Stadtwerke-Azubi Kai Steffen Muesmann hilft an der ukrainischen Grenze
Die schrecklichen Bilder von Krieg, Zerstörung und Leid können Beobachter in eine Schockstarre versetzen – oder der entscheidende Antrieb sein. Bei Kai Steffen Muesmann war es genau das: „Wir haben die Bilder vom Krieg in der Ukraine gesehen und wussten, dass wir helfen müssen. Wir wollten unbedingt etwas tun.“ Gesagt, getan war selten zutreffender: Innerhalb kürzester Zeit stellten Muesmann und seine Freunde für die Menschen in der Ukraine eine große Hilfsaktion auf die Beine, die sie innerhalb von drei Tagen von Bielefeld an die Grenze zur Ukraine und wieder zurück nach Ostwestfalen führte.
Kai Steffen Muesmann, der momentan seine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik bei den Stadtwerken Bielefeld absolviert, hatte Anfang März unter dem Eindruck der Bilder aus der Ukraine den Entschluss gefasst, möglichst schnell und unbürokratisch zu helfen. Mit seinem Ausbilder und der Personalabteilung wurde umgehend eine Freistellung vereinbart, so dass Muesmann und Co. ihre Hilfsaktion umgehend ins Rollen bringen konnten.
„Wir haben im Freundes- und Bekanntenkreis und im Handballverein zu Spenden aufgerufen. Wir haben Rundnachrichten bei WhatsApp geschrieben. Und wir sind jetzt noch überwältigt, wie groß die Hilfsbereitschaft war“, berichtet der 26-Jährige. In einer Halle in Ummeln sammelten sie die eingegangenen Sachspenden. Ein Bekannter hatte ein Spendenkonto eingerichtet, auf das innerhalb kürzester Zeit mehr als 10.000 Euro eingezahlt wurden. Sie gingen einkaufen, besorgten Lebensmittel, Schlafsäcke und Hygieneartikel – Dinge, die gerade besonders dringend in der Ukraine benötigt werden. Und sie bekamen über Verbindungen kostenlos vier große Transporter und zwei Anhänger für die Fahrt in Richtung zur polnisch-ukrainischen Grenze in der Nähe von Lubaczow zur Verfügung gestellt. „Vor allem die letzte Stunde der Fahrt war sehr bedrückend. In unserer Richtung war niemand unterwegs. Dafür kamen uns unglaublich viele Fahrzeuge entgegen, teils Busse, die von der Polizei eskortiert wurden.“
Auch zwei Ukrainer und ein Pole, die mittlerweile in Ostwestfalen leben, gehörten zur Hilfstruppe. Sie hatten Kontakt zu der Bürgermeisterin einer ukrainischen Grenzstadt und vereinbarten unbürokratisch die Übergabe im Grenzbereich. Mitten in der Nacht wechselten die Sachspenden aus den Bielefelder Transportern in die ukrainischen Bullis. Kaum waren diese bis unters Dach gepackt, machten sich die Fahrer auf in Richtung Kriegsgebiet. Nicht ohne den Helfern aus Deutschland zuvor noch Essen und Trinken anzubieten. „Wir haben ihnen gesagt, dass wir hier sind, um ihnen Essen zu bringen und nicht umgekehrt. Aber sie haben darauf bestanden, uns was zu Essen und ein Getränk zu spendieren“, erzählt Muesmann noch spürbar beeindruckt.
Von der Grenze ging es dann zunächst in ein nahegelegenes Auffanglager für Flüchtlinge. Doch dort fand sich niemand, den sie mit nach Westen nehmen konnten. „In Polen war alles super organisiert und die Menschen waren sehr nett und sehr offen“, betont Kai Muesmann.
Bevor die Gruppe schließlich ihre Rückreise antrat, konnten sie zumindest für einige Stunden bei der Schwester eines mitgereisten Polen unterkommen. Ein wenig Schlaf und Ruhe, ehe es die 1300 Kilometer zurück nach Bielefeld ging – und von der sie jede Menge Eindrücke mit nach Hause gebracht haben: „Den Trip werde ich nie vergessen. Uns macht es super glücklich zu wissen, dass unsere Spenden in der Ukraine angekommen sind.“
Kaum wieder in Bielefeld, reiften bei Muesmann und seinen Mitstreitern die Pläne für die nächste Hilfsaktion – und die rollte bereits los in Richtung polnisch-ukrainischer Grenze. „Wir haben einen Reisebus gestellt bekommen, den wir mit Lebensmitteln, Schlafsäcken und Hygieneartikeln vollgepackt haben. Auf dem Rückweg bringt er 40 Flüchtlinge mit zurück nach Bielefeld“, berichtet Kai Muesmann. Auch Unterkünfte in Bielefeld haben die Helfer bereits organisiert. Muesmann selbst blieb dieses Mal in Bielefeld – aus gutem Grund: „Wir wollten die Zahl der Helfer im Bus so klein wie möglich halten, damit auf dem Rückweg mehr Flüchtlinge Platz haben.“