Literatur- und Musikfestival
„Die Verbindung von Literatur, Musik und Ort, das rege Publikumsinteresse seit mehr als zwanzig Spielzeiten, die Lust auf Kunst und Können, Austausch und Erleben, auf feine Melodien und famose Stimmen sind ohne Zweifel bahnbrechend“, unterstreicht das neue Leitungsduo der renommierten Veranstaltung. „Hinzu kommt, dass die Kultur in diesen Zeiten eine wachsende Verantwortung trägt, den gesellschaftlichen Diskurs am Leben zu halten, Zusammenhalt zu stiften und uns mit Trost und Orientierung zu versorgen. Das sind nur einige der Gründe, aus denen es für uns eine Ehre ist, dieses Leuchtturmprojekt weiterführen zu dürfen. Andere haben mit zauberhaften Landschaften zu tun, mit Menschen, die dieses Festival lieben und mit Künstler:innen, die begeisterte Gäste sind“, so Traudl Bünger & Tilman Strasser.
Grund zur Freude gibt es reichlich, denn vom 29. April bis zum 9. Juli gibt es vom Museum an der Kaiserpfalz bis zu Gut Böckel mit bekannten SchauspielerInnen, großartigen AutorInnen und MusikerInnen wieder ein hochkarätiges Programm zu entdecken. Ob Burghart Klaussner oder Corinna Harfouch, Hanns-Josef Ortheil oder Terézia Mora, Michael Wollny oder der gerade für seine Filmmusik mit dem Oscar ausgezeichnete Volker Bertelmann alias HAUSCHKA: die geladenen Gäste lassen keine Wünsche offen. Die Wege durch das Land führen übrigens auch wieder nach Bielefeld. Und zwar am 20. Mai ins ZiF und am 9.6. in die Unibibliothek.
Die Architektur der Verführung
Seit dem Jahr 2004 hinterlässt der Architekt ALBERTO VEIGA unverwechselbare Spuren in den Städten Europas. Gemeinsam mit seinem Partner Fabrizio Barozzi plante und baute er u. a. die Stettiner Philharmonie, das Bündner Kunstmuseum in Chur und das neue Zürcher Tanzhaus. Am Beginn des Schaffensprozesses steht für Veiga stets die Feldforschung: Der Ort will verstanden, ein Gefühl für ihn entwickelt werden, erst dann beginnt der kreative Prozess, Veiga selbst beschreibt ihn als Dialog. Im Fall der Stettiner Philharmonie ging es dabei nicht nur um architektonische Themen, wie die massiven Ziegelbauten deutscher Tradition, die neogotischen Kirchen, die das Stadtbild prägen, sondern auch um mentalitätsgeschichtliche und historische Fragen: die Umsiedelungen aus dem Osten, das kommunistische Erbe, die Zerstörung des zweiten Weltkrieges. Veigas Reaktion auf all das ist eine strahlend helle, halbtransparente Philharmonie mit einem mit Blattgold ausgestatteten Inneren. Sie wurde im Jahr 2015 mit dem Mies-van-der-Rohe-Preis ausgezeichnet und ist in Polen heute landesweit ein Gegenstand nationaler Identifikation, ein Symbol der Hinwendung zu Europa. An diesem Abend teilt Alberto Veiga in seiner ‹ Rede an die Architektur › mit uns seine Visionen, gibt Einblick in seine Arbeitsweise und Ausblick auf neue Projekte.
Boulanger Trio
Das renommierte BOULANGER TRIO folgt ebenfalls einem ganz eigenen, individuellen Plan. Die Pianistin Karla Haltenwanger, die Geigerin Birgit Erz und die Cellistin Ilona Kindt finden für jeden Komponisten eine eigene Tonsprache. In ihrem unbedingten Willen zu Ausdruck und Intensität, ihrem nachdrücklichen Spüren jedes musikalischen Details entwerfen sie gleichsam Architekturen aus Klang, die nur für ihr Publikum entstehen. ‹ So interpretiert zu werden, ist für jeden Komponisten ein Wunschtraum›, schrieb Wolfgang Rihm. Musik trifft Architektur, Boulanger trifft Veiga.
Schöner scheitern
So lautet die Überschrift im Juni. Alle Triumphe gleichen einander, aber alle Niederlagen sind Niederlagen auf ihre ganz eigene Weise – wie dieser Satz das Lew Tolstoi-Zitat verfehlt, so scheitert auch der ganze Abend. Und das ist Absicht: In der Unibibliothek Bielefeld, wo zwar tagtäglich triumphiert, noch viel öfter aber an Fußnoten, Recherchen und schnöden Formvorgaben verzweifelt wird, sollen einmal die künstlerischen Sackgassen im Mittelpunkt stehen. Dabei scheinen manche gar keine Sackgassen zu kennen: Ein Autor wie SAŠA STANIŠIĆ hat immerhin den Preis der Leipziger Buchmesse, den Deutschen Buchpreis und viele weitere Ehrungen erhalten, von der Bewunderung zahlreicher Leser:innen gar nicht zu reden. Aber welche Schönheit gerade den misslungenen Anläufen innewohnt, welche Eleganz gerade im Fehlschlag liegen kann, zeigt der Autor von ‹ Herkunft › und ‹ Vor dem Fest › mit einem Einblick in seine Schreibtischschublade: Nur für ‹ Wege durch das Land › liest Stanišić aus Zusatzmaterialien, unveröffentlichten Kapiteln und wunderbar wagemutigen Halbsätzen. Er wird ergänzt von einem anderen großen Unvollendeten: Der viel zu früh verstorbene Wolfgang Herrndorf hinterließ mit ‹ Bilder deiner großen Liebe › einen Romananfang, dessen schmerzhafte Brillanz DIMITRIJ SCHAAD noch einmal zum Klingen bringt. Was hätte dieser Text werden können! Und was ist er nicht zugleich auch geworden: eine verheißungsvolle Ruine, ein erhabenes Fragment.
Porter Percussion Duo
Dass auch abgeschlossene Werke fragmentarisch gedacht werden können, ja, dass das sogar beflügelnd ist, führt das PORTER PERCUSSION DUO vor: Die Schwestern Vanessa und Jessica Porter spielen Scarlatti, Bach und Debussy – auf Marimba und Vibraphon. So trotzen sie altbekannten Werken völlig neue Aspekte ab und verwandeln abgeschlossene Sätze in virtuose Fortsetzungen.
Weitere Infos zum kompletten Programm unter www.wege-durch-das-land.de