2020 war wahrlich kein Jahr wie jedes andere. Aber wir wollen nicht zurück-, sondern zuversichtlich in die Zukunft blicken. Aber wie könnte diese aussehen? Was muss sich in der Stadt bewegen? Dazu haben wir acht Persönlichkeiten von wichtigen Institutionen folgende Fragen gestellt: Was stimmt Sie positiv für das Jahr 2021?, Welche Projekte sind aus Ihrer Sicht in den nächsten 12 Monaten für Bielefeld von besonderer Bedeutung? und Wenn Sie einen Wunsch frei hätten: Welche Vision hätten Sie für unsere Stadt? Was würde Bielefeld guttun?
BRIGITTE MEIER
Prokuristin WEGE mbH
Nach einem so extrem herausfordernden Jahr 2020 wird 2021 hoffentlich als das „Jahr nach Corona“ gelten, in dem wir wieder mehr Kontakte haben dürfen – im privaten wie im beruflichen Umfeld – und in dem die so großen Sorgen um Gesundheit und um die wirtschaftliche Existenz kleiner werden bzw. sich in Luft auflösen. Allerdings bedeutet für mich „nach Corona“ nicht zugleich auch „zurück zur alten Normalität“. Denn wir haben so viel gelernt, was möglich ist, wenn alle gemeinsam ein Ziel erreichen wollen. So wie wir die Corona-Pandemie bewältigen, sind auch Anstrengungen möglich, die unser Klima und damit unsere Lebensgrundlagen schützen. Dieses gilt genauso für den Sprung zu mehr Digitalisierung. Wir haben erfahren, welche Chancen darin liegen, wenn digitales Lernen und Arbeiten zum Alltag gehören.
Bielefelder Unternehmen haben alles darangesetzt, ihre Existenz und damit die Arbeitsplätze ihrer Beschäftigten zu erhalten. Ihr Mut und die Kompetenz, Produkte, Dienstleistungen, Geschäftsmodelle oder Kooperationen neu oder anders zu denken war und ist beeindruckend. Sie brauchen talentierte, engagierte junge und erfahrene Fachkräfte genauso wie „Innovationsorte“ für kreative Ideen und den kollegialen Austausch mit anderen Unternehmen, Start-ups und Wissenschaft. Vieles ist bereits auf den Weg gebracht und wird in 2021 noch sichtbarer werden.
Meine Überzeugung, dass es sich in Bielefeld besonders gut arbeiten und leben lässt, ließe sich mit der Vision verbinden, dass es sich in Bielefeld auch besonders zukunftsorientiert und nachhaltig wirtschaften lässt. Es geht dabei um die Idee einer „Wirtschaft mit Sinn und Verstand“, wie sie auch in unserem letzten Magazin von „Das-kommt-aus-Bielefeld“ mit Unternehmensvertreter*innen diskutiert wurde: Unternehmen wirtschaften mit dem Ziel der Klimaneutralität, sind aufgrund ihrer Unternehmenskultur und neuen Arbeitsweisen für ihre Mitarbeiter*innen attraktiv und setzen auf zukunftstaugliche Produkte und Dienstleistungen.
MARTIN KNABENREICH
Geschäftsführer Bielefeld Marketing
Mit der Entwicklung von Corona-Impfstoffen ist ein Ende der massiven Einschränkungen in Sicht. Auch wenn wir uns über Coronaleugner und Querdenker ärgern, so ist doch der überwiegende Teil der Bevölkerung verantwortungsbewusst mit der Lage umgegangen und hat dafür gesorgt, dass Deutschland deutlich besser durch die Pandemie gekommen ist als die meisten anderen Länder. Ich spüre deutlich die Sehnsucht nach Veranstaltungen, Zusammenkommen, Kultur, Austausch, Gastronomie und Reisen. Es gibt viel nachzuholen und das wird auch wieder zu einem kleinen Schub in unserer Stadt beitragen.
Wir müssen neue Ideen für die Innenstadt entwickeln und dort die Aufenthaltsqualität steigern. Der stationäre Handel alleine wird es nicht schaffen, eine Stadt attraktiv zu machen. Hier braucht es Unterstützung von vielen Seiten und neue Anziehungspunkte und Besuchsanlässe.
