Mein Schatten springt vor Freude
Bereits zum 10. Mal hat die Bielefelderin Sabine Feldwieser mit dem Verein „Die Wortfinder“ einen Literaturwettbewerb für Menschen mit einer sogenannten geistigen Behinderung durchgeführt. Eine fachkundige Jury hat aus rund 1.000 eingereichten Beiträgen die besten ausgewählt. Diese erscheinen unter dem Titel „Mein Schatten springt vor Freude” in einem Literarischen Kalender für das Jahr 2021.
Was hat sich durch Corona verändert?
Sabine Feldwieser: Wir haben die Zielgruppe auf alle Menschen mit Behinderung ausgeweitet. Zum einen hatten wir Sorge, dass wir sonst nicht genügend Beiträge bekommen – gerade Menschen mit einer sogenannten geistigen Behinderung sind ja auf Assistenzen angewiesen, die in den letzten Monaten aufgrund geschlossener Schulen, Begegnungszentren, Werkstätten kaum möglich waren. Zum anderen wollten wir mehr Menschen in dieser an sozialen Kontakten oft armen Zeit die Möglichkeit geben, ihre Gedanken zu äußern.
Durch Corona kann in diesem Jahr zudem leider keine öffentliche Preisverleihung und Lesung stattfinden. Die Preisträger*innen bekommen aber eine Doppel-Audio-CD mit den eingelesenen Texten.
Wie lautete das Thema in diesem Jahr?
Sabine Feldwieser: Es ging um „Licht & Schatten, Hell & Dunkel, Tag & Nacht“ Das Thema stand schon vor der Corona-Pandemie fest, aber zufällig passte es gut. Wir haben auch einige Corona-Texte bekommen, aber wie immer steckt ein großes Spektrum an Gedanken im Kalender. Das reicht von biografischen Texten über helle und dunkle Zeiten im Leben bis zu einem Rezept für einen Sonnenkuchen. Man lernt das Zebra als Inbegriff von Hell-Dunkel kennen und darf Anteil nehmen am tragischen Faible der Motten für das Licht. Tagediebe, Nachtgedanken, Schattenspiele, Liebesnächte – alles wird beleuchtet und beschrieben.
Welche Einsendungen haben Sie besonders berührt?
Sabine Feldwieser: Da gibt es sehr viele. Spannend finde ich zum Beispiel Texte von blinden Menschen. Außerdem bewegt es mich, wenn ein Schüler mühsam Buchstabe für Buchstabe schreibt, wie es ist, nachts aufzuwachen und Angst zu haben. Berührend ist auch ein Brief, der an mich gerichtet war. Die Schrift kann man nicht lesen, sie besteht eher aus Dreiecken, aber der Einsender hatte das Vertrauen, dass die Wortfinder verstehen, was er damit sagen will. Man spürt, dass da jemand aus dem Herzen heraus schreibt.
Der Kalender kann bestellt werden unter der E-Mail diewortfinder@t-online.de oder Tel. 0521/56095030.
www.diewortfinder.com