MAX MEIS IN BIELEFELD
„Very British NRW“ ist der neueste Film von Max Meis. Er erzählt die Geschichte der Briten in NRW, vom zweiten Weltkrieg bis heute. Fast 80 Jahre komprimiert in 45 Minuten – eine Herausforderung. Herausgekommen ist eine spannende wie unterhaltsame Dokumentation. Das Archiv ist pickepackevoll“, berichtet der Bielefelder Filmemacher, der als freier Autor für den WDR tätig ist.
Kein Wunder, denn die Presse und somit auch die Rundfunkanstalten standen nach Kriegsende unter alliierter Kontrolle. Die Beziehung zwischen Briten und Deutschen war nicht immer einfach. Nach dem Zweiten Weltkrieg von den einen als Befreier von anderen hingegen als Besatzer betrachtet, war den Soldaten anfangs sogar der Kontakt zur deutschen Bevölkerung untersagt.
Das „Fraternisierungsverbot“ wurde jedoch recht schnell aufgeweicht – nicht zuletzt durch die Liebe. Viele Ehen wurden geschlossen. Im Film kommen die mittlerweile erwachsenen Kinder zu Wort. „Das gibt dem Film eine junge, aber auch eine weibliche Sicht. Das war uns wichtig. Wir wollten nicht nur alte Männer von früher erzählen lassen“, lacht Max Meis. Kinder in Schuluniformen, feiernde Soldaten im Irish Pub unter dem Bielefelder Rathaus oder ein nur mit Boxershorts bekleideter Engländer bei null Grad im Brunnen in der Altstadt – das sind die Erinnerungen, die der 38-Jährige aus eigener Anschauung mit den Briten verband, bevor er vor anderthalb Jahren ganz tief in die Recherche abtauchte. „Die Briten haben überall Spuren hinterlassen. Angefangen bei der Gründung des Bundeslandes NRW 1946 Sie haben uns die Demokratie beigebracht.“ Max Meis zeigt stimmungsvolle Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Soldaten am Hermannsdenkmal, Panzer, die durch die Straßen unserer Region rollten und kombiniert sie mit Statements von Engländern, die noch heute hier leben.
Eigentlich wollte das britische Militär Deutschland bis 2020 längst verlassen haben, doch die weltpolitische Lage hat sich gravierend verändert. Fast fühlt man sich in die Zeiten des Kalten Kriegs zurückversetzt. „Wir dachten, dass die Zeiten der gegenseitigen Abschreckung längst überwunden seien“, sagt Max Meis nachdenklich, „aber leider hat unser Film durch den Krieg in der Ukraine eine ungeahnte Aktualität erhalten. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Menschheit einfach nicht weiterkommt.“
Very British NRW“ ist sein achter Dokumentarfilm als Regisseur. Und er hat damit offenbar einen Nerv getroffen, denn nach der Ausstrahlung im WDR gab es viele lobende Zuschriften. Zudem erreichte der Film auf seinem Sendeplatz die beste Quote, obwohl zeitgleich die erste Runde im DFB-Pokal lief. „Es gibt Überlegungen, einen weiteren Film zu dem Thema zu machen“, freut sich Max Meis. Denn im nächsten Jahr steht das 80-jährige Jubiläum der Ankunft der Briten in Deutschland an. Auch bei seinen Independent Produktionen, die zumeist über Crowdfunding finanziert werden, beweist der Bielefelder ein sehr gutes Gespür für interessante Storys. Ein aufrichtiges Interesse an den Menschen treibt ihn an. So entstand 2010 sein erster Film „The Dorp“, das über das Leben in einem südafrikanischen Township in Kapstadt berichtete. Für „Rock China Roll“ begleitete er eine deutsche Hardrock-Band auf ihrer Tour durch China. Viel Herzblut steckt auch in dem Film „Die Würde des Balles“. Hier zeichnet er die seinerzeit 40-jährige Geschichte der Wilden Liga in Bielefeld nach, Fußball jenseits des vom DFB organisierten Vereinssports. Ein Film, der weit über die Stadtgrenzen hinaus für Aufmerksamkeit sorgte. ✔
„Very British NRW“ ist noch bis zum 14.8.2025 in der Mediathek abrufbar: www.ardmediathek.de/wdr