Lesen bewegt. Das Kopfkino ist eine ganz persönliche Angelegenheit. In Bücher kann man ganz eintauchen. Sie lassen der eigenen Fantasie Raum für Bilder und Gedanken. Lesen ist bewegend. Und Bielefelder AutorInnen wissen, wie es geht. Egal in welchem Genre.

GARRELT RIEPELMEIER

Randale: Das konnte ja keiner ahnen!

Das ist mal eine amtliche Band-Biographie: 1,3 Kilo bringen die 24 8 Seiten mit über 80 0 Fotos auf die Waage. Gut, bei der Anthology der vier Jungs aus Liverpool sind es mehr als 3 Kilo, aber die Seltaebs – pardon Beatles – waren eben auch keine Bielefelder Kinder-Rockband, die in ganz Deutschland spielten.

20 Jahre Randale – für Schlagzeuger und Bandchronist Garrelt Riepelmeier Anlass, all seine Aufzeichnungen zu allen jemals gespielten Randale-Konzerten zu sortieren und Anekdoten sowie Fotos zusammenzutragen. Der Eisenbahnhistoriker hat bereits mehrere Bücher über seine dritte Leidenschaft nach Menschen und Musik geschrieben: Züge und Strecken. Aber für dieses Buch musste er eine neue kindgerechte Sprache finden. Und er schreibt das erste Mal aus der Ich-Perspektive. Während das Buch mit seinen vielen Abbildungen allmählich Form annahm, kam die Idee auf, mit längeren Bildunterschriften zu arbeiten. So entstand ein zweites Buch im Buch. Es ist ein sehr persönliches Werk, in das Garrelt Riepelmeier in Zusammenarbeit mit den Bandmitgliedern und zahlreichen Weggefährten, viel Herzblut gesteckt hat. Herausgekommen ist ein Buch für Kinder und für Erwachsene. Zum Blättern, Zeigen, Gucken, Vorlesen, Lesen und so liebevoll gestaltet, dass es auf jedem Coffee Table eine sehr gute Figur macht. Und auch das bestgehütete Geheimnis einer jeden Band wird zumindest ansatzweise gelüftet: Was passiert denn eigentlich im Tour-Bus? P. S. Im August gibt es eine neue Randale-CD. Regionalia Verlag, 29 €

ANDRÉ GEORGI
Die große Kette des Seins

Ilja Iwanow – unter dem letzten russischen Zaren der weltweit führende Experte für künstliche Befruchtungen– hat schon allerlei wilde Kreuzungen vorgenommen: Rinder mit Wisenten, Mäuse mit Meerschweinchen und Pferde mit Zebras. Jetzt verfolgt der Wissenschaftler sein ambitioniertestes Projekt:

Er möchte das in der Evolution angeblich verloren gegangene Wesen zwischen Menschen und Affen züchten. Ein hybrides Wesen, mit dem die zerbrochene, unendliche Kette des Seins wieder geschlossen werden soll. Eine wahre Geschichte, die den Bielefelder Autor André Georgi zu seinem neuen Roman inspirierte. Auf sprachlich und stilistisch hohem Niveau lässt er die Leserschaft miterleben, welche Anstrengungen der russische Biologe unternimmt, um sein Ziel zu erreichen. Koste es, was es wolle. Es ist ein schmales Buch mit 118 Seiten, aber mit einem langen Nachhall. Georgi stößt existenzielle Fragen an, die heute in Anbetracht der Möglichkeiten von KI immer drängender werden: Dürfen wir tatsächlich alles tun, was technisch möglich ist? Was macht den Menschen in Abgrenzung zum Tier oder auch der Maschine im Wesen aus? Wie reagieren wir auf ethisch fragwürdige Unterfangen? Und wohin führt das, wenn der moralische Kompass seinen Norden verliert? Ein höchst lesenswertes Buch, das viel Diskussionsstoff liefert. Wehrhahn Verlag, 15 €

KATHI HEEREN
Das Geheimnis von Vangerow

Es fing mit einer Reise nach Polen an und endete mit einem Roman: Eigentlich wollte Kathi Heeren nur ins ehemalige Pommern reisen, um zu erkunden, wo ihre Großeltern vor dem Zweiten Weltkrieg gelebt haben.

Im kleinen Dorf Vangerow stieß die Bielefelder Grundschullehrerin dann auf ein „Geisterhaus“, das ihr Stoff für ihren Debütroman lieferte. „Während der vielen Stunden, die ich damit verbrachte, den Kinder wagen durch den Park zu schieben, kam mir das Haus, das ich bei meiner Reise 2015 in Polen gesehen hatte, immer wieder in den Sinn. Es entstanden Personen und Handlungsstränge in meinem Kopf“, erzählt Kathi Heeren, die zehn Jahre als Lokaljournalistin gearbeitet hat. Das war 2017. Doch als Mut ter von mittlerweile drei Söhnen blieb ihr nie genug Zeit zum Schreiben. Es brauchte sieben Jahre . Ihre Protagonistin Leonie – wie sie Journalistin – ist schwanger, frisch getrennt und wohnt mit 27 immer noch bei Papa. Als Leonie herausfindet, dass Oma Wilhelmine heimlich ein Haus in Polen besitzt, kommt ihr das gerade recht. Sie macht sich auf den Weg, um herauszufinden, warum ihre Oma eisern über ihre Vergangenheit schweigt . Dabei trifft sie auf Jurek . „ Der Roman ist trotz der ernsten historischen Hintergründe – vom Einmarsch der Russen bis hin zu Flucht und Vertreibung – mit einer ordentlichen Portion Humor geschrieben“, verspricht die Autorin. Amazon
(ISBN 979-8324897604), 9,96 €