Bielefeld müsste mutiger werden. Wir haben die richtige Größe und die richtigen Menschen, um auch mal neue Ideen umzusetzen. Wir haben starke Netzwerke, Hochschulen und eine Gründerszene. Wir sollten uns auch trauen, den neuen Ideen Raum und Möglichkeiten zu geben. Dazu gehören neue Mobilitätskonzepte, neue Geschäftsideen, eine mutige Stadtplanung. Bielefeld kann für viele Themen durchaus auch mal eine Vorreiterrolle übernehmen und Vorbild für andere Städte sein.
PROF. INGEBORG SCHRAMM-WÖLK
Präsidentin Fachhochschule Bielefeld
Grundsätzlich stimmt mich positiv, dass es mit Umsicht und Flexibilität gelungen ist, Lehre, Forschung und Verwaltung digital umzusetzen. Wir werden uns das Gelernte nachhaltig nutzbar machen für neue Formen in Studium, Lehre und Arbeit. Positiv stimmt auch die hervorragende Leistung in der medizinischen Forschung. Mit der Entwicklung von Impfstoffen ist nun ein Ende des Marathons zumindest absehbar. Das motiviert, weiter vernünftig mit AHA durchzuhalten. Wir alle freuen uns auf ein Miteinander nach Corona. Und wir freuen uns auf das 50-jährige Jubiläum der FH Bielefeld im kommenden Jahr.
Die weitere Umsetzung des Strategiekonzeptes Wissenschaftsstadt Bielefeld steht auf der Agenda, konkret der Bielefeld Research und Innovation Campus – BRIC. So verfolgen die Universität Bielefeld, die Stadt Bielefeld, die Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen zu Bielefeld und die FH mit BRIC konsequent die Entwicklung der Stadt und der Region OWL zu einem leistungsfähigen Wissenschaftsstandort. Die Weiterentwicklung des Campus Nord ist dabei eine unserer hervorragenden Aufgaben neben den Hochschulneubauten, die in Planung sind.
Dass sich die Marke Bielefeld weiterhin so erfolgreich entwickelt. Bielefeld und OWL haben insgesamt sehr viel zu bieten – tolle Arbeitgeber, ein harmonischer Mix aus städtischem und ländlichen Leben, hervorragende Hochschulen. Bielefeld ist weltoffen und tolerant. Das kann die Stadt noch offensiver nach außen tragen, um gute Leute anzuziehen und Werbung für die Region zu machen.
DR. JENS PRAGER
Hauptgeschäftsführer Handwerkskammer
Ostwestfalen zu Bielefeld
Das Handwerk hat in 2020 Corona in weiten Teilen getrotzt. Ich bin sicher, dass dies in 2021 so bleiben wird. Dies gilt umso mehr, wenn wir die Pandemie auch mit Hilfe der bis dahin verfügbaren Impfstoffe allmählich in den Griff bekommen. Positiv ist, dass Corona den digitalen Wandel massiv beschleunigt, bei dem wir in Deutschland etwas hinterherhinken. Ich bin sehr optimistisch, dass wir nicht „Bummelletzter“ werden, wie die Kanzlerin befürchtet, sondern sehr schnell eine vordere Position auf dem Weltmarkt einnehmen. In vielen Handwerksunternehmen in Ostwestfalen-Lippe und in seinen Organisationen sind die digitalen Umstellungen jedenfalls auf gutem Wege.
Ich würde mir eine schnelle und effiziente Digitalisierung der Bielefelder Behörden wünschen: angefangen in der Kfz-Zulassungsstelle über die Bauämter bis hin zu den vielen weiteren Verwaltungsstellen. Nicht nur die Mitgliedsbetriebe der Handwerkskammer würden viel Geld und Zeit sparen. Die Umstellung wäre auch ein Beitrag zur Lösung des Verkehrsproblems in der Bielefelder Innenstadt: Statt in die City zu fahren, könnten die Bürgerinnen und Bürger von zu Hause aus ihre Anträge stellen. Für die Stadt würde ich mir wünschen, dass sie die notwendige Verkehrswende mit Bedacht durchführt und die Belange der Wirtschaft mitdenkt. Auch dafür gibt es einfache und pragmatische Lösungen. Ich denke dabei beispielsweise an Serviceparkplätze in Innenstadtlagen für die Fahrzeuge von dienstleistenden Handwerksunternehmen.
