Terre des Femmes Bielefeld
Genitalverstümmelung, häusliche und sexualisierte Gewalt, Gewalt im Namen der Ehre und Zwangsheirat sowie Frauenhandel und Zwangsprostitution sind Themen, die Terre des Femmes bewegen. In Bielefeld rückt die Städtegruppe, koordiniert von Dr. Norma Driever, seit 2003 auch mit den Frauenfilmtagen die Menschenrechtssituation von Frauen weltweit erfolgreich in den Fokus. Der BIELEFELDER fragt nach.
Häusliche Gewalt an Frauen und Mädchen und Gewalt im Namen der Ehre sind Themen, die in den letzten zwei Jahren aktiv in der Öffentlichkeit waren. Dafür hat die Städtegruppe eine Ausstellung „Mit dem Malstift gegen die geraubte Kindheit – SchülerInnen aus der Türkei“ über Früh- und Zwangsverheiratung gezeigt, und eine Diskussion mit dem Beitrag von Necla Kelek „An den Rechten der Frau misst sich die Demokratie – muslimische Frauen und Integration“ durchgeführt. Auch die bundesweite Kampagne „Den Kopf frei haben!“ war ein wichtiges Thema.
Die Loverboy-Methode war ebenfalls ein Schwerpunkt unserer Arbeit. Die Rede ist von sogenannten „Loverboys“, Männer, meist zwischen 18 – 30 Jahren, die einem Mädchen eine Liebesbeziehung vorspielen, um sie dann anschließend in die Prostitution zu zwingen. Mit dem Beitrag von Anika Schönhoff vom Netzwerk gegen Menschenhandel e.V. leistet Terre des Femmes damit Aufklärungsarbeit, um Mädchen in Bielefeld zu sensibilisieren und stärken.
Die Covid19-Pandemie hat die Öffentlichkeitsarbeit der Städtegruppe eingeschränkt, da Abendveranstaltungen zurzeit nicht mehr möglich sind oder nur mit einer geringen Zahl von Gästen veranstaltet werden können. Die Arbeit in den Schulen ist fast unmöglich, da die Schüler*innen wenig Kapazität für globale Themen haben und wegen der Hygienemaßnahmen andere Bildungsangebote gestrichen wurden.
Seit 2003 veranstaltet Terre des Femmes-Bielefeld jährlich und erfolgreich die Frauenfilmtage, die die Menschenrechtssituation von Frauen weltweit in den Fokus rückt. Über die Filme betrachten wir Themen wie Genitalverstümmelung, häusliche und sexualisierte Gewalt, Gewalt im Namen der Ehre und Zwangsheirat sowie Frauenhandel und Zwangsprostitution u.a. Das Ziel der Frauenfilmtage ist es, unterschiedliche Lebenswelten von Frauen und Mädchen sichtbar zu machen und Reflexionen über ihre Rechte in verschiedenen Kulturkreisen anzuregen.
Die Planung der Frauenfilmtage 2021 ist in diesem Jahr durch die Covid19-Pandemie mit sehr viel Unwägbarkeiten verbunden, weil wir nicht genau wissen, welche Restriktionen bis März nächsten Jahres weiter wirksam werden.
Wir wissen, dass der Kulturbereich und besonders die Kinos durch die Corona-Krise sehr betroffen sind. In diesem Rahmen sind wir auch auf den Kooperationspartner der Frauenfilmtage, nämlich die Volkshochschule Bielefeld, und die dort geltenden Corona-Regelungen angewiesen.
Auf jeden Fall werden wir am 8. März 2021, dem Internationalen Frauentag, ein Abendprogramm anbieten. Die Terre des Femmes-Filmfrauen befinden sich aktuell noch in der Entscheidungsphase, um ein kleines Alternativ-Programm zu planen, falls die Corona-Einschränkungen gelockert werden. Von Seiten unseres Stammpublikums gibt es immer wieder diesbezüglich Anfragen und Anrufe. Das ermutigt uns und macht uns viel Freude. Auf diese Weise – und im Namen der Städtegruppe Bielefeld-Frauenfilmtage – bedanke ich mich herzlich bei den Zuschauer*innen, die uns immer noch Treue halten, bedanke ich mich bei unseren Sponsorinnen, die im Laufe der Jahre uns mit ihrer Unterstützung ihr Vertrauen schenken und ich bedanke mich bei allen Regisseurinnen und Fachreferentinnen, die mit ihrem Können und ihrem Wissen bei den Frauenfilmtagen mitgewirkt haben.
