Wer bei Berufen mit Tieren nur an den Pferdewirt denkt, der verpasst zahlreiche weitere interessante Tierberufe, wie Landwirt/in, Tierpfleger/in, Tierarzt/ärztin, Tiermedizinische Fachangestellte/r, Tierwirt/in, Fischwirt/in, Forstwirt/in, Meeresbiologe/in, Zoologe/in, Biologe/in, Revierjäger/in, Kaufmann/-frau im Einzelhandel. Wir stellen zwei spannende Berufsfelder vor und haben mit Bielefelder Azubis gesprochen.

BIOBAUERN

Hanno Upmeier & Luca Girrbach

Ökologischer Landbau ist ihr Ding. Die Vielseitigkeit ihrer Arbeit begeistert sie. Hanno Upmeier und Luca Girrbach stecken mitten im dritten Ausbildungsjahr zum Landwirt. Und sind dennoch relativ neu auf dem Biohof Bobbert. Denn als Azubi in der Landwirtschaft wechselt man jedes Jahr den Betrieb.

Für uns ist es der zweite Hof, auf dem wir arbeiten, da wir die Ausbildung durch unser Abi auf zwei Jahre verkürzen und direkt ins zweite Ausbildungsjahr eingestiegen sind“, erklären Hanno Upmeier und Luca Girrbach. Hanno Upmeier kommt aus Bielefeld und hat zuvor auf Gut Wilhelmsdorf gearbeitet. Der, wie der Hof Bobbert, der im Herzen Bielefelds von Oda und Rüdiger Bobbert seit 20 Jahren nach Bioland-Richtlinien bewirtschaftet wird, nein zu Gentechnik, Kunstdünger und chemischen Pflanzenschutzmitteln sagt. Den gebürtigen Berliner Luca Girrbach zog es dagegen von einem großen Demeter-Hof in Seevetal bei Hamburg nach Bielefeld. „Der Betrieb hatte sich auf den Gemüseanbau spezialisiert. Dort gab es lediglich eine Mutterkuh“, erzählt der 22-Jährige. Das ist bei seinem aktuellen Ausbildungsbetrieb deutlich anders. Viehwirtschaft mit Gänsen, Schafen, Schweinen, Angus-Rindern, dazu Gemüseanbau und Ackerbau sowie ein Hofladen – das Spektrum auf dem Biohof Bobbert ist breit gefächert.

„Besonders die Direktvermarktung finde ich interessant, denn eine Wirtschaft im Kreislauf geht nur mit Ackerbau und Viehwirtschaft. Die Entscheidung war also goldrichtig, jetzt diese Aspekte neben dem Gemüseanbau mitzunehmen“, so der Berliner. Die Tiere auf dem Biohof werden artgerecht gehalten, das Futter größtenteils selbst erzeugt oder regional bezogen. Und wie Kreislaufwirtschaft in der Landwirtschaft funktioniert, erleben die beiden Azubis in dem Bielefelder Betrieb mit Direktvermarktung hautnah: „Die A-Ware wird im Hofladen verkauft, die B-Ware zu hofeigenen Produkten verarbeitet und zum Beispiel als Suppe ins Glas gebracht oder zu Quiches und Bratlingen verarbeitet. Ware, die nicht mehr verarbeitet werden kann, bekommen die Tiere.“ Die Direktvermarktung trifft, da sind sich beide einig, auch den Nerv der Zeit: „Unsere Generation möchte wissen, wo das Essen herkommt, wer es anbaut, was regional und saisonal ist. Die Transparenz ist für die Verbraucher einfach viel wichtiger geworden. Und auch die Tatsache, dass es für viele Lebensmittel keine Lieferkette rund um die Welt braucht.“ Die Entscheidung für einen ökologischen Hofbetrieb ist für Hanno Upmeier daher die Konsequenz. „Ich komme aus einem konventionellen Betrieb, doch die Zukunft der Landwirtschaft liegt woanders. Im Sinne des Tierwohls und aus ökologischer Sicht ist ein Bioland-Betrieb eine gute Sache“, betont der 21-Jährige, der den Hof seiner Familie weiterführen möchte. „Ich komme zwar vom Hof, aber meine Eltern haben mich nie gedrängt. Ich hatte immer auch die Option, etwas Anderes zu machen.“ Bei Luca Girrbach weckte seine Oma das Interesse an der Landwirtschaft. „Sie hatte ein Haus in Südtirol, der benachbarte Bauer war für meinen Bruder und mich immer ein Anlaufpunkt.

Rund 65 Angus Rinder, 85 Schweine, 20 Coburger Fuchsschafe und 350 Gänse sind auf dem Biohof Bobbert zuhause.

