diagonal DURCH RAUM UND ZEIT

Angesichts dieses „Geburtstagsständchens“ können die üblichen kleinen Gratulationstruppen einpacken. Am 24. & 25.9. werden 70 internationale Mitwirkende in Besetzungen von Soli über Ensembles bis zum Tutti sowohl die Konzerträume der Rudolf-Oetker-Halle als auch Open-Air-Bereiche vom Teutoburger Wald bis zur Innenstadt bespielen.

Anlässlich seines 70. Geburtstags widmet die Cooperativa Neue Musik Willem Schulz eine große Retrospektive mit Arbeiten aus den Jahren 1968 bis 2020. Der Musiker, der bereits in den 1970er Jahren Mitglied im legendären Ensemble Musica Negativa war, ist bekannt als experimenteller Cellist und als künstlerischer Leiter innovativer Festivals und Konzertformate. In Bielefeld hat er etwa die „Stadtsinfonie“, fünf „Diagonale“-Festivals sowie die „Bielefelder Schwärme“ am Obersee initiiert. „Willem Schulz hat die Neue Musik bekannter gemacht und hier in der Stadt so viel angestoßen, dass wir von der Vereinsseite her mehr tun wollten, als nur ‚Happy Birthday‘ zu singen“, lacht Cooperativa-Mitglied Marcus Beuter. „Obwohl wir das im Hintergrund ständig tun.“ Die Betonung liegt auf „ständig“, denn eigentlich war die Veranstaltung bereits für April geplant. Jetzt geht sie mit einem neuen, entzerrten Konzept an den Start, das auch unter Pandemiebedingungen funktioniert. „Die ursprüngliche Idee, die Oetkerhalle sehr dicht zu bespielen, haben wir verworfen“, so Willem Schulz. „Aber die Aufgabe von Künstlern ist es schließlich, kreative Lösungen und neue Ansätze zu finden, wie man mit der gesellschaftlichen Situation umgeht. Und sieben Konzerte auf verschiedene Tages- und Nachtzeiten und Orte aufzuteilen, ist mindestens ebenso spannend.“

Außerdem passt das Konzept gut zum Schwerpunkt der Arbeit des Cellisten, der den Raum – ob Architektur oder Landschaft – immer ganz bewusst mit einbezieht, durch Klang neu entdeckt. Und so geht es jetzt diagonal durch die Perioden seines Schaffens, diagonal durch spannende kompositorische Ideen und diagonal durch die Orte. Teilnehmende sind: Ensemble Xenon, Ensemble Contemporary Insights, Zachary Seely, Arminio-Quartett, Das Erste Improvisierende Streichorchester, Minako Seki, Jan Gerdes, Reinhold Westerheide, Mitch Heinrich u.v.a. Nur einer ist ausschließlich als Zuhörer dabei: Willem Schulz. „Es ist ein riesiges Geschenk, dass andere meine Werke spielen, aber zugleich fast anstrengender, als selbst zu spielen“, lacht der Cellist. „Ich bin da manchmal in einer Art Schreckmodus.“ Schrecklich schön dürfte da auch die Uraufführung seines neuesten Werkes „Massen“ durch das Cooperativa Ensemble werden. Ihm geht es darum, den Klang der Vielen zu erschließen. So wie im Chor jede Stimme ein Individuum ist und doch als Masse zusammenklingt. „Das kann subtil sein, aber auch brutal und überwältigend“, sagt Willem Schulz. Und manchmal auch humorvoll, denn das Stück steigt damit ein, dass es den Applaus, den die MusikerInnen beim Betreten des Saals bekommen, sofort aufnimmt und abspielt, wenn längst keiner mehr klatscht. Eine originelle und verdiente Ovation an Willem Schulz.


www.cooperativaneuemusik.de

Das Programm

24. + 25. September 2021

Freitag

I. 20 Uhr Ouvertüre Rudolf-Oetker-Halle, kl. Saal

– fliegend (2017)

– Fluxus (1970)

– ferner gesang (2007)

– Die Nager (2012)

II. 24 Uhr Nachtkonzert Rudolf-Oetker-Halle, gr. Saal

– Sand und Sterne 3

– Ahnungen nur (2009) – 3 Liebeslieder

– Ich denke an dich in der Stille der Nacht (2019)

– Farben der Stille

Samstag

III. 06 Uhr Morgendämmerung Teutoburger Wald

– Rufe 5 – 10

– zrirr (1989), Planetenbahn, Soli

IV. 12 Uhr Stadt-Performance Innenstadt

– simultan (1998 – 2008)

– dirigiere (2008)

– zrirr (1989), Planetenbahn, Wasserfall, Soli

V. 17 Uhr Schräger Marsch Oetker-Park + U-Bahn-Station

Rufe 5 – 10

Schräger Marsch + Klangpassagen (2018)

VI. 19 Uhr Gala Rudolf-Oetker-Halle, gr. Saal

– Musikwissenschaftlicher Vortrag

– Deine Ohren (1969)

– Haus für Tuba (2012)

– irgendwo – ein Liebeslied (2009)

– MASSEN

– A & O

– simultan (1998-2008)

VII. 22 Uhr Finale Rudolf-Oetker-Halle, kl. Saal

– Relationen (2018)

– Fluxus-Text: Hier gilt (1970)

– Kamikaze Ausschnitte (2002)

– communicazione (2018)

– Skulpturen (1999)