Nach Schätzungen der WHO zufolge erlebt jede vierte Frau im Laufe ihres Lebens Gewalt durch ihren Partner und jedes dritte Kind eine Form von Gewalt durch Eltern, Betreuungspersonen, Gleichaltrige oder andere Familienmitglieder. Auch in Deutschland ist die Gewalt an Frauen in der Corona-Krise deutlich gestiegen. Ausgangssperren und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit konnten zwar die Übertragung von COVID-19 eindämmen, doch in vielen Fällen wurden dadurch Opfer zwischenmenschlicher Gewalt zusammen mit ihren Peinigern eingesperrt.
Die Ausgangsbeschränkung und den Ausfall der Schule innerhalb der Familien brachte einen enormen Stress und Konfliktsituationen besonders in der Quarantäne. Viele Frauen haben im Home Office weiter gearbeitet, aber trotzdem waren sie mit dem Haushalt, mit der Unterstützung ihrer Kinder beim digitalen Unterricht und ganz allgemein mit der Kinderbetreuung überlastet.
Die traditionelle Geschlechterrolle, dass die Frauen für die Küche und für die Erziehung der Kinder zuständig sind und die Männer als Ernährer der Familie fungieren, ist durch die Pandemie wieder sichtbar geworden. Auch Frauen, die ihre Arbeit verloren haben, waren wieder angewiesen auf das Einkommen des Mannes. Die wirtschaftliche Abhängigkeit und die täglichen Konflikte hat viele Frauen in eine psychische Instabilität, Isolation und Perspektivlosigkeit gebracht. In Beziehungen, wo es gelegentlich Gewalt schon vor der Pandemie gab, ist die Gewalt jetzt regelmäßiger und sogar in manchen Fällen brutaler geworden. Frauen in einem traumatisierten Zustand schaffen es nicht rechtzeitig Hilfe zu holen oder trauen sich nicht zur Polizei zu gehen und die Peiniger anzuzeigen. Andere Frauen, die von ihrem Partner bedroht werden und in einer vom Partner kontrollierten Beziehung leben, haben sehr wenig Möglichkeiten ungehindert eine Telefonberatung anzurufen oder mit einer Frauenberatungsstelle in Kontakt zu treten. In ganz Deutschland und auch in Bielefeld sind in den letzten 6 Monaten die Frauenhäuser überfüllt, die Telefonhilferufe der Betroffenen von häuslicher und sexualisierter Gewalt sind enorm angewachsen. Trennungen und Scheidungsfälle sind auch aufgrund dieser Gewalt weiter gestiegen.
Für eine Studie der Technischen Universität München über die Gewalt an Frauen und Kindern in Deutschland während Covid-19 Pandemie wurde eine Online-Befragung mit 3800 Frauen in Deutschland zwischen 18 und 65 Jahren gemacht. Die Online-Befragung wurde zwischen dem 22. April und 8. Mai 2020 durch das Umfrageinstitut respondi durchgeführt und bildet somit den Zeitraum vor der deutschlandweiten Lockerung der Ausgangsbeschränkungen ab.
3,1% der befragten Frauen berichten von körperlicher Gewalt mit ihrem (Ehe-)Partner und in 6,5% der befragten Haushalte kam es zu körperlicher Bestrafung eines Kindes (z.B. Ohrfeige, Stoß, etc.). Bezogen auf emotionale Gewalt fühlen sich 3,8% der befragten Frauen von ihrem (Ehe-)Partner bedroht, 2,2% dürfen ihr Haus nicht ohne Erlaubnis des (Ehe-)Partners verlassen und von 4,6% der Frauen reguliert der (Ehe-)Partner soziale Kontakte mit anderen Personen.