Wir haben beim Heuen geholfen und die frische Milch getrunken.“ Als er während der Schulzeit in Restaurants jobbte, in denen vorwiegend Saisonales wie Regionales verarbeitet wurde, keimte aus dem Produktionsgedanken heraus schließlich das Interesse an der Herkunft der Lebensmittel. Heute steckt er mitten drin in dem Prozess der „Produktion“. Mit der Gemüseernte sind sie zurzeit ebenso beschäftigt wie mit der Fürsorge, Pflege und Versorgung der Tiere. „Die Angus Rinder sind ein absoluter Traum“, schwärmt Luca Girrbach. „Sie erkennen uns sogar an der Stimme.“ Der respektvolle Umgang mit den Tieren ist für beide Azubis selbstverständlich. Und so profitieren die Schweine auch schon einmal von einer Extraportion Blumenkohl und die Gänse bekommen auch einen Extrahappen. Schon jetzt wissen die zwei Azubis, dass das Ende der Ausbildung nicht das Ende ihrer „Lernzeit“ ist. Beide wollen noch ökologischen Landbau studieren. Hanno Upmeier in Osnabrück, Luca Girrbach in Eberswalde bei Berlin. Während Hanno Upmeier dann in den elterlichen Betrieb einsteigt, würde sich Luca Girrbach gern den Traum eines eigenen Hofes verwirklichen. „Am liebsten im Umland von Berlin und natürlich mit Direktvermarktung“, unterstreicht der 22-Jährige, der, wie Hanno Upmeier, besonders die Abwechslung und Vielfalt in der Landwirtschaft schätzt.

TIERPFLEGERIN

FACHRICHTUNG ZOO

Sophia Kasdorf & Hennis Reich

„Tierpfleger wird man nicht, Tierpfleger ist man“, davon ist Markus Hinker, Tierpflegemeister in Olderdissen, überzeugt. Ebenso wie davon, in einem besonders vielseitigen Beruf zu arbeiten. Schließlich sind TierpflegerInnen Geburtshelfer, Ökotrophologen, Innenausstatter und Krankenpfleger, Handwerker und Gärtner in Personalunion.

Mit einer falschen Vorstellung räumt Markus Hinker auch gleich auf: „Im TV haben Tierpfleger meistens den ganzen Tag einen Pinguin auf dem Arm. Aber 90 Prozent der Tätigkeiten sind Reinigungs- und Fütterungsarbeiten. Es ist eine körperlich anstrengende Arbeit, bei der man bei Wind und Wetter draußen ist.“ Damit zukünftige Auszubildende zur TierpflegerIn/Fachrichtung Zoo das richtig einschätzen können, empfiehlt er vorab dringend ein Praktikum. Auch Sophia Kasdorf und Hennis Reich haben vor ihrem Ausbildungsbeginn im August bereits in den Arbeitsalltag im Heimat-Tierpark Olderdissen reingeschnuppert. „Mir war klar, dass es nicht nur darum geht, Tiere zu streicheln“, lacht die 19-Jährige. Ihr 18-jähriger Azubi-Kollege bestätigt: Durch das Praktikum wusste ich schon, was für Aufgaben auf mich zukommen.“ Neben einer realistischen Vorstellung haben die beiden großes Interesse an Tieren mitgebracht. Das begleitet beide seit ihrer Kindheit.

Als regelmäßige Gäste in „Ollerdissen“ und anderen Zoos und bei Sophia Kasdorf auch durch eigene Haustiere. Ein Lieblingstier haben die Azubis übrigens nicht. „Zu manchen hat man allerdings mehr Kontakt und dadurch eine engere Beziehung“, sagt Hennis Reich. Das kann Markus Hinker nur bestätigen: Oft wachsen einem Tiere, wie die an Hufrehe erkrankte Ponystute, um die man sich so gesorgt hat, besonders ans Herz. Aber natürlich sollen hier alle Tiere ein gutes Leben haben.“ Deshalb gehören die Behandlung erkrankter Tiere auf Anweisung des Tierarztes, das Töten kleiner Wirbeltiere bei aussichtslosen Verletzungen sowie das Verhalten bei Tiergeburten und Todesfällen zu den wichtigen Ausbildungsinhalten. Allerdings erst im zweiten Jahr. Im ersten stehen vor allem Reinigung und Fütterung auf dem Lehrplan. Auch das ist vielseitiger, als der Laie vermuten könnte. „Man muss zum Beispiel Futtergehölze kennen, aber auch Giftpflanzen, die nicht im Gehege wachsen dürfen“, erklärt Markus Hinker. „Bei falschem Futter oder allgemein schlechter Pflege leidet ein Tier oder stirbt sogar.“ Neben der Versorgung ist die artgerechte Beschäftigung wichtig. „Die Tiere müssen nicht wie in freier Natur Nahrung suchen“, so der Tierpflegemeister, „deshalb bekommen sie Spielzeug, mit den Eseln gehen wir auch mal spazieren oder verstecken Leckerlis für die Bären.“ Während der dreijährigen Ausbildung durchlaufen die Azubis alle fünf Reviere – vom Vogel- bis zum Raubtierrevier. „Da es aber um Haltung, Pflege und Zucht aller Tierarten – quasi von der Mücke bis zum Elefanten – geht, gehören neben dem Besuch der Berufsschule in Münster Praktika in anderen Zoos dazu“, so Markus Hinker. Dort lernen Sophia Kasdorf und Hennis Reich Tiere kennen, die es in Olderdissen nicht gibt – von Aquarientieren bis zu Menschenaffen. Ganz am Ende des Gesprächs fällt dem Tierpflegemeister noch ein zentraler Aspekt ein: die Sicherheitsunterweisung und Unfallverhütung. „Tierpfleger haben eine sehr hohe Verantwortung und müssen immer ihre Sinne beisammenhaben damit kein Unfall passiert. Nicht auszudenken was geschieht, wenn jemand vergisst, die Gehegetür bei den Bären zu schließen.“

Text: Stefanie Gomoll