Bielefelder Baukultur in Industrie, Wirtschaft und Dienstleistung 1986–2020

BVA Bielefelder Verlag GmbH & Co. KG, Band 23 der Sonderveröffentlichungen des Historischen Vereins für die Grafschaft Ravensberg

Erstaunlicher Bauboom

Du hast Dich ja gar nicht verändert. Diese zwiespältige Standardfloskel alter Bekannter, die sich lange nicht gesehen haben, trifft auf Bielefeld ganz und gar nicht zu. Im Gegenteil: Kaum wiederzukennen passt besser. Ein erstaunlicher Bauboom hat Bielefeld in den letzten 15 Jahren ein neues Gesicht gegeben. „Die Entwicklung ist rasant, man kommt mit der Veränderung kaum mit“, unterstreicht Prof. Dr. Andreas Beaugrand. Dennoch hat er versucht, sie einzufangen – in einem gemeinsam mit Dr. Flörian Böllhoff initiierten Buch- und Ausstellungsprojekt. Mit seinen außergewöhnlichen Fotos sowie fachkundigen Beiträgen zahlreicher AutorInnen führt der Bildband eindrücklich vor Augen, wie sehr sich die Stadt tatsächlich verändert hat.

Stadtgestalt im Wandel

Unternehmerische Großbaustellen in nahezu jedem Stadtteil sowie den Stadtrandbezirken. Auf dem Campus Bielefeld befindet sich mit dem Modernisierungs- und Neubauprojekt von Universität und Fachhochschule eine der derzeit größten Baustellen Europas, in die bis etwa 2025 mehr als eine Milliarde Euro investiert werden. Alle diese Bauten und Bauvorhaben, die nicht zuletzt in Verbindung mit der starken Innovations- und Wirtschaftskraft heimischer Unternehmen zusammenhängen, werden auch wegen der im Aufbau befindlichen Medizinischen Fakultät der Universität wiederum neue Studierende, Lehrende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Stadt führen. Bielefeld wächst und somit wird auch der Wohnraum knapper für die Menschen, die in den Unternehmen von Industrie, Wirtschaft und Dienstleistung aktuell tätig sind bzw. zukünftig tätig sein werden.

Das Buch- und Ausstellungsprojekt zur Bielefelder Baukultur in Industrie, Wirtschaft und Dienstleistung diskutiert diese vielfältigen Fragen am Beispiel fotografischer Porträts durch stilistisch sehr unterschiedlich arbeitende Studierende der Fotografie und Medien am Fachbereich Gestaltung der Fachhochschule Bielefeld sowie durch Textbeiträge aus verschiedenen wissenschaftlichen Perspektiven und Disziplinen.

Das Projekt macht darauf aufmerksam, dass sich Bielefelds Stadtgestalt infolge der fortschreitenden Digitalisierung sowie der dynamisierten Globalisierung in den vergangenen gut drei Jahrzehnten ähnlich massiv verändert hat wie nach 1847 (Anlage der Köln-Mindener Eisenbahn, Errichtung des „Bahnhofs bei Bielefeld“ und die daraus folgende Industrialisierung), wie nach 1945 (Wieder- und Neuaufbau der Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs und Integration der Ostvertriebenen), wie nach 1968 und nach 1971 (Gründung von Universität und Fachhochschule Bielefeld, Integration von Akademikern und Studierenden sowie Baubeginn des Ostwestfalendamms). Das Projekt knüpft rund 35 Jahre später an die 1986 von Dr. Florian Böllhoff, Prof. Jörg Boström und Prof. Dr. Bernd Hey († 2011) herausgegebene Publikation „Industriearchitektur in Bielefeld. Geschichte und Fotografie“ und die damit verbundenen Ausstellungen im damaligen Kulturhistorischen Museum Waldhof und in der Kunsthalle Bielefeld an.