Die Weltrettung trägt zwei Zöpfe, ein bisweilen etwas sauertöpfisches Gesicht und segelt gern zwischen den Kontinenten von einem Klimagipfel zum nächsten. Vor einem Jahr hat kaum jemand Greta Thunberg gekannt, dann wurde sie die Galionsfigur der „Fridays for Future“-Bewegung, schließlich das Gesicht einer Jugend, die die Generation der Alten anklagt, der Jugend ihre Zukunftschancen zu nehmen. Eine ideale Projektionsfläche für die nach Symbolen und Ikonographie süchtigen Medien. Die kleine Kassandra aus Schweden machte das so überzeugend, dass sich die Politgrößen der Welt hinter ihr scharten. Auf dem UNO-Klimagipfel ließen sich alle bereitwillig von der einstudierten Wut einer 16-Jährigen zusammenstauchen bzw. –fauchen. Doch hinter der Zustimmung und scheinbaren Solidarität der Mächtigen steckt jede Menge Opportunismus, misst man die tatsächlichen Maßnahmen gegen den Klimawandel an ihren großspurigen Erklärungen. Es ist, als brenne bei einem Haus das Dach, eine Bewohnerin ruft „Feuer“ und die anderen Bewohner treten in den Flur und sagen: „Ja, sie hat Recht, ich sehe Rauch“ oder „Ich stimme ihr rückhaltlos zu.“ Nur, dass keiner etwas tut, um den Brand zu löschen bzw. einzudämmen. Auch hier geht es um Symbolik – überaus wichtig in Zeiten sozialer Medien. Man insta gramt oder facebooked seine Solidarität und verwechselt das mit Handlung. Schließlich hat man Zeichen gesetzt. Wenn auch nur 260 Zeichen auf Twitter. Hauptsache, man kann seinen Followern Haltung demonstrieren. Eine Haltung übrigens, die nicht mehr kostet, als die paar Minuten, die man braucht, um ein, zwei Sätze in die Tastatur seines Smartphones zu tippen. Dieser Social-Media-Bequemlichkeit begegnet man oft auch im Zusammenhang mit Anti-Nazi-Demos. Da gibt es die drei Greatest-Hits der Meinungsbekundung: „Bielefeld ist bunt und weltoffen“ (ach was, nicht anthrazitfarben und zugeknöpft), „Wir sind mehr“ (so eine Art Selbsttröstung für arithmetisch Minderbemittelte) und natürlich „Nazis raus.“ Aber wohin Die nimmt ja keiner. Das sind zumeist leider Biodeutsche. Wir müssen uns schon hier mit denen auseinandersetzen – und zwar richtig. Aber das macht Mühe. Und fordert Mut. Jedenfalls mehr, als in Social-Media-Kanälen ostentativ sein Gesinnungsgärtchen zu pflegen, die Moralrabatten und Rasenkanten sauber geschnitten, die eigene Vorbildlichkeit als Maßstab. Da lümmelt man doch gern im Liegestuhl mitten im eigenen Meinungsschrebergarten – irgendwie spießig.