Harun Simsek
Ein Freund von ihm hatte den Flyer des Dachdecker-Meisterbetriebs zufällig in einer Eisdiele entdeckt. „Bewirb dich doch mal“, riet er Harun Simsek. Der war 16 und wollte eigentlich Zerspanungstechniker werden. Inzwischen ist der Bielefelder 28 Jahre alt und seit 2020 Dachdeckermeister. Die Begeisterung für den Beruf ist mit den Jahren ebenso gewachsen wie der Wunsch, sich beruflich weiterzuentwickeln.
Er ist täglich auf den Baustellen und auf dem Dach unterwegs. „Allerdings sind viele andere Aufgaben hinzugekommen“, erklärt Harun Simsek, der die Bauleitung und die Koordination auf den Baustellen innehat, Baubesprechungen mit Bauherren und Architekten führt, die Mitarbeiterplanung verantwortet und Ansprechpartner für die Kundinnen und Kunden ist. „Wer hätte das gedacht“, sagt er mit einem Lächeln. Auf seine damalige Bewerbung folgte die Einladung einige Tage Probe zu arbeiten. Dafür wurde ich damals sogar von der Schule freigestellt“, erinnert er sich. Danach hatte er den Ausbildungsvertrag in der Tasche. „Die erste Zeit – es ging ja direkt in den kommenden Winter – war nicht so einfach wie gedacht“, sagt er rückblickend, „aber ich wollte es durchziehen.“ Erst später kam der Spaß – auch am selbstständigen Arbeiten. Die Vielfalt des Berufsbilds fasziniert ihn nach wie vor.
„Jeder Tag bringt etwas Neues“, so Harun Simsek. Nicht nur die unterschiedlichen Einsatzorte sorgen für Abwechslung. Auch die Arbeitsbereiche bieten ein breites Spektrum und reichen von kleinen Reparaturen und Dachrinnenreinigungen über Balkonsanierungen, den Einbau und Austausch von Dachflächenfenstern bis hin zu Dachwartungen, Sanierungen von Flach- und Steildächern oder der Eindeckung von Alt- und Neubauten. „Extrem nachgefragt werden in den letzten Jahren natürlich Photovoltaik- Anlagen. Wir sorgen für die Bedachung mit Photovoltaik“, erklärt Harun Simsek und fügt hinzu: „Wir brauchen dringend – wie in anderen Branchen auch – Fachkräfte.“ Der Bielefelder Handwerksbetrieb bildet aus, beschäftigt vier Auszubildende und acht Mitarbeitende. „Im Sommer kommen noch zwei weitere Azubis dazu“, freut sich der junge Dachdeckermeister, der zurzeit auf zwei Fachkräfte verzichten muss. Sie besuchen gerade, wie er 2019, die Meisterschule in Eslohe. Nach seiner dreijährigen Ausbildung hat der Bielefelder noch vier Jahre als Geselle Erfahrungen gesammelt, bevor er auf die Meisterschule wechselte und damit dem Tipp seines Ausbilders und Dachdeckermeisters Michael Klein von der Klein Hopfinger GmbH folgte. Er hatte ihm empfohlen mit einigen Jahren Praxiserfahrung in die Meisterausbildung zu starten. Inzwischen hat der 28-Jährige bei der Deutschen Sachverständigen Gesellschaft (DESAG) außerdem eine Qualifikation zum Sachverständigen absolviert. „Das ist ein fortlaufender Prozess, denn es kommen immer wieder neue Normen und Regeln und damit auch Lehrgänge dazu“, so Harun Simsek, der das traditionsreiche Handwerk spannend findet. „Es ist ein attraktiver Beruf, der Entwicklungsmöglichkeiten bietet und noch dazu zukunftssicher ist. Die Arbeit auf dem Dach kann keine Maschine, kein Roboter ersetzen.“ Dennoch sollte man einige Voraussetzungen für den Beruf mitbringen, sollte schwindelfrei und körperlich belastbar sein, räumliche Vorstellungskraft besitzen und – ganz wichtig – ein Teamplayer sein, um die Arbeit auf dem Dach zu meistern. „Etwas Mathe gehört natürlich auch dazu“, schmunzelt Harun Simsek, der über die Jahre festgestellt hat, dass sich der Ton und der Umgang auf Baustellen positiv verändert hat.
Verändert hat sich auch das Arbeitszeitmodell in dem Bielefelder Betrieb. Seit 2022 profitieren die Mitarbeitenden alle zwei Wochen von einer 4-Tage-Woche. Dafür arbeiten sie die anderen Tage 45 Minuten länger. „Wir haben im Team darüber abgestimmt. Der freie Freitag kommt gut an“, unterstreicht der junge Dachdeckermeister. Und auch sonst hält der Handwerksbetrieb für seine Angestellten noch einiges in petto – vom Jobrad über Fitness-Abos bis hin zur Förderung von Führerscheinen für Anhänger und Co. „Heute hadere ich auch nicht mehr damit, dass ich nicht Zerspanungstechniker geworden bin“, betont Harun Simsek. „Ich bin glücklich, dass mir mein ehemaliger Ausbildungsbetrieb und heutige Arbeitgeber diese persönliche Entwicklung ermöglicht hat.“ ✔