GUT VERMITTELT

Hund gesucht, Job gefunden, so lautet die Kurzformel für einen ungewöhnlichen Neuanfang. „Meinen ersten Hund hatte ich aus dem Tierheim Bielefeld“, erzählt Anja Langer. „Irgendwann merkt man: Das Körbchen kann nicht leer bleiben.“ Beim Klick auf die TierheimWebsite entdeckte sie zufällig, dass die Stelle der Leitung frei war. Genau das passende soziale, nachhaltige Projekt, das sie sich nach 24 Jahren in der Modebranche vorstellen konnte.

Ihr Einstieg in den neuen Job – seit Oktober letzten Jahres leitet Anja Langer das Tierheim, vorher hat sie bereits ehrenamtlich dort gearbeitet – fiel exakt mit der ersten Corona-Welle zusammen. „Die Nachfrage nach einem Haustier war riesig. Das Katzenhaus war fast leergefegt und auch bei Kleintieren und Kaninchen gab es eine tolle Entwicklung.“ Die beste Nachricht: Die befürchtete Corona/Urlaubs-Rückgabewelle ist im Tierheim Bielefeld bislang ausgeblieben.

Ein Grund dafür könnte sein, dass Anja Langer und ihr Team ganz genau hinschauen, ob Mensch und Tier auch wirklich zusammenpassen. „Der Tierschutzverein ist unser Träger und damit gehen hohe Standards einher“, unterstreicht sie. „Es ist mir eine Herzensangelegenheit, die Menschen gut zu beraten.“ Besonders wichtig ist das bei den Hunden. „Die Nachfrage nach familienfreundlichen Hunden, maximal kniehoch und möglichst jung, ist riesig“, so Anja Langers Erfahrung. „Schwierig ist die Vermittlung von größeren Tieren. Besonders, wenn sie nicht alleine bleiben können, territoriales Verhalten sowie Futter- oder Leinenaggression zeigen. Daran kann man zwar arbeiten, aber man muss das durchstehen.“ Sie resümiert: „Die meisten Leute möchten ein unkompliziertes Familienmitglied. Aber wir haben Hunde mit Vorgeschichte, da steckt meistens ein bisschen Arbeit drin.“ Kritisch ist in diesem Zusammenhang, dass die Hundeschulen lange geschlossen waren. Laut Statistik haben sich in den letzten Monaten Beißvorfälle gehäuft. Dennoch ist die Leiterin überzeugt: „Für jeden, der den festen Willen hat, ein Tier aus dem Tierschutz zu nehmen, finden wir das passende Tier.“ Nur etwas Geduld ist manchmal gefragt. Und nach ausführlicher Beratung kann es manchmal sein, dass kein kleiner Hundewelpe ein neues Zuhause findet, sondern ein älterer Vertreter oder sogar ein ganz anderes Tier.

Wer sich nach einem Besuch der Website oder des Tierheims für einen bestimmten Hund interessiert, füllt zunächst einen umfangreichen Fragebogen aus. Abgefragt werden unter anderem Hundeerfahrung, Wohnverhältnisse, ob Kinder im Haushalt leben oder der Hund stundenweise alleine bleiben muss. „Es ist auch wichtig, dass sich die Menschen mit den Rasseeigenschaften auseinandersetzen. Ein Jagdhund passt nicht, wenn Kleintiere im Haushalt leben. Und Hütehunde sind zwar hübsch, aber wenn sie aus Langeweile die Kinder hüten, dann wird es kritisch. Der Hundewunsch und das Leben müssen zusammenpassen.“ Ist das der Fall, folgen ein gemeinsames Gassigehen, ein Probetag im neuen Zuhause und im Idealfall der Vertrag. 350 Euro kostet ein Hund aus dem Tierheim. Alle Tiere sind gechipt, haben eine Erstuntersuchung hinter sich und die Weibchen sind kastriert. Wie es im neuen Zuhause läuft, wird ebenfalls kontrolliert.  „Wir haben ganz tolle Ehrenamtliche, die als Inspektoren nach einer Weile gucken, wie sich der Hund eingelebt hat“, so die Tierheim-Leiterin. Überhaupt ist sie dankbar für die zahlreichen Ehrenamtlichen und Vereins-Mitglieder, die die Arbeit mit ihrem großartigen Engagement tatkräftig (als Gassigänger, Streichelpartner oder Kuchenbäcker fürs Café) und/oder finanziell unterstützen.

Im Schnitt leben im Tierheim übrigens 350 Tiere, knapp 1.000 werden im Jahr vermittelt. „Ich freue mich, wenn Tiere zu uns kommen, denn dann haben sie es geschafft“, unterstreicht Anja Langer. Neben wenigen Abgabehunden – oft ist ihr Mensch erkrankt oder verstorben, manchmal ist aber auch der Hund mehrfach auffällig geworden – ist der illegale Welpenhandel ein riesiges Problem. Ein Großteil der Hunde kommt allerdings über andere Tierschutzorganisationen nach Bielefeld, etwa aus der Smeura in Rumänien oder von Gran Canaria. „Wenn wir Boxen frei haben, finde ich es richtig, Hunden aus dem Ausland eine Chance zu geben“, betont die Tierheim-Leiterin. „Sonst würden sie vielleicht auf der Tötungsstation landen.“

www.tierheim-bielefeld.de