Schwammstadt Bielefeld

Ein ganz normaler Haushaltsschwamm ist aufgrund seiner besonderen Porosität und Struktur in der Lage, das bis zu 20-fache des eigenen Trockengewichts an Wasser aufzunehmen und zu speichern. Was das mit Starkregenereignissen und Überschwemmungen zu tun hat? Jede Menge. Denn was im Spülbecken gilt, lässt sich auch auf ganze Städte übertragen.

Die Flutkatastrophe im letzten Sommer hat viele Menschen für die Gefahr durch Hochwasser und Überschwemmungen sensibilisiert. Im Gegensatz zum bekannten Fluss-Hochwasser, wo nach viel und anhaltendem Regen oder Schneeschmelzen die Gewässerpegel ansteigen und die Flüsse und Bäche über ihre Ufer treten, sind Starkregenereignisse schwer vorhersagbar und können jede Kommune treffen. Die plötzlichen Wassermengen können zu einer Gefahr für Leib und Leben werden und große Schäden verursachen. „Starkregen führt auch außerhalb des Einzugsgebiets von Gewässern zu Überflutungen. Wenn extrem viel Niederschlag in kurzer Zeit auftritt, ist Bielefeld wie jede andere Stadt potenziell gefährdet“, weiß Dagmar Maaß. Die Leiterin der Abteilung Umweltplanung im Umweltamt ergänzt: „Mit dem Klimawandel und der zunehmenden Erwärmung werden solche Ereignisse wahrscheinlicher.“
Allerdings sind nicht alle Gebiete gleich stark betroffen. Deshalb hat das Umweltamt eine Starkregengefahrenkarte (einsehbar auf der Website) erstellen lassen, die zeigt, welche Gebiete und Flächen bei Starkregen besonders betroffen sind und welche Wassertiefe und Fließrichtung zu erwarten sind. Hier können BielefelderInnen erfahren, welche Auswirkungen ein noch relativ moderates sogenanntes dreißigjähriges Ereignis hätte und welche ein außergewöhnliches Ereignis, das rein statistisch betrachtet alle 100 Jahre vorkommt.

Generell gilt: „In der Innenstadt, wo viel Oberfläche versiegelt ist, ist der Anteil des Regenwassers, das nicht versickert, tendenziell größer. Und bei befestigten, glatten Flächen fließt Wasser schneller – und ist damit gefährlicher – als beispielsweise über rauem Waldboden.“ Hier kommt der eingangs erwähnte Schwamm, bzw. das Stichwort „Schwammstadt“ ins Spiel: Die Stadt als Schwamm, der Regen zurückhält und zugleich dazu dient, das Stadtgrün zu bewässern. „Grünanlagen können temporär Wasser zurückhalten und zugleich trägt die Verdunstung durch das Stadtgrün zur Abkühlung und damit Verbesserung des Stadtklimas bei“, erklärt Dagmar Maaß das Denken in Kreisläufen. „Aktuell haben wir das Förderprogramm ‚Bielefeld begrünt Häuser‘, das ist ein Baustein für eine wassersensible Stadtentwicklung.“
Die wird generell immer wichtiger – als Überflutungsvorsorge, aber auch in Zeiten von vermehrter Hitze und Trockenheit. „Allerdings sind Gegenmaßnahmen im Bestand schwer. Natürlich ist es möglich, Bäume zu pflanzen und teilweise Flächen zu entsiegeln, aber das sind Maßnahmen, die nur auf großen Flächen wirken. Und auch das Anlegen von Notabflusswegen und kleineren Rückhaltebecken ist nicht von heute auf morgen umsetzbar.“ Während es in vorhandenen Quartieren relativ schwierig ist, nachträglich wassersensibel zu handeln, ist es bei Neubaugebieten einfacher, dem Schwammstadtprinzip zu folgen. „Es geht darum, dass möglichst viel Wasser direkt vor Ort versickert und gespeichert wird“, betont Dagmar Maaß. „Bei Neubaugebieten kann man Straßen anders gestalten und Festsetzungen machen zur Versiegelung von Flächen oder zur Dachbegrünung.“
Aber auch im Bestand können ImmobilienbesitzerInnen selbst etwas tun, um ihre Gebäude zu schützen und Schäden zu minimieren. „Das reicht vom Einbau wasserdichter Kellerfenster bis zur Erhöhung von Lichtschächten. Und natürlich sollten im Keller nicht gerade die wertvollen Sachen lagern“, empfiehlt Dagmar Maaß. Auch die bereits erwähnte Dachbegrünung und, wo möglich, Entsiegelung von Flächen sowie das Auffangen von Regenwasser können dazu beitragen, dass Bielefeld echte Schwamm-Qualitäten entwickelt.
Weitere Infos zur Starkregenvorsorge und wassersensiblen Stadtentwicklung finden sich auf der Website
www.bielefeld.de (Stichwort „Wasser“)