Abgesagt…

Kurz vor Drucklegung unserer neuen Ausgabe erreichte uns die Nachricht, dass bis zum 30.4. alle Veranstaltungen abgesagt werden müssen, um eine weitere Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern. Das kulturelle Leben in unserer Stadt liegt brach.

Das ist für uns alle eine Enttäuschung. Jeder hatte sich auf ein Konzert, ein Fußballspiel, eine Ausstellung, Lesung, Nachtansichten, Hermannslauf und vieles mehr gefreut. Was für uns „nur“ Enttäuschung ist, bedeutet für die Kulturschaffenden, für die Künstler und Künstlerinnen, für die freiberufl ichen Bühnentechniker, Beschaller, Beleuchter, für die Veranstalter und Caterer und viele mehr eine Katastrophe, die zum Teil existenzbedrohend ist – auch wenn die Absagen nach heutigem Kenntnisstand die sinnvollste Maßnahme sind, um die Ausbreitung des Virus‘ zu verlangsamen. Wir haben bei Veranstaltern nachgefragt, was die Absagen für sie bedeuten.

MICHAEL HEICKS

Intendant Bühnen und Orchester der Stadt Bielefeld

Bei uns fallen bis Ende April über 100 Vorstellungen aus. Das tut natürlich weh. Als wir die Nachricht bekommen haben, dass wir unseren Vorstellungsbetrieb komplett einstellen müssen, war das gesamte Team natürlich erst mal schockiert. Aber es ist der absolut richtige Weg. Wir setzen alles daran, den Spielbetrieb sofort wieder aufnehmen zu können, sobald es die Lage erlaubt.

KIM DALLÜGGE

Stratmann Event

Eine große Herausforderung war, auf jede neue Entwicklung zu reagieren und so schnell wie möglich die Besucher über Terminverlegungen oder auch Absagen
zu informieren. Im Moment planen wir zusammen mit den nationalen und internationalen Tournee-Agenturen alles um und suchen Lösungen, die für alle verträglich sind. Für zahlreiche Events haben wir bereits Ersatztermine gefunden.

MARTIN KNABENREICH

Chef der Bielefeld Marketing

Wir haben großes Verständnis für die Maßnahmen. Lieber jetzt konsequent handeln, damit wir schnell wieder Normalität haben. Wir fahren im Augenblick zweigleisig. Wir planen so, als würden Veranstaltungen ab Mai wieder stattfinden, aber haben dabei im Hinterkopf, dass es anders kommen kann und sind darauf vorbereitet. Sorgen machen wir uns um unsere Partner, die Schausteller, Gastronome, Bühnenbauer, Elektriker, um nur einige zu nennen. Damit diese nicht in finanzielle Not geraten, müssen die von der Politik angekündigten Hilfen sehr schnell umgesetzt werden.

Jetzt heißt es: Solidarität zeigen. Vielleicht mag sich jeder fragen, ob er sein Ticket für eine abgesagte Veranstaltung wirklich sofort zurückgeben muss. Oder ob er sich auf eine Veranstaltung in ein paar Wochen freut oder diese Maßnahme einfach als Spende – als Unterstützung – der Kultur-Szene betrachtet.

TOM KUMMERFELDT

Newtone

Das ist der Super-GAU. In den Monaten März bis Mai haben wir Hochsaison mit unseren Veranstaltungen. Auch für Randale wurden alle 20 Auftritte abgesagt. Und wir wissen noch nicht, wie es weitergeht. Finanziell stark betroffen sind natürlich auch die Künstler, Techniker und Aufbauhelfer. Falls es Hilfen gibt, müssten die schnell und unbürokratisch verteilt werden, denn jeder Tag kann entscheidend sein für das Fortbestehen der vielen Unternehmen der Kreativbranche – die übrigens in Deutschland so groß ist wie die chemische Industrie, nur auf tausende von Firmen verteilt. Man kann nicht so einfach alle Termine verlegen. Wann sollen die Veranstaltungen denn alle stattfi nden?

HENNER ZIMMAT

Vorstand der Kaufmannschaft Altstadt e.V. & Agentur extrem beweglich

Für Eventler ist das gerade keine gute Zeit.
Jetzt hilft nur, zusammen im Team Lösungen zu
fi nden, damit alle Beteiligten fair miteinander
umgehen, die Sponsoren dabeibleiben und die
Last auf vielen Schultern getragen wird. Für
Bielefeld ist es sehr bedauerlich, dass das große
Straßenevent „Hut ab!“ in Kombination mit dem
Sonntagsshopping, der für den Einzelhandel
sehr wichtig gewesen wäre, nicht stattfi ndet.
Die Künstler haben wir auf das nächste Jahr
vertrösten können. Es geht weiter und das
ist wichtig. Wir hoffen, dass die nächste Party
farbrausch#7 am 16.5. stattfi nden kann.

CHRISTIANE HEUWINKEL


Künstlerische Leiterin/Geschäftsführerin Kunstforum Hermann Stenner gGmbH

„Einatmen, ausatmen!“ Diesen Titel eines Aquarells von Johannes Itten aus dem Jahr 1922 versuche ich im Gedächtnis zu halten, wenn ich durch die leere, dunkle Ausstellung gehe. Noch vor wenigen Tagen mit hunderten Besuchern bei bester Laune eröffnet, haben wir nun eine „Geister-Ausstellung“ im Haus. Zwar verzichteten wir auf Eröffnungsreden, um zu große Nähe der Besucher*innen zu vermeiden und waren mit Desinfektionsmitteln ausgestattet, doch ahnten wir damals das Ausmaß der Maßnahmen noch nicht. Aber die Einschränkungen sind so richtig. Halten wir durch. Mit Vorsicht und Vernunft schaffen wir das!