Immer donnerstags ist Theaterzeit. Mit der Polizeipuppenbühne spricht die Bielefelder Polizei bei Kindern alle Sinne an und transportiert Lerninhalte zur Verkehrssicherheit auf spielerische Art und Weise. „Sie ist ein wesentlicher Baustein der Verkehrssicherheitsberatung“, erklärt Horst Lehmann. Aber eben nicht nur.
Zwei Stücke – für unterschiedliche Altersgruppen – stehen zur Auswahl. „Wir holen die Kinder altersgerecht ab. Ein Stück richtet sich an Vorschulkinder, das andere an Erstklässler“, erklärt Polizeihauptkommissar Horst Lehmann. Der 62-Jährige arbeitet seit 2003 im Bereich Verkehrssicherheitsberatung und Opferschutz. Die Puppenbühne macht nur einen geringen Teil der Arbeit im Bereich Verkehrssicherheitstraining aus und ist bei den Bielefelder Kitas und Schulen sehr begehrt. „Wir sind seit Jahren ausgebucht“, stellt Horst Lehmann fest, der mit seiner Kollegin Maren Meyer die Polizeipuppenbühne betreut. Bis zu 80 Kinder sitzen pro Vorstellung im Theater. Ziel ist es, sie möglichst früh mit dem Thema Verkehrssicherheit vertraut zu machen. „Die Puppenspielbühne ist ein Luxus, den wir uns erhalten haben“, betont Horst Lehmann. ‚Die Wunschfeder‘ und ‚Traumhaft sicher‘ heißen die beiden Titel, mit denen die Polizei das Thema Verkehrserziehung spielerisch transportiert. ‚Die Wunschfeder‘ spielt im Tierpark Olderdissen und ist für angehende Schulkinder zwischen 5 und 6 Jahren konzipiert. 40 Minuten fesselt es die Aufmerksamkeit der Kinder. Zur Halbzeit folgt ein kleiner Einschub. „Dann singen wir gemeinsam mit den Kindern ein Lied, das dazu auffordert, am Bordstein stehen zu bleiben und zu gucken“, so Horst Lehmann. „In Kombination mit Bewegungen und durch die Wiederholung der Botschaft festigen sich die Inhalte auf spielerische Art und Weise.“ Dabei schlüpft der 62-Jährige nicht nur in die Rolle des stolzen Pfaus, der den Tieren aus Olderdissen eine Wunschfede schenkt. Als Polizist in Uniform ist er für die Kinder auch vor der Bühne präsent. Als solcher hilft er den Tieren, die aus dem Tierpark ausgebrochen sind, die Straße zu queren. Mit dem Puppenspiel ‚Traumhaft sicher‘ – im Mittelpunkt steht ein Pferd und ein kleines Kind – richtet sich das zweiköpfige Team 60 Minuten lang an Erstklässler. Inhaltlich stehen Kindersitz und Gurtpflicht im Fokus. Die Botschaft, die hier vermittelt wir, lautet: Halt, erst anschnallen!
Ein Gurtschlitten demonstriert zudem die Folgen und Gefahren des Mitfahrens ohne Gurt. Während sich die Puppenspielbühne ausschließlich an Kinder richtet, nimmt die Polizei Eltern bei anderen Modulen mit ins Boot. „Kitas können für Vorschulkinder aus einem Paket einzelne Bausteine zur Verkehrssicherheit auswählen und so beispielsweise Aktionswochen zur Verkehrserziehung gestalten“, macht Horst Lehmann deutlich.
