Inseldenken im digitalen Zeitalter
Kein Mensch ist eine Insel – auch wenn man sich vielleicht manchmal die Abgeschiedenheit eines solchen Ortes wünscht, um einfach mal zur Ruhe zu kommen. Aber fest steht: Keiner kann für sich alleine, es braucht den Zusammenhalt. Alarmierend ist daher, dass in den letzten Jahren immer häufiger die Frage diskutiert wird, ob ein Riss durch unsere Gesellschaft geht.
Die Frage kann ich nicht beantworten. Ich kann lediglich meine Beobachtung schildern, dass der Ton rauer geworden ist. Insbesondere im Netz. Wüste Beschimpfungen, die jegliches Maß an Sachlichkeit vermissen lassen. Von Höflichkeit möchte ich hier gar nicht anfangen. Durch die schnellen Kommunikationsmedien entsteht der Eindruck, dass von jedem/r jederzeit eine Meinung zu allen erdenklichen Themen gefragt ist – sei es zu Waffenlieferungen, Corona-Schutzmaßnahmen, zum Gendern oder auch nur um neuesten Katzen-Video. Und weil in Sozialen Medien nichts so alt ist wie der Post von vor einer Stunde, bleibt keine Zeit, komplexe Probleme in Ruhe – hierfür bräuchten wir die bereits erwähnte einsame Insel – zu durchdenken, Fakten zu prüfen und zu einem Ergebnis zu kommen.
Da jede Medaille bekanntlich zwei Seiten hat, ist das Netz aber zugleich ein hervorragender Ort, um auf Missstände und Probleme aufmerksam zu machen, Petitionen anzustoßen, Spenden zu sammeln, Helferinnen und Ehrenamtliche bei der Unterstützung von Menschen in Not zusammenzutrommeln. Global, aber auch ganz regional. In Bielefeld hat mich immer wieder die Hilfsbereitschaft der Menschen beeindruckt. Als zum Beispiel 2015 viele Geflüchtete in unsere Stadt kamen oder die komplett unbürokratische Nachbarschaftshilfe gleich zu Beginn der Pandemie. Bielefelderinnen haben sich zusammengeschlossen, um anderen zu helfen. Und wir haben gesehen, wie viel zusammen möglich ist. Auch jenseits von Krisen.