Die Tage werden nicht kürzer, sondern die Lesezeit länger. Hier einige Neuerscheinungen.
Ingo Bott / Pirlo – Falsche Zeugen
Scherz, 16 €
Auf den ersten Blick ist der Fall klar. Rainer Waßmer, Anführer einer Nazi-Rocker-Bande, wurde vor einem Düsseldorfer Bordell ermordet. Am Tatort wird Faruk Maliki, Thronfolger einer bedeutenden Clan-Familie, gesehen – buchstäblich mit blutigen Händen. Zuvor hatte es eine vergleichsweise harmlose Auseinandersetzung der Banden gegeben. Strafverteidiger Anton Pirlo und seine Partnerin Sophie Mahler sollen Maliki verteidigen. Ein aussichtsloses Unterfangen? Nicht wirklich: Denn warum sollte Faruks Clan die bis dato friedliche Koexistenz der beiden Banden, die ihre Reviere säuberlich aufgeteilt hatten, aufs Spiel setzen? Als bei einem Anschlag ein Clan-Mitglied schwer verletzt wird, droht ein blutiger Bandenkrieg. Die Frage ist: Wer hat daran ein Interesse? Ausgerechnet Pirlo, der in Sachen Clans selbst familiär vorbelastet ist, muss bei den Recherchen, um seinen Mandanten zu entlasten, genau in dem Milieu ermitteln, aus dem er vor etlichen Jahren nicht schnell genug herauskommen konnte. Ein spannender Wettlauf mit der Zeit beginnt.
Ralf König / Vervirte Zeiten
Rowohlt, 14 €
Konrad und Paul sind wieder da! Aber sie haben es gerade nicht so leicht – aber das betrifft auch den Rest der Welt. In China ist ein neuartiges Virus aufgetaucht. Gähn. Da hätte ja gleich der sprichwörtliche Sack Reis umfallen können. Aber nur wenige Monate später tritt die Menschheit voll auf die Bremse: Der Eurovision Song Contest fällt aus! Die Irritation ist groß, auch bei Konrad und Paul in Köln: Lockdown? Zu Hause bleiben? Und das im Frühling, wenn Pauls Hormone Samba tanzen … Ralf König hat ein grandioses Corona-Tagebuch in Comicstripform geschaffen. Beim Lesen und Betrachten merkt man erst, wie schnell große Teile der Menschheit sich an dieses sogenannte „new normal“ gewöhnt hat – oder eben auch nicht. Seit dem ersten Lockdown im März 2020 erheiterte Ralf König auf seinen Facebook- und Instagram-Profilen täglich seine Leserschaft mit Kurzcomics zur Coronakrise. Jetzt gibt es die Tagebuch-Einträge als Buch. Und das Nächste wird sicherlich nicht lange auf sich warten lassen. Trotz Krise ein ungeheuer unterhaltsamer Lesespaß!
Lucy Foley / Abendrot
Penguin, 15 €
Lucy Foley gilt zu recht als Queen des psychologischen Spannungsromans. Ihr neuer Krimi führt die Protagonisten nach Paris. Ein einsames Haus am Ende einer verwinkelten Seitengasse im Stadtviertel Montmartre: Pleite und nur mit einem einzigen Koffer in der Hand steht Jess vor der Tür ihres Bruders, der versprochen hat, sie für ein paar Wochen bei sich wohnen zu lassen. Doch auf ihr Klingeln öffnet niemand die Tür. Die Nachbarn wissen von nichts, wirken abweisend und lassen Jess spüren, dass sie als Gast in der Wohnung ihres Bruders nicht willkommen ist. Das alte Gebäude mit seinen geheimen Treppenaufgängen und den vielen verschlossenen Türen scheint ein Geheimnis zu verbergen. Nach und nach findet Jess mehr über die Bewohner heraus. Ihr Bruder, der als Journalist arbeitet, bleibt verschwunden. War er an einer heiklen Story dran? Der Thriller mit kammerspielartigen Zügen ist ein echter Pageturner.
Mariana Leky / Kummer aller Art
Dumont, 22 €
Mariana Leky hat nicht nur eine sehr genaue Beobachtungsgabe, sondern das Talent, klug und humorvoll die Absurditäten des Alltags einfühlsam zu beschreiben. Kummer aller Art plagt die Menschen, die sich, mal besser, mal schlechter, durch den Alltag manövrieren. Aber der Kummer vereint sie auch. Wenn etwa auf Spaziergängen Probleme zwar nicht gelöst werden, aber zumindest mal an die Luft und ans Licht kommen. Die innere Unruhe ist ein verbindendes Element der lesenswerten Geschichten, die von Liebeskummer, zitternden Händen, der Vergänglichkeit, Verlust, von mangelnder Entspannung und vielem mehr handeln. Es sind zutiefst menschliche Geschichten.
Tove Alsterdal / Sturmrot
Rowohlt Polaris 17 €
Manchmal ist es keine gute Idee, einer Eingebung zu folgen. Olof Hagström fährt an der malerischen Nordküste Schwedens entlang, als er einem Impuls folgt und in die Kleinstadt abbiegt, in der er aufgewachsen ist. Und in der er seit über zwanzig Jahren nicht mehr war. Vor dem Haus seiner Kindheit überfällt ihn Unruhe. Er findet den Schlüssel, der noch immer unter dem vertrauten Stein liegt. Im Haus erwarten ihn ein panischer Hund, schrecklicher Gestank und Wasser, das sich auf dem Boden sammelt. Im Badezimmer findet er seinen Vater, den er ebenfalls seit fast zwei Jahrzehnten nicht gesprochen hat. Erstochen mit einem Jagdmesser. Schnell gerät Olof Hagström unter Verdacht, denn in der kleinen Stadt erinnert man sich noch sehr gut daran, dass er als 14-Jähriger gestanden hatte, ein Mädchen namens Lina Stavred vergewaltigt und ermordet zu haben. Auch Polizistin Eira Sjödin, seinerzeit neun Jahre alt, ist mit der Geschichte vertraut. Die Suche nach dem Mörder führt sie zurück zum Fall Lina. Zurück zu Ereignissen in der Vergangenheit und in der Gegenwart, die die nordschwedische Region bis ins Mark erschüttern.