhaupt nicht schwarz/ weiß, sondern entwirft ein Mosaik zu dem Thema. Wie findet man seine Räume und Verbündete. Wie schützt man sich. Das Ferienlager als abgeschlossener Raum ist ein idealer Ort, um das zu verhandeln. Und es geht noch um andere Themen, die mit dem Erwachsenwerden zu tun haben. Und das lebensnah, humorvoll und mit vielen Bildern, die bleiben.“