Geringes Selbstwertgefühl, Schlafstörungen, Depressionen, sogar Suizid. Um die bitteren Folgen von Mobbing und Gewalt zu stoppen, braucht es Mut. Den will der in Bielefeld ansässige Helden-Verein für nachhaltige Bildung und Persönlichkeitsentwicklung e.V. mit seinem Projekt „Heldenakademie“ fördern. Für sein Engagement wurde er gerade mit dem HanseMerkur Preis für Kinderschutz geehrt.

Gegründet hat sich der Verein 2015. „Wir waren damals alle Studenten und haben für unterschiedliche Institutionen als erlebnispädagogische Trainer gearbeitet“, so der Vorstandsvorsitzende Sven Fritze. „Im Rahmen dieser Arbeit wurden wir oft mit Cyber-Mobbing und Rassismus konfrontiert und wollten ein Programm entwickeln, das sich ganz explizit diesen Problemen widmet“, erklärt der Psychologe, Erlebnispädagoge und Gestalttherapeut.

Das Ziel: Kinder und Jugendliche in ihrer Selbstwirksamkeit stärken, sie ermutigen, für sich und andere Verantwortung zu übernehmen und ihre eigenen Werte und Wünsche aktiv zu verteidigen. Und so einen Raum zu schaffen, in dem sich jeder wohlfühlt und sein kann, wie er oder sie ist.

Der besondere Ansatz und Alleinstellungsmerkmal des Vereins ist die Erfahrbarmachung von sozialpsychologischen Experimenten und Effekten. Auf diese Weise verstehen Kinder und Jugendliche, wie Phänomene wie Rassismus, Ausgrenzung und Mobbing überhaupt erst entstehen. „Wir machen Autoritätshörigkeit erlebbar“, bringt es Sven Fritze auf den Punkt. „Welche Mechanismen manipulieren mich und wie kann ich eigenständig handeln?“ Mit 10-15 Festangestellten und einem Pool von über 100 TrainerInnen erreicht der Verein pro Jahr etwa 30.000 Kinder und Jugendliche bundesweit. Auch vor Ort an Bielefelder Schulen ist er aktiv und wird von der Rudolf-August Oetker-Stiftung unterstützt. Aber auch Spenden sind willkommen, um in akuten Fällen schnell eingreifen zu können.

Aktuell hat Sven Fritze das Gefühl, dass Heldinnen und Helden mehr denn je gebraucht werden. „Meine Wahrnehmung ist, dass die Gewalt an Schulen gestiegen ist, auch drastische und sexualisierte Gewalt. Andererseits sind wir näher dran, weil viele Taten mit dem Handy gefilmt und Gewaltvideos wie Trophäen an Schulen herumgeschickt werden.“ So gibt es zwar Beweise für die Taten, zugleich hat Cybermobbing die Lage für die Opfer verschlimmert, weil sie selbst und andere sich die Erniedrigung auf dem Handy immer wieder anschauen können. „Wer in den 90ern gemobbt wurde, hatte zuhause noch einen Rückzugsort; heute gibt es keinen Schutzraum mehr“, weiß der Trainer. Ein weiteres Problem: Bei Cybermobbing sehen die Ausübenden gar nicht, welche Reaktionen sie auslösen und welche Spuren ihr Handeln hinterlässt. Empathie zu fördern, ist daher eines der Ziele der Heldenakademie. Mit erlebnispädagogischen Teamaufgaben nehmen die Workshops aber keinesfalls nur die TäterInnen in den Fokus. „Wir machen spürbar, warum sich viele nicht trauen, einzugreifen. Wir erklären, dass Mobbing umso schlimmer ist, wenn das Opfer das Gefühl hat, allein zu sein. Wer nicht weiß, wie er helfen kann, kann signalisieren: Wir sehen, was dir passiert und finden das schrecklich. Unser Ziel ist es, mit der ganzen Klasse einen positiven Normen- und Werterahmen zu schaffen.“ Oft ein schwieriger und schmerzhafter Prozess. „Aber auf dem Weg dorthin“, unterstreicht Sven Fritze, „passiert auch viel Schönes.“ ♥ www.helden-ev.de