Dazu gehört auch das „Gefahrentraining“, wo Eltern mit ihren Kindern das richtige Überqueren einer Straße üben. „Entscheidend ist, dass sich Eltern ihre Vorbildfunktion bewusstmachen. Sie sind die besten Verkehrserzieher, denn Kinder spiegeln ihr Verhalten“, unterstreicht Horst Lehmann. Besonders die Einschulung und damit der Schulweg ist für viele Eltern schließlich ein Anlass, sich konkret mit dem Thema Verkehrssicherheit ihrer Kinder zu beschäftigen. „Wir greifen dieses Thema auf Elternabenden vor Einschulungen auf“, so Horst Lehmann, der Eltern bei dieser Gelegenheit immer wieder darauf hinweist, dass Kinder unberechenbar sind und jedes für sich sehr unterschiedlich ist. „Kinder haben kein Gefahrenbewusstsein. Auch, wenn es einige vorsichtige oder ängstliche Kinder gibt“, so der Polizist, der auf unterschiedliche Aspekte hinweist, die es Kindern erschweren, sich sicher im Straßenverkehr zu bewegen. So können Kinder erst im Alter von sechs Jahren hören, aus welcher Richtung ein Auto heranrauscht und erst ab zehn Jahren Geschwindigkeiten einschätzen.
„Das ist die Basis, auf der wir Verkehrssicherheit vermitteln“, macht Horst Lehmann deutlich. Einen großen Anteil an der Verkehrssicherheit ihrer Kinder tragen dabei die Eltern. Denn: Die Verkehrserziehung der Kinder beginnt schon lange vor dem Besuch von Kita oder Schule. „Schon Kinder im Kinderwagen beobachten ganz genau, wie sich ihre Eltern im Straßenverkehr verhalten“, so Horst Lehmann. „Die Vorbildfunktion ist nicht zu unterschätzen. Gleichzeitig sollten Eltern immer wieder mit ihren Kindern sprechen.“ Dabei geht es nicht allein darum, dass Kindern erklärt wird, wie man sich im Straßenverkehr verhält. Sinnvoll ist es auch, auf gleicher Augenhöhe mit den Kindern zu sprechen. „Das ist sowohl bildlich als auch im übertragenen Sinn zu verstehen“, betont Horst Lehmann. Schließlich sieht der Straßenverkehr aus der Perspektive eines Kindes ganz anders aus. Auch Begrifflichkeiten gilt es zu klären und zu vermitteln. „Wenn man von Bordstein, Gehweg oder Fahrbahn spricht, sollten Kinder wissen, was gemeint ist“, so Horst Lehmann. Um Schulanfänger auf ihren Schulweg vorzubereiten sind diese Basics ebenso entscheidend, wie das wiederholte Abgehen des Weges vor Schulbeginn. Übrigens auch zu unterschiedlichen Zeiten, da der Verkehr über den Tag variiert und Kinder durch ungewohnte und unvorhergesehene Situationen schnell irritiert werden. Hilfreich sind dabei nicht nur Schulwegpläne, sondern auch Ruhe und ausreichend Zeit. Letztere sollte morgens nicht zu knapp bemessen sein. „Nichts ist gefährlicher als Zeitdruck“, weiß der Polizeihauptkommissar.
Und nicht immer ist der kürzeste auch der sicherste Weg. Dass Eltern ihre Kinder auf dem Schulweg zunächst begleiten, ist eine gute Übung ebenso wie ein Rollentausch. Dadurch gewinnen Kinder Sicherheit und Selbstvertrauen. „Kinder brauchen später aber auch die Erfahrung, dass Eltern loslassen können“, betont Horst Lehmann mit Blick auf die weiterführende Schule. Zu Fuß zur Schule zu gehen, ist die beste Übung. Lässt sich das Eltern-Taxi nicht vermeiden, sollten Eltern-Haltestellen genutzt werden, die ca. 250 Meter von den Bielefelder Schulen entfernt liegen und ein gefahrloses Ein- und Aussteigen ermöglichen. Dadurch lassen sich zudem Unfälle und Verkehrsverstöße vor Schulen vermeiden. „Kinder verunglücken im Übrigen am häufigsten im Auto ihrer Eltern“, so Horst Lehmann. „65 Prozent von ihnen sind fehlerhaft im Auto gesichert. Auch das gilt es zu vermeiden.“