Tage ohne Ideen gibt es nicht

Kaufhausrestaurants sind für sie literarische Orte. „Aus der Zeit gefallen, stecken sie voller Geschichten und Poesie. Hier trinke ich gern einen Kaffee“, sagt Susan Kreller. Die diesjährigen Literaturtage ziehen die in Berlin lebende Autorin jetzt nach Bielefeld. Auf der Lesebühne der Stadtbibliothek stellt sie am 5.11. ihren neuen Roman „Salzruh“ vor.

Ich freue mich“, sagt Susan Kreller, „dass ich in der Stadtbibliothek lesen darf. Auf die Menschen, die kommen, um gemeinsam mit ihnen meine Geschichte zu erleben, auf die anschließenden Gespräche und speziell auf Antje Doßmann, die die Moderation übernimmt.“ Susan Kreller kennt sie aus ihrer Bielefelder Zeit. Bevor es die gebürtige Plauenerin vor vier Jahren mit ihrer Familie nach Berlin zog, lebte sie zwölf Jahre in der Stadt. „Als Teil der Bielefelder Autorengruppe haben wir uns einmal monatlich getroffen und uns einander Texte vorgelesen. Auch Lesungen in der auto-kultur-werkstatt gehörten dazu“, erklärt die 47-Jährige. Nach ihrer Promotion in Germanistik arbeitete sie zunächst an der Uni Leipzig und veröffentlichte parallel Geschichten für Kinder- und Jugendliche.

2015 erhielt sie für „Schneeriese“ den Deutschen Jugendliteraturpreis. „Der Carlsen Verlag kam dann mit der Frage auf mich zu, ob ich nicht ein Buch für Erwachsene schreiben wolle“, erzählt Susan Kreller. Sie wollte. Pirasol erschien 2017 Ihr Romandebüt für Erwachsene. Ob sie für Kinder oder Erwachsene schreibt, macht aus ihrer Sicht jedoch kaum Unterschiede. „Die Themen sind etwas anders und bei den Protagonisten achte ich auf das Alter“, fasst Susann Kreller zwei für sie wesentliche Punkte zusammen. Mit ihrem neuen Buch „Salzruh“ erfüllt sich die Autorin gleich mehrere Wünsche. „Ich wollte schon immer ein Buch schreiben, das in einem hermetisch abgeschlossenen Raum spielt. Dieses kammerspielhaftige, das einen Hercule Poirot-Moment entstehen lässt, fasziniert mich“, sagt sie. Und so versetzt sie in „Salzruh“ die Gäste der Pension Bertoldi unter dem strengen Regiment von Wirtin Oda Prager und dem Zimmermädchen Rosa genau in diese Lage. Das unbehagliche Miteinander und die Beklommenheit, die das Eingesperrtsein hervorrufen, forciert sie bewusst. „Mich hat das Genre des Schauerromans gereizt“, erklärt Susan Kreller, die mit den Elementen spielt und sie gegen den Strich bürstet. „Salzruh“ ist kein Wohlfühlbuch. Doch zwischen den Zeilen blitzt immer wieder Humor hervor. „Meine Lieblingsfigur ist die Kneipenwirtin, Anfang 60, Alkoholikerin – sie wird von allen als erste abgeschrieben, ist aber die coolste Socke von allen“, verrät Susan Kreller, der es nicht an Ideen für neue Buchprojekte mangelt. Ihr neuer Jugendroman „Das Herz von Kamp-Cornell“ erscheint im März 2025. „Kurz vor der Abgabe schreibe ich bis tief in die Nacht“, erzählt sie.
Gleichzeitig ist das Ende eines Buches für sie immer auch der Anfang für etwas Neues. Das nächste Buchprojekt steht dann schon in den Startlöchern. Tage ohne Ideen gibt es in ihrem Leben nicht. „Manchmal sammle ich zu viele, aber schon der Blick eines Menschen inspiriert mich, dafür eine Sprache zu finden, um ihm eine Form zu geben.“ Die schüchternen, die übersehenen Menschen sind es, über die Susan Kreller am liebsten schreibt. Auch im wirklichen Leben interessieren sie diese Menschen am meisten. „Ich habe große Sympathien für das Stille und Unauffällige“, resümiert sie. ✔

Tipp: 29.11., 20 Uhr, Lesung „Schwierigkeitsgrade“ der Bielefelder Autorengruppe, akw