Bielefeld ist eine tolle und weltoffene Stadt mit einem herausragenden Kulturangebot. Darüber hinaus ist die OWL-Metropole ein Wissenschaftsstandort, der viele junge Leute anzieht. Hier würde ich mir wünschen, und das allerdings nicht nur für Bielefeld, dass die handwerkliche Aus-, Fort- und Weiterbildung wieder die Stellung bekommt, die sie verdient. Mit dem Bau unseres Campus Handwerk haben wir einen wichtigen Schritt in diese Richtung gemacht. Diesen Weg müssen wir konsequent weitergehen, gemeinsam mit der Stadt Bielefeld, den Kindergärten, den Schulen und vielleicht auch den Jugendeinrichtungen, die zukünftigen Nachwuchskräften zeigen, was Handwerk ist und welche tollen Karrierechancen sich in diesem Berufszweig eröffnen.
THOMAS KUNZ
Hauptgeschäftsführer Handelsverband Ostwestfalen-Lippe e.V
Die Hoffnung, dass durch den dann vorhandenen Impfstoff wieder Normalität eintritt und sich dadurch der Einzelhandel in unserer Stadt wieder erholen kann.
An erster Stelle ist die Erarbeitung eines Innenstadtkonzeptes unter Einbindung aller Innenstadtakteure wie z. B. Handel, Gastronomie, Immobilienbesitzer etc. zu nennen.
Das Bielefeld trotz aller Eingriffe in die Infrastruktur weiterhin seine Position als Oberzentrum behält und für die Innenstadtbesucher problemlos erreichbar bleibt.
PETRA PIGERL-RADTKE
Hauptgeschäftsführerin
IHK Ostwestfalen zu Bielefeld
2021 wird das Jahr werden, in dem wir die Pandemie überwinden, so dass unsere Unternehmen wieder erfolgreich wirtschaften können und unser aller Leben wieder gesellig wird. Ich freue mich sehr darauf, wieder entspannt Sozialkontakte zu pflegen.
Daran arbeiten, dass unsere Stadt attraktiv ist, mit Aufenthaltsqualität, schönem Einzelhandel und abwechslungsreicher Gastronomie. Menschen sollen gerne in unsere Region kommen und hier bleiben wollen, weil wir super Arbeitgeber und eine schöne Stadt haben.
Dass wir in Bielefeld vormachen, wie Zukunftsthemen erfolgreich gestaltet werden. Schließlich leben wir in der Region der klugen Köpfe. Dazu gehört es, Ökonomie und Ökologie gemeinsam zu denken – auch und gerade bei der Stadtentwicklung.
REGINE TÖNSING
Hauptgeschäftsführerin DEHOGA Ostwestfalen
Es stimmt mich positiv, dass ein neuer Impfstoff gefunden wurde und wir zumindest einen Lichtblick haben am Ende des Tunnels. Der Sommer wird dann sicher dieses Virus erst einmal wieder verbannen und es wird einen halbwegs normalen Herbst/Winter geben. Dann werden wir alle hoffentlich wieder zu schätzen wissen, das Kultur, Reisen, Sport und vor allem die Gastronomie für die Lebensqualität wichtig sind.
Es müssen dringend Projekte angeschoben werden, die der Seele wieder guttun und die Gesellschaft muss sich wieder miteinander treffen können. Man muss dringend Lösungen finden, mit der Pandemie zu leben und Hygienekonzepte ausarbeiten, die uns alle diszipliniert in eine Normalität führen. Dazu gehört natürlich auch die Aufstockung von qualifiziertem Personal im Gesundheitswesen und auch in der Verwaltung. Es muss eine Sprache gesprochen werden und nicht willkürlich gerichtet.
Unsere Wirtschaft erholt sich wieder, alle können wieder ihre Umsätze machen und gleichzeitig mit Demut an die letzten Monate denken. Wir sehnen uns alle wieder nach der Normalität.
PASTOR ULRICH POHL
Vorstandsvorsitzender Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel
Das Engagement der Mitarbeitenden im besonderen Jahr 2020 macht Hoffnung für 2021. Die Ankündigung der Impfungen lässt ein beinahe normales Jahr 2021 erwarten.
Die Lösung der Finanzprobleme nach Corona und die Bewahrung sozialer Errungenschaften.
Die Digitalisierung der Schulen sollte jetzt angegangen werden. Die Zusammenarbeit der Kirchen könnte Impulse für die Stadtgesellschaft geben.