Die Theaterspielzeit 2025/26

Als Motto für ihre erste Spielzeit in alleiniger Intendanz hat Nadja Loschky einen Ausspruch gewählt, der sich in den unterschiedlichsten Situationen durch unsere Gedanken zieht – etwa angesichts weltbewegender Ereignisse, die uns mit erschütternder Wucht treffen.

Stadttheater Bielefeld (Foto: Sarah Jonek)

„Unfassbar real“ ist es zum Beispiel, wenn das Unbegreifliche Wirklichkeit wird, wenn weltweit Menschen an die Macht kommen, die die Demokratie gefährden. „Was ist nach 75 Grundgesetz – Frieden, Freiheit, Sicherheit auf der Basis demokratischer Grundordnung – aus unserem Rechtsstaat geworden? Was geschieht in der Welt, welche Mächte spielen dort und wie ändert das womöglich unser Dasein“, fragt die Intendantin.

Zugleich betont Nadja Loschky die positive Seite des Mottos: „Gerade das Unfassbare im Realen kann Angst machen. Doch unfassbar ist nicht nur ein Wort des Schreckens. Es beschreibt ebenso das Außergewöhnliche, das Atemberaubende, das unsere Erwartungen übertrifft und unsere Vorstellungskraft herausfordert. Theater ist ein Medium, das unfassbar real ist – sowohl in seiner unmittelbaren Wirkung auf das Publikum als auch in dem, was es abbildet.“

Die Realitäten, die das Theater Bielefeld in der kommenden Spielzeit auf die Bühne stellt, bieten dabei immer wieder Anknüpfungspunkte an brandaktuelle Fragen. Etwa wenn „Reineke Fuchs“ sich in dem gleichnamigen Stück von Goethe (Premiere: 13.9.25) mit Lügen und Intrigen in der Hierarchie immer weiter nach oben manövriert. Oder wenn der hochpolitische Thriller „Kangal“ (23.1.26) von Überwachung und Denunziation erzählt, die von der Türkei bis nach Deutschland reichen.

Kerstin Tölle (Team Vermittlung), Dariusch Yazdkhasti (Schauspieldirektor), Nadja Loschky (Intendantin), Michael Mund (Operndirektor) und Felix Landerer (Leiter TANZ Bielefeld) Foto: Theater Bielefeld

Schauspiel

Die Schauspiel-Sparte startet aber zunächst mit der komischen und mit viel Musik inszenierten Ehekrise „State of the Union“ von Nick Hornby (12.9.25). In „Wutschweiger“ (19.9.25) erlebt ein junges Publikum ab zehn Jahren, wie sich zwei Jugendliche dank ihrer Freundschaft selbst in scheinbar aussichtslosen Situationen gegenseitig stärken. Laura Naumann schreibt mit „Schleuderdrama“ (14.11.25) ein neues Stück für das Theater Bielefeld. Es beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, wie Verständigung in einer Welt gelingen kann, die wir zunehmend über digitale Konstrukte wahrnehmen. Otfried Preußlers „Kleine Hexe“ (15.11.25) wird das Familienstück zur Weihnachtszeit. „Nach Pipi Langstrumpf freuen wie uns auf die nächste tolle Heldin“, unterstreicht Schauspieldirektor Dariusch Yazdkhasti. Ebenso überzeugt ist er von „Bondi Beach“ (29.11.25), „eine rasante Dialogkomödie, die durch viele aktuelle Diskurse rast.“ Ein erstaunlich aktueller Stoff ist Falladas „Kleiner Mann, was nun“ (24.1.26), der vom Verlust sozialer Sicherheit und dem Abrutschen der Mittelschicht in der Wirtschaftskrise 1932 erzählt.

Basierend auf Interviews mit Bewohnerinnen eines Frauenhauses, Opferschützerinnen und einer Rechtsanwältin verdichtet Felicia Zeller in „Antrag auf größtmögliche Entfernung von Gewalt“ (29.1.26) Lebensgeschichten zu einem bewegenden Theaterstück über häusliche Gewalt. Es folgen „Hotel der Helden“ (13.3.26), eine turbulente Komödie von und mit Georg Böhm sowie das vielschichtige Zeitdokument „Aimée und Jaguar“ (20.3.26). Mit „Herzfaden“ (21.3.26), basierend auf einem Roman über die Augsburger Puppenkiste, und „Non-Existent“ (23.5.26) über die Erfahrung von drei ukrainischen Frauen im Exil klingt die Saison im Schauspiel aus. Als Wiederaufnahmen sind „Die Optimistinnen“, „Rosige Aussichten“ und „Wolf“ (Bild links) geplant.

Musiktheater

Der Beginn im Musiktheaterspielplan ist märchenhaft Das Musical „Anastasia“ (20.09.25) erzählt frei nach dem gleichnamigen Animationsfilm von einer abenteuerlichen Reise, von Freundschaft und Gefahr. Die erste Opernpremiere, „Peter Grimes“ (11.10.25) ist zugleich der Einstand des neuen Generalmusikdirektors. „Das ist schon seit Jahren eines meiner Wunschstücke“, so Robin Davis. „Mit jedem Werk, das ich von Benjamin Britten mache, steigt meine Bewunderung für ihn.“ Es folgen „Die diebische Elster“ (6.12.25) von Rossini sowie die spartenübergreifende Kinderoper „Vom kleinen Maulwurf, der wissen wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat“ (Januar 26). Aus Christa Wolfs „Kassandra“ (21.2.26) wird ein spartenübergreifendes Musiktheater um eine starke Frauenfigur. Im März geht es mit einem klangstarken Spektakel weiter: Ligetis „Le Grand Macabre“ (13.3.26) wird als Lichtspieloper inszeniert. „Eine musikalisch höchst anspruchsvolle Groteske über die moderne Zeit“, so Robin Davies, der sich auf ein großes Vergnügen und „Instrumente“ wie Autohupen oder Kochtöpfe freut. Außerdem stehen Bernsteins „Candide“ (25.4.26), „Peter Pan“ (16.5.26) als spartenübergreifende Produktion für Groß und Klein sowie Verdis „Troubadour“ (13.6.26) auf dem Programm. Ein Wiedersehen gibt es mit „Alice im Wunderland“ und „Cabaret“ (Bild rechts).

Tanz

In der Tanzsparte weckt Felix Landerer die Lust auf ein „schönes, diverses, humorvolles“ Programm. Gleich zum Start in die Saison serviert er „Food for Thought“ (31.10.25) mit den renommierten Gastchoreograf*innen Roy Assaf, Sarah Balzinger und Isaiah Wilson. Für die zweite Produktion „360 °“ (23.1.26) laden der künstlerische Leiter und die Choreographin Marion Zurbach dazu ein, näher an den Tanz zu rücken. Und zwar so unmittelbar, dass das Publikum Teil des Bühnenbildes wird. Bei der dritten Premiere „Everything will be ok“ (11.4.26) erforscht Felix Landerer das zutiefst menschliche Bedürfnis nach Positivität und Optimismus in einer Welt voller Chaos. Die Saison endet mit der Uraufführung „Carte Blanche“ (Juli 26).

Die Vermittlungsabteilung ergänzt unter dem Claim „Mach mit!“ alle drei Sparten mit eigenen Produktionen – vom Community-Dance-Projekt „Schrittmacher“ bis zur Reihe „Parallele Welten“.

Das Spielzeitheft mit dem gesamten Programm der Saison 2025/26 ist ab Ende Mai erhältlich.

www.theater-bielefeld.de