DIGIZUBIS HEBEN POTENZIALE
Die Bilanz nach der ersten DiGiZUBI-Runde ist positiv. 27 Auszubildende aus neun Unternehmen haben über sechs Monate in Projektarbeiten erfolgreich Digitalisierungspotenziale in ihren jeweiligen Unternehmen aufgespürt. Bodo Venker, Projektleiter Berufliche Bildung, und Benjamin Schattenberg, Referent Technologie und Innovation, haben sie begleitet und unterstützen das Projekt von Seiten der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld. Die nächste Runde ist gerade angelaufen.
DiGiZUBIS – Auszubildende digitalisieren ihren Betrieb“ lautet die offizielle Bezeichnung für das Projekt, angestoßen von der IHK, das Auszubildende mit ihren Sichtweisen und Fähigkeiten aktiv in den Digitalisierungsprozess einbindet. „Warum nicht das Interesse der Jugendlichen an Digitalisierung nutzen, die duale Ausbildung im Betrieb attraktiver gestalten und gleichzeitig Digitalisierungsprojekte im Unternehmen antreiben?“, formulieren die beiden IHK-Projektleiter die Fragestellung und damit auch die Idee hinter dem Projekt. Angepasst an die Bedürfnisse der IHK knüpft es an das Vorläuferprojekt Digiscouts vom RKW Kompetenzzentrum an. „Wir wollten aber noch näher an den Azubis und ihren Projekten dran sein. Wir geben Tipps und versuchen als Coaches andere Blickwinkel aufzuzeigen“, erklärt Benjamin Schattenberg. „Ziel ist es, jedes Jahr zehn Unternehmen für das Projekt zu begeistern und Azubis zu unterstützen, eigenständige Ideen auszuarbeiten und Erfahrungen in der Selbstorganisation auszubauen“, macht Bodo Venker deutlich. Neun Unternehmen und insgesamt 27 Azubis hatten sich beim ersten Durchlauf beteiligt. Lars Mühlbäck und Clemens Brink von der SK Pharma Logistics GmbH aus Bielefeld sind zwei von fünf Azubis aus dem Unternehmen, die sich eingebracht haben. Produziert haben sie ein Video-Tutorial für die Kommissionierung in einer Anlage ihres Arbeitgebers.
„Für die Idee brauchten wir einige Brainstorming-Runden“, erinnert sich Lars Mühlbäck und ist wie alle im Team mehr als zufrieden mit dem Resultat. Das Lehrvideo der Azubis stellt die komplexen Arbeitsschritte bei der Kommissionierung anschaulich und leicht verständlich dar. „Davor gab es für die Einarbeitung neuer Mitarbeitenden oder bei Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen nur schriftliche Anweisungen. Das war für sie ebenso schwierig wie für die Mitarbeitenden aus den Abteilungen selbst, die immer wieder die Arbeitsprozesse erklären mussten“, weiß der 21-Jährige aus dem zweiten Ausbildungsjahr. „Jetzt gibt es eine verbindliche Leitlinie und einen Maßstab zur Einarbeitung“, fügt Clemens Brink aus dem dritten Ausbildungsjahr hinzu. „Wenn man etwas vergessen hat oder Fragen auftauchen, schaut man jetzt einfach noch einmal das Tutorial. Und zwar zu jedem Zeitpunkt.“ Im Herbst 2022 startete das Projekt, Ende Januar 2023 war das Azubi-Team mit den Scripten und dem Videodreh fertig. „Glücklicherweise hat die IHK einen Workshop zum Thema Projektmanagement angeboten, das hat unheimlich geholfen, die Aufgaben zu verteilen. Jeder von uns hat das gemacht, was er besonders gut konnte.“ Der Ausbildungsbetrieb stellte dem Azubi-Team Zeit und Equipment zur Verfügung. Profitiert haben die Azubis aber auch von den Workshop-Themen wie Zeitmanagement. „Das war für uns ein großes Thema“, so die beiden angehenden Großund Außenhandelskaufleute. Zu lernen, sich Meilensteine zu setzen oder nach einer speziellen Methode zu arbeiten und eine Aufgabe nach der anderen anzugehen, war für sie hilfreich und ein echter Mehrwert. „Die Workshops, die gleich zum Auftakt stattfinden, damit die Azubis mit Vorkenntnissen ins Projektmanagement starten, leiten externe Referent*innen“, so Bodo Venker. „Es ist ein kleiner Einblick, damit die Azubis theoretisch vorbereitet an die praktische Umsetzung gehen können.“ „Das nötige Wissen zur Entwicklung und Umsetzung eines Digitalisierungsprojekts wird den Auszubildenden in diesen Workshops vermittelt“, fügt Benjamin Schattenberg hinzu. „Wir stoßen Ideen an, aber wir steuern auch Wissen aus unserem Netzwerk bei.“
Die Zustimmung von Kolleg*innen und der Geschäftsführung hat die Azubis motiviert. „Es war ein spannender Lernprozess, durch den wir unsere Komfortzone verlassen mussten“, stellt Clemens Brink fest. Und so hat das Projekt gleich mehrere Türen geöffnet. Längst haben die zwei Azubis neue Bereiche mit Digitalisierungspotenzial identifiziert und stecken schon begeistert in einem Nachfolgeprojekt und nutzen dafür auch Künstliche Intelligenz. „Wir gehören zu der Generation, die mit digitalen Prozessen aufgewachsen und gewohnt ist, den Alltag digital zu steuern“, sagt Clemens Brink. „So spricht eine KI-Voice beispielsweise den Text für das Video-Tutorial“, erklärt Lars Mühlbäck. Fest steht: Das Projekt hat viel Neues angestoßen. Einen Mehrwert wollten die Azubis als Team von Anfang an schaffen. „Aber wir haben nicht gedacht, dass es dazu führt, noch mehr Abteilungen zu digitalisieren.“ Bei den Mitarbeitenden stoßen sie auf offene Ohren, denn das Video-Tutorial hilft, Arbeitsabläufe reibungsloser zu gestalten, den Personalaufwand für Einarbeitungen zu verringern und Risiken zu minimieren. Auch eine Erweiterung auf unterschiedliche Sprachen ist denkbar. „Außerdem haben wir jetzt einen viel besseren Überblick über die Abläufe im gesamten Unternehmen und sind mit Leuten ins Gespräch gekommen, die wir vorher nicht kannten“, so die zwei. Auch das entspricht den Vorstellungen der IHK-Coaches. „Es ist ein Projekt, das ausgehend von Auszubildenden Impulse setzt, entbürokratisiert, die digitalen Kompetenzen der Azubis fördert und dazu beiträgt, zusätzliche Prozesse in Unternehmen digitaler aufzustellen“, sind sich Bodo Venker und Benjamin Schattenberg einig. ✔