40 Jahre Welthaus

„Eintreten für eine gerechtere Welt, die Chancengleichheit auch für die Menschen im globalen Süden bietet.“ So bringt Beate Wolff Ziel und Aufgabe des Welthauses Bielefeld auf den Punkt. Seit drei Jahren gehört sie als Geschäftsführerin zu einem Team, dessen Eigenverantwortung und Engagement sie überzeugt. „In diesem Umfeld etwas mitzugestalten finde ich spannend und motivierend. Das ist kein bloßer Job, sondern eine Haltung“, unterstreicht die Bielefelderin.

Beate Wolff

Klare Haltung – die zeigt das Welthaus, seit es 1980 gegründet wurde. Von Mitgliedern des Aktionskomitees Afrika (Akafrik) sowie weiteren Gruppen, die sich bereits seit den 1970er Jahren entwicklungspolitisch engagierten. Heute sind über 120 Menschen in 12 Hausgruppen aktiv. Neben den hauptamtlichen Mitarbeitenden gibt es zahlreiche Ehrenamtliche, die persönliche Kontakte zu Auslandsprojekten pfl egen. Dazu gesellen sich länderübergreifende Gruppen, die sich mit themenorientierten Fragestellungen wie Fair Trade befassen. „Das Welthaus hat mehrere Wurzeln und ganz unterschiedliche Ausrichtungen, mal kirchlich orientiert, mal links“, resümiert die Geschäftsführerin. „Seine besondere Kraft liegt darin, verschiedene Strömungen miteinander zu verbinden.“

„In diesem Umfeld etwas mitzugestalten finde ich spannend und motivierend. Das ist kein bloßer Job, sondern eine Haltung.“

Beate Wolf


Der gemeinsame Leitgedanke: Solidarität. Für Beate Wolff mehr als ein Begriff, der gerade in ist. „Solidarität verfolgt nicht das eigene Interesse, sondern das gemeinschaftliche“, betont die 49-Jährige. „Deshalb ist es wichtig, wenn zivilgesellschaftliche Akteure über Ländergrenzen hinweg zusammenarbeiten. NGOs haben einen anderen Blick als Regierungen und berücksichtigen die Interessen der Menschen vor Ort. Staatliche Entwicklungszusammenarbeit hat politische Interessen, die häufi g Handelsinteressen sind.

Wenn etwa große Firmen aus Deutschland Hühnerbeine nach Afrika exportieren und die Märkte vor Ort kaputtmachen, ist das keine gerechte Handelspolitik, sondern lässt sich pauschal formuliert als Fortsetzung des Kolonialismus sehen. Ich würde mir wünschen, dass Handels- und Finanzpolitik so gestaltet sind, dass ein fairer Chancenausgleich möglich ist. Eben eine gerechte Weltwirtschaft.“

Doch um zu verstehen, welche Auswirkungen das eigene Handeln auf den globalen Süden hat, braucht es neben Solidarität auch echtes, solides Interesse und Wissen. „Solidarität heißt für mich, aus Überzeugung heraus zu handeln“, so die Geschäftsführerin. Deshalb ist ihr die Bildungsarbeit des Welthauses ein großes Anliegen. Neben den ganz konkreten Bildungsangeboten an Schulen liegen Beate Wolff die Kulturveranstaltungen am Herzen, weil sie andere Lebenswelten erfahrbar machen.

Dass beides aufgrund der Corona-Pandemie derzeit nur eingeschränkt möglich ist, betrifft das Welthaus auch fi nanziell. Um Projektfördermittel zu erhalten, müssen nämlich Eigenanteile aufgebracht werden. Ohne Bildungsveranstaltungen, Konzerte oder das Welthaus-Café, das jetzt zumindest teilweise wieder geöffnet ist, brechen Einnahmen weg. „Da haben wir gerade stark zu kämpfen“, sagt die Geschäftsführerin. Auch die eigentlich für den Spätsommer geplante große Jubiläumsfeier verschiebt sich durch Corona auf nächstes Jahr. „Dann geht es hoffentlich mit neuer Kraft ins Jubiläum. Aber jetzt stehen bei uns die noch viel zu wenig beachteten Auswirkungen der Pandemie auf den globalen Süden im Fokus.“

Dennoch blickt Beate Wolff vorsichtig optimistisch in die Zukunft: „Was, wenn nicht die globale Corona- und Klimakrise uns zeigen, dass wir global denken und handeln müssen! Ich habe den Eindruck, das erkennen immer mehr Menschen, siehe etwa Fridays for Future.“ Und nicht zuletzt das 40-jährige Jubiläum des Welthauses beweist, dass Bielefeld eine besonders Stärke hat. „Der Blick über den Tellerrand“, freut sich Beate Wolff, „war hier schon immer wichtig.“

www.welthaus.de